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Karl Heinz Rieder:
Hohler Stein im Schambachtal: Die Steinartefakte

 
Schichtenfolge

Die Sedimentation (Zone A I) setzt in einer Zeit warmzeitlicher Waldvegetation und entsprechender Fauna ein. Dabei könnte es sich bereits um die letzte Zwischeneiszeit handeln. Gleichzeitig konnte eine erste Begehung durch den Menschen nachgewiesen werden, wobei Feuerstellen, Knochen- und Steinwerkzeuge als Belege angetroffen wurden. Als vergleichbare Kulturstufe ist das mitteleuropäische Micoquien zu nennen.
Die Sedimentzone B I erbrachte bisher keine artifiziellen Einschlüsse. Bei der Analyse der Tierreste wurde ein steppenartiger Charakter der umgebenden Landschaft festgestellt.

Mittelpaläolithikum
Die weitaus meisten Steinartefakte stammen aus der Sedimentzone C I, der auch das Hauptaugenmerk des früheren Ausgräbers Karl Gumpert galt. Die Fauna belegt einen periglazialen Klimacharakter. Neben den arktischen Tierarten Rentier, Mammut, Wollnashorn und den Lemmingen sind die alpinen Elemente Steinbock und Gemse vertreten.
Das Steinartefaktinventar beinhaltet einen hohen Anteil an Geräten, unter denen sog. Keilmesser überwiegen. Dabei handelt es sich um Werkzeuge, die offensichtlich auch zum Schneiden oder Trennen von Fleisch, Haut, Leder oder Holz gedient haben. Die kulturelle Ansprache ist für diese Steingeräteinventare noch schwierig. Sie stehen noch in der Tradition des schon erwähnten mitteleuropäischen Micoquien und haben große Ähnlichkeit mit Fundserien aus Polen.

Die darüberliegenden Sedimentzonen II und III lieferten insgesamt nur wenig Fundmaterial, das dem eben Beschriebenen in etwa entsprach.
Deutliche Unterschiede treten erst in der darüberliegenden Artefaktserie auf, die nun von einer vollkommen unterschiedlichen Herstellungstechnik sind. Die Werkzeuge sind großdimensionierte Klingen, welche in sog. Levallois-Technik produziert wurden. Sie ließen sich z.T. zusammensetzen, was auf eine Zurichtung am Ort hinweist. Eine kulturelle Zuweisung ist in diesem Fall bisher unterblieben, weil Fundensembles dieser Zeitstellung noch nicht bekannt geworden sind. Dem Gesamteindruck nach könnte es sich um eine gesonderte Fazies mit einigen mousteroiden Elementen handeln.

Der Sedimentkomplex N IV erbrachte neben wenigen unspezifischen Steinartefakten eine hochglaziale Fauna mit Mammut, Nashorn und Rentier. Die alpinen Vertreter Steinbock und Gemse sind nicht vorhanden. Dieser Umstand dürfte ein Hinweis für einen intensiven Kältevorstoß sein.

Die Sedimentzone S IV lieferte ein umfangreiches Abschlaginventar, in dem nur wenige Werkzeuge feststellbar waren. Die Herstellungstechnik bestand aus einer groben Kernpräparation ohne intensive Weiterbearbeitung. Das Inventar ließ sich zu 85 % zusammensetzen, was ebenfalls auf eine Herstellung am Platz hindeutet. Zusätzlich lag es noch in und um eine große Feuerstelle mit verkohlten Knochen und anderen, die Schnittspuren aufwiesen. Das Steingeräteinventar kann gegenwärtig ebenfalls in keine der bekannten Stufen des Mittelpaläolithikums eingeordnet werden.
Weitere weniger ergiebige Sedimentzonen, was Artefakte anbelangt, schlossen sich nach oben an, die nun wieder eine klimatisch gemäßigtere Tierwelt erbrachten.

Als Abschluß der Untersuchungen wurde eine Sedimentzone mit Frostbruchschutt erfaßt, die wiederum eine Fauna enthält, in der die alpinen Arten fehlen.

Die derzeitige Höhlendecke wird durch eine versinterte Grobschuttfüllung gebildet, die das denkmalpflegerische Problem der Zukunft darstellt. So ist es nicht unwahrscheinlich, daß dieser "Sedimentpfropfen" sich löst und verstürzt. Eine präventive Ausgrabung des noch verschlossenen Schachtes von der heutigen Geländeoberfläche her ist deshalb geplant.

Jungpaläolithikum
Am unteren Eingangsbereich der etwas ungewöhnlichen Höhlentopografie wurden Reste einer spätjungpaläolithischen Industrie angetroffen, die nach positiven Zusammensetzversuchen ebenfalls an Ort und Stelle hergestellt worden sein dürfte.

Nicht sicher nachzuweisende mesolithische und neolithische Kulturreste werden von einer Serie überlagert, die ab der Frühbronzezeit kontinuierlich bis in die Neuzeit Fundmaterial liefert.

Karl Heinz Rieder, SHVI 92, 1983, S. 12-16.


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