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Maximiliana Koch:
Petrus Canisius - Jugend, Politik, Predigt
Ein Beitrag zur Ausstellung: Die Jesuiten in Ingolstadt

 

Canisius` Jugend

Peter Kanis wurde am 8. Mai 1521 als ältester Sohn des Bürgermeisters Jakob Kanis und seiner Frau Jelis van Houweningen in Nimwegen geboren.
Am gleichen Tag wurde auch über Martin Luther auf dem Wormser Reichstag die Acht ausgesprochen und nur wenig später folgte die „Berufung“ des Basken Inigo de Loyola. Zwei Ereignisse, die nicht nur das Leben Petrus Canisius` ausschlaggebend prägten, sondern schließlich auch mit zur Glaubensspaltung in Deutschland beitrugen.

Grundlegend für seinen späteren Werdegang war aber zunächst die von seinen Eltern stark religiös geprägte Erziehung. Tief beeindruckt berichtet Canisius in seinen Bekenntnissen, wie seine Mutter auf dem Sterbebett ihren Mann bat, „...den neuen Glauben, der damals unter unseren Landsleuten aufkam, zu fliehen und um jeden Preis am katholischen Glauben festzuhalten....“.
Vier Jahre nach dem Tod der Mutter heiratete der Vater 1530 Wendel van den Bergh. Jakob Kanis hatte wenig Zeit, sich um seine Kinder zu kümmern, und so lag das meiste bei der jungen Frau.
Indes besuchte Peter die Lateinschule in Nimwegen, das damals sowohl kirchlich wie auch politisch und wirtschaftlich stark an das Deutsche Reich gebunden war. Es verwundert also nicht, wenn sich Canisius Zeit seines Lebens als Deutscher, mehr noch, als Anwalt Deutschlands bei der Römischen Kurie und seiner Ordensleitung bezeichnete.
Prägend für den jungen Canisius war aber vor allem eine tiefe religiöse Erfahrung, die er in der Stephanskirche seiner Heimatstadt machen durfte.
Auch der Besuch bei seiner Großtante Reinalda van Eymeren, der Verfasserin der „Evangelischen Perle“, die ihm die Gründung eines neuen Priesterordens vorhersagte, in den er selbst eintreten werde, beeindruckte ihn sehr.
Trotz all dieser Erlebnisse war Peter ein ganz normaler Junge. In seinen Bekenntnissen urteilt Canisius sehr streng über sich selbst, denn „...ich konnte sehr jähzornig, rachsüchtig und neidisch sein...“. Selbst in der Kirche war niemand vor seinen Streichen sicher, mit denen er seinen Eltern das Leben oft schwer machte.

Ende 1535 ging Canisius schließlich nach Köln, wo er sich am 18. Januar 1536 an der Universität immatrikulierte. Nach dem Abschluß des Grundstudiums legte er, obwohl sein Vater andere Pläne mit ihm hatte, ein Gelübde zu immerwährender Ehelosigkeit ab und begann 1540 mit dem Theologiehauptstudium. Im selben Jahr sollte auch Papst Paul III. die Societas Jesu bestätigen.
Zwei Jahre mußten noch vergehen bis Peter Kanis erstmals von dem neuen Orden erfuhr, dem er sich dann endgültig am 8. Mai 1543 anschloß.

Canisius und die Politik

Das politische Handeln Canisius` ist geprägt von der Gewandtheit im Umgang mit den Herrschenden seiner Zeit, bestimmt von seiner weltläufigen Art und der Kunst, Diplomatie nicht auf Kosten der Wahrheit zu betreiben. Allein durch seine Höflichkeit und Ehrerbietung wollte er die Fürsten Europas für sich und seinen Orden gewinnen. Er bemühte sich stets alles zu vermeiden, was diese nur im geringsten verstimmen und seiner Mission schaden konnte.
Canisius aber aufgrund seiner politischen Tätigkeit als Staatsmann oder Politiker zu bezeichnen, würde zu weit führen, zumal sich der Jesuit selbst weniger als Handelnder als als Werkzeug Gottes verstand. Meßgottesdienste und Gebete waren für ihn mehr als nur Floskeln.
1556 schrieb er vom Reichstag in Regensburg an den Generalvikar seines Ordens: „...Der Herr Jesu möge geruhen, den Bedrängten zu helfen. Ich bin nicht der Arzt, sondern Zuschauer und Zeuge des allgemeinen und langen Unglücks, das ich durch Eure Gebete zu mildern bitte...“.
Dennoch verlor er sein oberstes Ziel, die Stärkung der durch Glaubenskontroversen gebeutelten katholischen Kirche in Deutschland, nie aus den Augen.

Vor diesem Hintergrund ist auch die Berufung Canisius` an die Universität Ingolstadt zu sehen. Hier sollte, um dem erstarkenden Protestantismus entgegenzuwirken, eine katholischen Bastion für Deutschland gegen die Reformation geschaffen werden.
Noch im November 1549 nahm Canisius seine Lehrtätigkeit an der bayerischen Landesuniversität auf. Der Einstieg gelang zunächtst reibungslos, Canisius wurde Dekan der Theologischen Fakultät, dann sogar Rektor und Vizekanzler.
Nach der anfänglichen Euphorie folgte jedoch die Ernüchterung. Als nach dem Tod Herzog Wilhelms IV. dessen Sohn Albrecht die Herrschaft übernahm und nicht unverzüglich das gewünschte und vereinbarte Kolleg errichten wollte, begannen die Jesuiten andere Standorte für ihr Vorhaben in Deutschland ins Auge zu fassen.
1552 wurden schließlich alle Jesuiten aus Ingolstadt abberufen.
Vier Jahre sollte es dauern bis die Bemühungen Albrechts V. fruchteten und die Patres 1556 nach Ingolstadt zurückkehrten und das neu gegründete Kolleg übernahmen.
In der Zwischenzeit reiste Canisius durch ganz Europa, um im Auftrag seines Ordens überall Kollegien zu gründen.

Trotz eines Erstarkens der Gegenreformation gelang es dem Jesuiten und seinen Mitstreitern nicht, den Protestantismus auszulöschen. Darin sahen sie aber weniger eine Niederlage als den Sieg in der Errettung der katholischen Kirche. In der Zerrissenheit seiner protestantischen Gegner spiegelte sich für den Jesuiten nur die Stärke und Allmacht Gottes, der sich gegen die Abtrünnigen richtete.

Predigt in Ingolstadt

Die Verkündigung des Wortes Gottes als wesentliche Aufgabe des Jesuitenordens zählt zu den obersten Zielen der Societas Jesu. Die Predigt nahm somit für Canisius wie für alle seine Mitbrüder einen zentralen Stellenwert ein.
So verwundert es auch nicht, daß die Prediger durch den Oberen des Ordens ausgewählt und dazu angehalten wurden, „...beharrlich das göttliche Wort zu predigen, vorzutragen und zu lehren...“.
Da es den Jesuiten auch verboten war, Stipendien oder Almosen anzunehmen, empfahl man, um den Anschein von Habsucht zu vermeiden, in ihren Kirchen keine Opferstöcke aufzustellen. Sie sollten rein um des Dienstes willen das Wort Gottes verkünden.
Aus dieser Intention heraus wird auch klar, warum Canisius der Ausbildung der Prediger einen so großen Wert zumaß. Immer wieder forderte er seine Schüler und Mitbrüder auf, allein oder vor dem Kolleg spontan in der Landessprache ihrer Zuhörerschaft zu predigen, um so den Sprachstil zu vervollkommnen.
Wie sehr ihm diese Thematik am Herzen lag drückt sich auch darin aus, daß er noch vier Jahre vor seinem Tod 1593 eine Predigthilfe für den Klerus veröffentlichte.

Canisius beschränkte sich aber nicht nur auf das Herausgeben und Studieren von Predigtbänden, sondern bestieg oft genug selbst die Kanzel.
Am Sonntag Laetare 1550 hielt er in der Kirche zur Schönen Unseren Lieben Frau in Ingolstadt seine erste große Predigt in deutscher Sprache. In einem Brief an seinen Ordensbruder P. Polanco schreibt Canisius diesbezüglich: „...Gott sei Dank! Alles ging gut; denn gegen die allgemeine Erwartung wurde ich gut verstanden und gebeten, in Zukunft die Kanzel regelmäßig zu besteigen...“.
Er predigte aber nicht nur im Münster, auch in St. Moritz war er zu hören, häufiger aber in der Kapelle des Aussätzigenhauses zum Hl. Kreuz.

Canisius, der sich schon in Köln im Predigen versuchte, avancierte in Ingolstadt schließlich zum wohl bedeutendsten Prediger in deutscher Sprache. Seine Rednergabe und das ständige Bemühen um Perfektion bescherten ihm nicht nur ein hohes Ansehen bei den Kirchengemeinden Deutschlands, sein Ruf drang bis an die wichtigsten europäischen Höfe, wo er oft als Hofprediger tätig war.

Canisius als Hofprediger

Ausschlaggebend für die starke Präsentz der Societas Jesu an den katholischen Höfen Europas war der große Mangel an qualifizierten und gebildeten Geistlichen in der Mitte des 16. Jahrhunderts. Der Wunsch der Fürsten, die eifrigen Prediger an ihren Hof zu holen sowie die Aufgeschlossenheit und Bereitschaft der Ordensleitung, dieser Nachfrage entgegenzukommen, ließen einen engen Bund zwischen den weltlichen und geistlichen Vertretern entstehen.
So verwundert es auch nicht, daß, als 1553 der Hofprediger Kaiser Ferdinands I., Christoph Wertwein, starb, Canisius als zweiter Jesuit in Wien dieses Amt übernahm. Canisius verwaltete es mit großer Strenge und Nachdruck. In seinem Notizbuch beschreibt der Kirchenreformer sehr anschaulich wie er den Pflichten eines Hofpredigers nachkommen wolle: „...Jaherren, Suppenfresser, Fuschwentzler, Tellerschlecher, Hofprediger wellen den Fuchs nit beissen, die sunt nit ernstlich und bestendig strafen...“.
Zwei Jahre später folgte ihm dann Urban Textor, Bischof von Laibach, in Wien nach.

Bis Canisius erneut Hofprediger wurde, sollten fast 16 Jahre vergehen, in denen er nicht nur seinen Großen Katechismus veröffentlichte, sondern auch als Botschafter seines Ordens in ganz Europa die Gründung von jesuitischen Kollegien vorantrieb.
1571 folgte dann die Berufung Canisius` nach Innsbruck, wo ihn Erzherzog Ferdinand II. mit dem Hofpredigeramt betraute. Sonderlich angetan schien er von dieser Tätigkeit jedoch nicht gewesen zu sein. In einem Brief an Hieronymus Nadal beklagt sich der Jesuit, es sei ein Kreuz für ihn, dem Hof zu predigen.
Tatsächlich hatte Canisius am Hof des Tiroler Landesherren ein schweres Erbe anzutreten. Schon 1568 bat der Erzherzog den Ordensgeneral Francisco de Borja um einen geeigneten Hofprediger. Wie schwierig es war, diesem Wunsch zu begegnen, ist dem regen Briefwechsel zwischen dem Provinzial Paul Hoffaeus mit dem Ordensgeneral zu entnehmen. Dominierend war hierbei die Frage inwiefern Ferdinand II. das Recht habe, einfach einen Hofprediger anzufordern.
Schließlich wurde dem Wunsch des Erzherzogs entsprochen und man sandte P. Anton Klesl, der in Dillingen ausgebildet worden war, nach Innsbruck. Doch schon bald stellte sich heraus, daß der Jesuit mit seinen Anschauungen mit der katholischen Kirche nicht mehr konform ging. Bei Nacht und Nebel mußte er, um seine Haut zu retten, Innsbruck verlassen.

Die Bestellung Klesls an den Hof Ferdinands hatte sich als folgenschwerer Fehler erwiesen. Um nun die angeschlagene Stellung der Societas zu retten, wurde Canisius nach Innsbruck geschickt.
Peter Wuilleret: predigender Canisius in Freiburg
Als er aber 1573 im päpstlichen Auftrag Innsbruck wieder verlassen mußte, schien die Situation erneut zu eskalieren. Kurzerhand besetzte Ferdinand das Hofpredigeramt mit dem Franziskaner Johannes Nas.
Als dieser erfuhr, daß man die Jesuitenschüler vom Besuch seiner Predigten abhielt, begann eine regelrechte Hetzkampagne gegen den Orden. Selbst beim Erzherzog fiel die Societas in Ungnade, indem er den Hofbeamten den Kontakt zu den Jesuiten untersagte.
Nur der klugen Einflußnahme Canisius` ist es zu verdanken, daß sich die Wogen der Entrüstung wieder glätteten. Das Amt eines Hofpredigers erhielt er jedoch nicht mehr. Allerdings wurde ihm erlaubt, in der St.- Jakobskirche zu predigen.

Gerade in den Anfangsjahren war die Societas Jesu einer Vielzahl von Angriffen und Schwierigkeiten ausgesetzt. Der überdurchschnittlichen Kompetenz des Petrus Canisius im Umgang mit dem Hof wie auch die Vertrautheit mit den Eigenarten des Instituts ist es zu verdanken, daß vieles an Zündstoff und Problemen für den noch jungen Orden abgewendet werden konnte. Auch in der schwierigen Stellung eines Hofprediger erwies sich der Ordensmann als ein geschickter Prediger des Wortes Gottes.


Maximiliana Koch. 1997
Formatiert von Kurt Scheuerer, Ingolstadt


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