Logo Kurt Scheuerer, Ingolstadt Wissensspeicher zur Geschichte von Ingolstadt  
Der Landtag 1516 in Ingolstadt
Dr. Beatrix Schönewald: Die Landstände in Bayern

 
Landstände entwickelten sich als Beratungsgremien der landesherrlichen Macht, aber auch als eigenständige Interessenvertretung gegenüber dem Fürsten. Sie verstanden sich als Korporation, deren wichtigste Funktion das Recht auf Steuerbewilligung war.

Die ständische Verfassung stellte eine Vorstufe des parlamentarischen Systems dar. Im römisch-deutschen Reich setzte sie sich aus drei Kurien zusammen: Vertretern des Adels, des Klerus und der Städte. Der landständische Einfluss erreichte in Bayern seinen Höhepunkt in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Später verlagerte sich das Machtverhältnis zum Gleichgewicht zwischen Fürst und Landständen.

Die Schneitbacher Urkunde von 1302 definierte zum ersten Mal das Versammlungs- und Steuerbewilligungsrecht der oberbayerischen Stände. Das niederbayerische Pendant war die Ottonische Handfeste von 1311: Herzog Otto III. (reg. 1290-1312) bestätigte für die Bewilligung einer Steuer die Privilegien des Adels. Im Jahr 1514 legte eine Kommission der Landstände 34 ihrer wichtigsten Urkunden fest, die sie als Freibriefe der Landschaft drucken ließ. Im Jahr 1568 wurden weitere 30 Privilegien ausgesucht.
Darin enthalten ist auch die Landesfreiheit von 1516, die am 28. April in Ingolstadt aufgerichtet wurde und das Verhältnis der Stände zum Landesherrn neu definierte. Sie bedeutete das Ende der deutlichen Vormachtstellung der Stände vor der Solidarität der herzoglichen Brüder. Im Kompromiss aber lag der Keim zu wichtigen Rechtskodifikationen wie Landesordnung, der Reformation der Landrechte und der Gerichtsordnung.

Die 64 Freibriefe der bayerischen Landschaft blieben ohne Ergänzung. Sie erhielten einen absoluten Status, nicht zuletzt durch die Druckfassung von Gustav Freiherrn von Lerchenfeld aus dem Jahr 1853, die wirklich wichtige Landschaftsurkunden außer Acht ließ.

Neben den Freiheitsbriefen und dem Landschaftsarchiv vermitteln uns die Landtafeln einen detaillierten Einblick in die Zugehörigkeit zur Landschaft. Die Frage der Zulassung zum Landtag war ein verfassungsrechtlich bedeutsames Problem. Wer durfte geladen werden, wer hatte einen Rechtsanspruch?

Städte bzw. Märkte und die Geistlichkeit waren unstrittig. Allerdings gab es viele Schwierigkeiten beim Adel und der zunehmenden Radizierung auf adelige Grundherrschaften.
Seit den 1420er Jahren existierten Verzeichnisse der landesherrlichen Münchener Verwaltung, seit 1506 für ganz Bayern: die Landtafeln. Wiguläus Hundt und der herzogliche Archivar Johann Lieb zählten zu den Autoren. Über die Jahrhunderte entstanden die Landtafeln als grundlegende Zeugnisse des bayerischen Verfassungslebens.

Über Ablauf und Inhalt der bayerischen Landtage wissen wir durch die Drucklegung der Landtagshandlungen durch Franz von Krenner Bescheid: Die Landtage, d.h. die Versammlung der Landstände, traten in der Regel zusammen, weil der Landesfürst im Interesse des Landes Geld z.B. für einen Krieg oder eine Heirat brauchte. Diese außerordentliche Besteuerung bedeutete einen Eingriff in das Eigentum und bedurfte bis zur frühen Neuzeit der Zustimmung der Landstände.

Das Protokoll des Landtages sah die Hauptschrift, die Propositionen bzw. Suppliken und die Zusammenfassung des offiziellen Schriftwechsels durch den amtierenden Landschaftskanzler vor. Abschriften durften nach Abschluss des Landtages und auf eigene Kosten erstellt werden. Das Protokoll des Landtages wuchs vor allem durch viele Schreiben, Vorentwürfe, Stellungnahmen usw. zu einem umfangreichen Konvolut.

Der Landesherr löste sich allerdings in drei Jahrhunderten vom Mitsprache- und Mitbestimmungsrecht der Landschaft. Die Gründe lagen in der Vermehrung der landesherrlichen Einnahmen und der damit verbundenen finanziellen Unabhängigkeit, im zunehmenden Monopol der Gesetzgebung durch den Landesherrn, in der Verbeamtung des Landes und im Ausnahmezustand seit dem 30-jährigen Krieg. Der letzte Landtag fand 1669 statt.

Die Landschaftsverordnung beteiligte sich an der Finanzverwaltung durch Steuererhebung und -tilgung. Im 19. Jahrhundert begann eine neue verfassungsrechtliche Entwicklung im neuen Königreich Bayern mit erweitertem Staatsgebiet und ohne landständische Ordnung mit der Verfassung des Königsreiches am 26. Mai 1818.


Siehe auch:

Impressum - - - Nachricht an den Gestalter der Seiten: Kurt Scheuerer
Zur Auswahl Stadtgeschichte Ingolstadt - - - Zur Auswahl Wissensspeicher Ingolstadt