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Hafnerei-Ausstellung im Stadtmuseum Ingolstadt 2010
Das 15. Jahrhundert - Hafnerei Harderstraße

 
Im 15. und 16. Jahrhundert zeigt die Keramik im archäologischen Fundgut der Region wesentliche Veränderung. Nun ist erstmals nachweisbar, dass künstlerisch hochwertige Produkte vor Ort hergestellt wurden. Eine Spezialisierung der Hafner zu reinen "Handwerkern" und reinen "Künstlern" ist jedoch noch nicht festzustellen. Denn der Werkstattbruch jeder Hafnerei besteht nach wie vor überwiegend aus einfacher Gebrauchskeramik, deren Herstellung wohl auch den "Künstlern" den Lebensunterhalt sichern musste.

In der Harderstraße gehörten neben Gefäß- und Ofenkeramik Speisemodel, Figuralplastik und Wandschmuck in Form von Bildplatten zum Repertoire. Aber nicht nur die Produktpalette insgesamt erweitert sich. Gerade die Ofenkacheln zeigen, wie sich für Kreativität und Können der Ingolstädter Hafner im 15. Jahrhundert ein weites Feld öffnete.
Bestanden die Öfen aus der Köschinger Hafnerei noch aus schmucklosen Hohlformen, so zeigen die Ingolstädter Öfen eine dem Geschmack des ausgehenden Mittelalters entsprechende, sehr viel aufwändigere Gestaltung. Sie sind als eindrucksvoller, turmartiger Raumschmuck zu rekonstruieren.

Foto: Kurt Scheuerer

Solche Öfen entwickeln sich im Laufe des 15. und des 16. Jahrhunderts zu regelrechten Prunkstücken in öffentlichen Gebäuden, in adeligen Schlössern und Höfen, aber auch in den Häusern wohlhabender Bürger. Die in der Harderstraße hergestellten Öfen lehnten sich an die zeitgenössische Sakralarchitektur an, was besonders die dreieckige Bekrönungskachel verdeutlicht.
Die Öfen der Konviktstraße trugen mit Zinnen versehene Bekrönungskacheln, die ihnen eher das Erscheinungsbild eines Wehrturmes gaben. Auch damit folgten die Ingolstädter Öfen ganz dem Geschmack der Zeit. Man holte sich damals sozusagen "die Kathedrale oder die Burg in die Stube".

Zeittypisch und bereits im Fundgut der Harderstraße nachweisbar sind Bildplatten mit Architektur-, Tier- und Pflanzenmotiven. Die vergleichsweise wenigen, nur kleinteilig überlieferten Pflanzenmotive zeigen nicht näher bestimmbare Blätter, während Blüten, Eicheln, Äste und Ranken erst im umfangreicheren Fundgut der Konviktstraße vertreten sind.
Besser erkennbar sind in der Harderstraße Tierdarstellungen: der Löwe, der Greif und möglicherweise der Wolf. Der Löwe erscheint auf 28 Fragmenten und damit am häufigsten.
Er zierte wohl Wandfliesen, während der Greif den Ofenkacheln zuzuordnen ist.

Die Frage, ob die Tierdarstellungen in einen religiösen, heraldischen oder rein ornamentalen Zusammenhang gehören, ist nur bei einer weiteren Löwendarstellung zu beantworten, da sie Teil einer Wappenkachel ist. Greif und Löwe sind auch unter den Tierdarstellungen im Fundgut der Konviktstraße von zentraler Bedeutung. Neu hinzu kommen dort vor allem Adler, Schlange (Visconti) und weitere Fabelwesen. Löwe, Adler und Schlange sind in der Konviktstraße auf Wappendarstellungen zu sehen und stehen damit zweifelsfrei in heraldischem Kontext.

Text: Dr. Gerd Riedel, 2010


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