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Tafeltext zur Ausstellung:
Vom Werden einer Stadt - Ingolstadt seit 806
Wege nach Ingoldesstat?
Römische Straßen und bajuwarische Gräber

 
Als es dem Hausmeier Karl Martell im frühen 8. Jahrhundert gelang, das Frankenreich wieder zu festigen, geriet auch Bayern in stärkere Abhängigkeit. Die heute oberbayerischen Gebiete an Altmühl und Donau, die damals zum bayerischen Nordgau gehörten, waren davon unmittelbar betroffen. So möchte man der Überlieferung Glauben schenken, der zufolge in den Jahren 725 und 729 Karl Martell, von Nordwesten kommend, mit einem Heer in Richtung Donau vorrückte und den Strom im heutigen Raum Ingolstadt auch überschritt.

Bei diesen Feldzügen mögen die alten Römerstraßen noch eine Rolle gespielt haben, die von Nassenfels oder Pfünz aus über Gaimersheim oder Kösching führten und im Raum Feldkirchen/(Groß-)Mehring die Donau erreichten. In der Folgezeit beherrschten die Franken die strategisch wichtige Straße nach Bayern hinein. Möglicherweise besaßen sie schon damals einen Stützpunkt an der Donau, der den Namen „Ingoldesstat“ trug.

Nördlich von Ingolstadt, in der Flur Sandfeld an der Nordostgrenze der Gemarkung Etting, wurde 1996 ein kleiner Bestattungsplatz komplett ausgegraben. Ein Teil der zugehörigen Siedlung konnte etwa 150 m südlich ebenfalls archäologisch untersucht werden. Die Gräber lagen strategisch günstig auf einer Kuppe nur wenige Meter von der wichtigen Römerstraße Regensburg-Augsburg entfernt. Von hier aus reicht der Blick weit nach Süden ins Donautal um Ingolstadt.

Schon einige Zeit vor der Anlage des kleinen Bestattungsplatzes in der Flur Sandfeld gab es in der Gemarkung Etting noch ein weiteres, größeres Gräberfeld. Es entstand um die Mitte des 7. Jahrhunderts und liegt etwa drei Kilometer nördlich der Ingolstädter Altstadt in der Flur Ziegelsaumäcker auf dem letzten Höhenrücken vor dem Abstieg ins Donautal, wiederum bei einer Römerstraße. Der alte Verkehrsweg führte direkt zum Donauübergang bei Feldkirchen. Die Lage der zugehörenden Siedlung kann bislang nur vermutet werden.

Von dem teilweise durch Überbauung zerstörten Gräberfeld wurden 74 Gräber archäologisch untersucht, womit etwa ein Drittel, vielleicht auch nur ein Viertel der ursprünglichen Gesamtzahl der Gräber bekannt sein dürfte. Darüber hinaus waren die meisten von ihnen, wie im 7. Jahrhundert nicht unüblich, durch zeitgenössische Beraubung stark beeinträchtigt. Aus einem der wenigen ungestörten Gräber stammt ein zweischneidiges Langschwert (Spatha) mit damaszierter Klinge, aus weiteren Männer- und Knabengräbern sind gelegentlich Saxe, Schilde, Lanzen und vergleichsweise häufig Pfeilspitzen überliefert. Zum Schwert- und Leibgurt gehörten eiserne Riemenzungen und Beschläge von vielteiligen Gürtelgarnituren. Eine besondere gesellschaftliche Stellung besaß ein etwa sechsjähriger Knabe, dessen Gewand mit Goldfäden geschmückt war.

In Frauen- und Mädchengräbern fanden sich bronzene und silberne Ohrringe, gelegentlich auch bronzene Armreifen und Perlenketten. Zur Kleidung gehörte ein Gürtel aus organischem Material, der vielfach mit einer einfachen eisernen Schnalle verschlossen wurde. Gegen Ende des 7. Jahrhunderts bzw. in der Zeit um 700 wurden etwas abseits der anderen Gräber zwei Männer mit je einem einschneidigen Schwert, einfachen Gürtelschnallen, Messern und einem Klappmesser bestattet. Mit diesen Gräbern endet die Belegung des Gräberfeldes in der Flur Ziegelsaumäcker.

Nach Ausweis der noch erhaltenen Beigaben wurden auf dem Gräberfeld überwiegend Angehörige einer durchschnittlichen Bevölkerung beigesetzt, wie dies für Ortsgräberfelder im 7. Jahrhundert typisch ist. Doch geben sich manche Gräber, teilweise unabhängig von den Beigaben, als die einer reicheren Gesellschaftsschicht zu erkennen, so beispielsweise solche, die mit Steinen abgedeckt oder mit einem größeren hölzernen Grabeinbau versehen waren.

Die direkte Verbindung nach Feldkirchen, die Nähe zur Ingoldstädter Altstadt und die im Spätmittelalter überlieferten Zehenteinkünfte des Klosters Niederaltaich aus Etting lassen es zumindest möglich erscheinen, dass in der Flur Ziegelsaumäcker Gräber der ersten Ingolstädter entdeckt und untersucht wurden.

Textgrundlage: Katalog zur Ausstellung, S. 16-53.


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