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Die Schiffsfibel von Neuburg
Die Personen der Neuburger Fibel

 
Die drei auf der Neuburger Fibel dargestellten Personen sind derart sauber ausgearbeitet (Haare und Gesichtszüge sind erkennbar, die Augen sind rund eingelegt), daß wohl eine Portraitgenauigkeit und damit eine Zuordnung zu bestimmten Personen und Ereignissen angestrebt worden ist.
Es handelt sich um drei zusammengehörige Personen, welche zueinander in enger Beziehung stehen.
In Frage kommen also zunächst drei Kaiser oder ein Kaiser mit zwei Thronfolgern (Caesaren).
 

Mehrfachportraits auf römischen Münzen

Caius und Lucius
Ein Denar des Augustus von 2 v.Chr. zeigt Caius und Lucius, die Söhne von Agrippa und Julia, welche zur Nachfolge bestimmt waren, als symbolhaft lanzenhaltende Männer.
Diese Münzen wurden in großer Anzahl geprägt und zirkulierten sehr weit; sie sollten den Entschluß des Augustus der römischen Welt verkünden.

 

Augustus mit Caius und Lucius
Idealisierte Portraits zeigt eine seltene griechische Großbronze des Augustus (aus Hippo in Zeugitana, ca. 13-2 v. Chr.), auf deren Vorderseite Augustus im gleichen jugendlichen Alter wie Caius und Lucius auf der Rückseite dargestellt ist.
 
Denar des Vespasianus
Die nächste Darstellung eines Kaisers auf der Münzenvorderseite mit den beiden Caesaren auf der Rückseite findet sich auf einem Denar des Vespasianus mit seinen Söhnen Titus und Domitianus aus dem Jahr 70 n.Chr.

 

Am häufigsten finden sich Münzen mit Abbildungen der kaiserlichen Familie bei Septimius Severus (193-211) und seinen Söhnen Caracalla (198-217) und Geta (209-212); auf der Vorderseite ist der Kaiser abgebildet, auf der Rückseite wird zumeist die Aeternitas Imperi, die Fortdauer der Herrschaft, beschworen: der Denar RIC 250 mit den Büsten des Kaisers und seines ersten Sohnes Caracalla, 202-210 und der Denar RIC 251 mit den Büsten der beiden Söhne Caracalla und Geta, 201/210.
 
Aureus mit Julia Domna, Caracalla und Geta
Schließlich der Aureus von 201/202, welcher die Kaiserin Julia Domna zwischen ihren beiden Söhnen zeigt und mit der Aufschrift Felicitas Saeculi das Glück des Zeitalters durch die kaiserliche Familie garantieren möchte.

In nahezu gleicher Weise erscheinen diese drei Personen auf einem Bleisiegel.

Weitere Bleisiegel mit ähnlicher Büstenanordnung sind auch von Trebonianus Gallus (251 n.Chr.) und Carus (283 n.Chr.) bekannt.
 

Septimius Severus

Lucius Septimius Severus wurde um 146 in der Provinz Afrika geboren, besaß aber das römische Bürgerrecht. Sein Vater ließ ihn studieren und verschaffte ihm eine Stellung im Staatsdienst.
185 heiratete er die Syrerin Iulia Domna.

191 bis 193 war er Statthalter von Oberpannonien, wo er nach der Ermordung des Pertinax zum Kaiser proklamiert wurde.

Nach einem Krieg gegen die Parther 197/198, wofür ihm der Triumpfbogen auf dem Forum errichtet wurde, zog er 200 nach Ägypten und 201 weiter durch Nordafrika, wo er in seiner Heimatstadt Leptis Magna viele Bauwerke errichtete.

202 war das 10jährige Regierungsjubiläum des Kaisers.

»Severus schenkte bei der Feier seines zehnten Regierungsjahres allen Bürgern der Stadt, welche öffentliche Getreideabgaben erhielten, sowie den Leibwächtern ebensoviele Goldstücke, als er Regierungsjahre zählte, worauf er sich sehr viel zugute tat.

Wirklich hatte auch kein Kaiser vor ihm so vielen auf ein Mal so viel geschenkt; denn es ward eine Summe von fünfzig Millionen Drachmen aufgewendet.« (Cassius Dio 76/1).

»Zu gleicher Zeit wurde auch die Vermählung seines Sohnes Antoninus mit des Plautianus Tochter Plautilla begangen...

Auch wurden der glücklichen Rückkehr Severs, seiner zehnjährigen Regierung und den erfochtenen Siegen zu Ehren Schauspiele jeder Art gegeben...« (Cassius Dio 76/1).
»Der Behälter für diese Tiere im Theater hatte die Form eines Schiffes und konnte dreihundert Tiere zumal fassen und hervorspringen lassen.« (Cassius Dio 76/7).

Es entstanden Festprägungen mit den Portraits der kaiserlichen Familie, insbesondere der Aureus mit Julia Domna zwischen ihren Söhnen Caracalla und Geta.

208 brach Septimius Severus in Begleitung der Familie nach Britannien auf und führte Krieg gegen die Caledonii und Maeatae, am 4. Februar 211 starb er in Eburacum."

 

Caracalla Septimius Severus Geta

Mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit könnte es sich bei den auf unserer Schiffsfibel abgebildeten Personen um Septimius Severus, Caracalla und Geta handeln:

Einerseits war Leptis Magna, die Geburtsstadt des Septimius Severus, eine phönikische Gründung, für welche der Kaiser sehr viel getan hat, seine Ehefrau stammte aus einer syrischen Priesterfamilie, das Fibelschiffchen gleicht den abgebildeten phönikischen Schiffen sehr.

Caracalla
Andererseits zeigen die drei Köpfchen auf der Fibel eine deutliche Ähnlichkeit mit diesen drei Personen, insbesondere gleicht der rechte, am besten erhaltene Kopf deutlich einer kleinen Marmorbüste des Caracalla in der Münchener Glyptothek und die beiden Knaben sehen sich sehr ähnlich.

Als Vorbild für diese Darstellung könnte durchaus der Aureus vom Jahre 202 n.Chr. gedient haben; als Anlaß wäre dann auch das Regierungsjubiläum des Septimius Severus mit dessen großen Festveranstaltungen anzunehmen.

Der etwas größere Kopf in der Mitte dürfte dann der Kaiser sein, links der ältere Sohn Caracalla und rechts der Jüngere Sohn Geta.

Ab 209 tragen beide Söhne auf den Münzenbildern einen Bart; bei den Fibelköpfchen hat vermutlich nur die mittlere Person einen solchen.
Auch dies spricht für das Jahr 202, in welchem Caracalla bereits Augustus und Geta Caesar war.

In Frage käme eventuell auch noch das Jahr 204, in welchem die Ludi Saeculares, die Jahrhundertfeiern, abgehalten wurden.
Diese waren 249 v.Chr. in Rom mit Opfern für Dis pater und Proserpina eingeführt worden; Augustus hielt sie 17 v.Chr., Domitian 88 n.Chr. und Septimius Severus 204 n.Chr. ab.
Es gab nächtliche Opfer an die Schicksalsgöttinnen und die Mutter Erde und Tagesopfer an Iuppiter Optimus Maximus, Iuno Regina, Apollo und Diana.
(Radke, Gerhard. Der Kleine Pauly Bd. 4, S. 1492-1494.)


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