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Siegfried Hofmann:
Die Berufung der Jesuiten an die Universität Ingolstadt
Ein Beitrag zur Ausstellung: Die Jesuiten in Ingolstadt

 
Einer der Gründe, ja der Hauptgrund der Berufung der Jesuiten nach Ingolstadt durch Herzog Wilhelm IV. im Jahre 1549 war die Tatsache, daß nach dem Tode Dr. Ecks im Jahre 1543 vor allem die Theologische Fakultät völlig darnieder gelegen war. Die Verschränkung von Jesuitenkolleg und Universität wurde von 1549 bis zur Aufhebung des Ordens 1773 für beide Institutionen von hoher Bedeutung, ohne daß einerseits die Universität zu einer ausschließlichen Jesuitenuniversität geworden wäre oder sich andererseits das Wirken der Jesuiten in der universitären Aufgabe erschöpft hätte. Beide Entwicklungsstränge liefen mehr als 200 Jahre nebeneinander her, verflochten sich auf unterschiedliche Weise und versuchten ihr je eigenes Selbstverständnis zu bewahren, aber auch in das gemeinsame Arbeitsfeld Universität einzubringen.

Das jesuitische Engagement an deutschen Universitäten begann zunächst sporadisch und zufällig, etwa mit Peter Faber 1542 an der Universität Mainz und 1543 in Köln, die Annahme von Lehraufträgen war von seiten des Ordens zunächst sogar grundsätzlich abgelehnt worden, von Ausnahmen wie Kontroverstheologie und Moral abgesehen.
1544 gründeten Peter Faber und Petrus Canisius mit sechs Studenten die erste jesuitische Niederlassung auf deutschem Boden. Am 25. Juni schrieben sich neun Insassen dieses Hauses, "qui se appellabant Jesuitas", in der Universität zum Studium der Philosophie und Theologie ein. Schon damals gab es Widerstände, die Niederlassung wurde durch die Stadt aufgehoben, Jesuiten blieben jedoch in Köln. Am 8. Juli begann Canisius als "erster Jesuit an einer deutschen Universität überhaupt" offizielle Vorlesungen zu halten.
Die dritte deutsche Universität, an der Jesuiten Fuß faßten, war dann Ingolstadt, bereits vom 17. März bis Mitte 1543 las hier Jayus über die Heilige Schrift. Aufgrund dieser Erfahrungen formulierte Jayus seine Empfehlung vom 21. Januar 1545, der Orden mäge sich dem Wiederaufbau theologischer Studien an den Universitäten nicht entziehen.

Als Herzog Wilhelm IV. 1548 von Papst Paul III. die Entsendung von Jesuiten als Theologieprofessoren nach Ingolstadt erbat, war dies nicht ohne eine mehrjährige Vorgeschichte geschehen. Der Herzog hatte in Peter Faber einen Jesuiten der ersten Stunde kennen und schätzen gelernt, eine projesuitische Stimmung war in seinem engsten Umkreis mit Kanzler Leonhard Eck und Wiguleus Hundt entstanden.
1543/1544 war Claudius Jayus bereits in Ingolstadt gewesen, am 17. Mai 1543 hatten ihn einige Doktoren der Universität ehrenvoll empfangen. Auch hatte Jayus in der Folge Vorlesungen an der Universität gehalten, an der mit dem Tode Dr. Ecks am 10. Oktober 1543 eine schwer zu schließende Lücke entstanden war.

Für den Papst wie den heiligen Ignatius besaß Ingolstadt eine Schlüsselrolle für Deutschland. Dies erklärt, daß Ignatius "drei seiner besten Leute" nach Ingolstadt entsandte: Petrus Canisius, Claudius Jayus und Alphons Salmeron.
Die Instruktion des heiligen Ignatius vom 24. September 1549 machte als doppeltes Ziel deutlich: "der Universität von Ingolstadt und, soweit es möglich ist, Deutschland zu helfen im wahren Glauben und im Gehorsam gegen die Kirche".
An zweiter Stelle sah Ignatius darin einen Brückenschlag des Ordens nach Deutschland.
Fürsorglich gab Ignatius Anweisungen für ihre Lebensführung und ihr Verhalten.
Er schärfte ein, daß sich ihre Aufgabe keinesfalls auf die Vorlesungen an der Universität beschränken dürfe, sondern der "Auferbauung jenes Volkes im Glauben, in der Lehre und im christlichen Lebenä dienen solle, und verweist auf apostolische Aufgaben wie Predigen, Beichthören, Freundschaft mit Schülern, geistliche Gespräche, Friedensstiftung, Bekehrung von Irrgläubigen usf.
Der Kollegsplan für Ingolstadt wird in seiner Tragweite erkennbar.
Herzog Wilhelm IV. wies den Jesuiten, die am 13. November 1549 in Ingolstadt eintrafen, Wohnräume in der "Hohen Schule", dem Universitätsgebäude, als Provisorium zu.
Am 28. November hielt Canisius die glanzvolle Antrittsvorlesung, unter den Zuhörern saß Leonhard von Eck, der Kanzler des Herzogs.

Mit der Entsendung von Canisius, Jayus und Salmeron 1549 an die Universität Ingolstadt begann sodann ein Umdenken in der jesuitischen Bildungspolitik, der Entschluß, erstmals in der Ordensgeschichte Lehrstühle an einer deutschen Universität zu übernehmen, verlieh dem Ingolstädter Engagement Modellcharakter, Heinz Lutz sprach von einem Ereignis von "epochaler Bedeutung".
Der Einstieg gelang zunächst reibungslos, Canisius wurde Dekan der Theologischen Fakultät, dann sogar Rektor und Vizekanzler.

Als sich die Errichtung eines Kollegs in die Länge zog, wurden die Jesuiten ungeduldig.
Nuntius Lippomani klagte bereits am 5. März 1550, daß die Jesuiten in Ingolstadt, wo sie nur 14 Studenten hätten, davon zehn ohne entsprechende Vorbildung, nur ihre Zeit vergeudeten.
Hinzu kamen die Erschwernisse seelsorgerlicher Betätigung unter den Studenten von seiten des Pfarrklerus und das Entsetzen über die desolate Situation des religiösen Lebens.

Licht und Schatten standen im ersten Wirken der Jesuiten in Ingolstadt nahe beisammen. Ein jähes Auf und Ab von Hoffnung und Enttäuschungen spricht aus Briefen des Petrus Canisius. In vielem waren die ersten Jesuiten wohl zu ungeduldig gewesen, in anderem zu unbekümmert, wenn es z. B. um die Wahrung der Pfarrechte ging, in der Strenge ihrer Forderungen waren ihnen die bestehenden Verhältnisse ein Greuel.
Wenn es Klagen über ihre Lehrtätigkeit gab, etwa gegen ein zu häufiges Zitieren scholastischer Autoritäten, so hatten sie sich wohl zu wenig auf die Realität von Humanismus und Reformation in den deutschen Landen eingestellt.
Gewiß: Internationalität hatte auch ihr Gutes:
"In der Tat, es kann für eine Universität als Auszeichnung gelten, wenn sie ihre Professoren aus verschiedenen Völkern bezieht. Wir drei, als Theologen hierher berufen, sind von Geburt nach gänzlich fremd, außer man würde Spanien, Savoyen und Deutschland für ein einziges Land halten. Aber Glaube und Liebe macht uns eins in Christus."
schrieb Petrus Canisius am 10. Juli 1550 an den herzoglichen Rat und Curator der Universität, Georg Stockhammer.
Überdies standen Sprachschwierigkeiten im Wege.
Für die Universität aber zeigte sich bereits die Abhängigkeit von der Strategie des Ordens, der in der Besetzung autoritär verfuhr. Im August 1550 wurden Jayus und Salmeron bereits wieder nach Wien abberufen, für sie wurden Nikolaus Goudan und Peter Schorich nach Ingolstadt abgeordnet. Am 28. Januar 1552 aber zog Ignatius sämtliche Jesuiten aus Ingolstadt ab. Als letzter schied Petrus Canisius am 28. Februar 1552 von Ingolstadt.

Die Situation in Ingolstadt war nun durch den Weggang der Jesuiten im Blick auf die katholische Erneuerung Bayerns und die Theologie an der Landesuniversität prekär geworden.
1554 nahm deshalb der Herzog über seinen Sekretär Heinrich Schweicker die Verhandlungen mit Rom wieder auf. Mit Schreiben vom 20. Mai wandte sich dann der Herzog persönlich an Papst Julius III. Es gelte, die Überreste der darnieder liegenden Religion in seinem Lande zu retten, er sei entschlossen, in Ingolstadt ein neues Kolleg zu errichten.
Im November und Dezember 1555 führte Canisius die Verhandlungen in München, wobei er neben einem Kolleg mit eigener Kirche auch ein Seminar für Studierende forderte. Am 7. Dezember 1555 wurde dann der Vertrag geschlossen: Der Herzog stellte eine Wohnung mit Kapelle und Garten und eine Rente von 800 fl. zuzüglich Naturalleistungen zur Verfügung, die Gesellschaft Jesu zwei Theologieprofessoren und die Lehrer für ein Gymnasium. Als Provisorium für die Wohnung diente wieder die Hohe Schule.
Wie ernsthaft die Planungen betrieben wurden, zeigt eine Reihe von Plänen von 1555 aus der Feder des Ingolstädter Baumeisters Georg Stern d. Ä. (+ 1565).
Am 20. Januar 1556 akzeptierte Ignatius den Vertrag, die Entsendung habe aber über den Papst zu erfolgen. Am 7. Juli kamen aus Rom 18 Jesuiten an, am 4. August folgte Canisius nach. Die Zusammensetzung war international: sieben Deutsche, vier Niederländer, zwei Österreicher, zwei Spanier, zwei Italiener und ein Franzose. Charakteristisch war auch die Bildungsstruktur, ein nicht geringer Anteil der entsandten Jesuiten stand noch in den Studien: Sechs waren Theologen und zugleich Humanisten, acht Humanisten und vier Latinisten.
Die der Auswahl zugrunde liegenden Persänlichkeitsprofile sind von äußerster rationaler Schärfe:
  • Magister Thomas Noviomagensis aus Geldern, Theologe, würde Rektor des Kollegs,
  • Dr. Johannes Couillon aus Flandern, in Latein und Griechisch bewandert, er sei am Kolleg in Rom und anderswo Professor der Heiligen Schrift gewesen,
  • Dr. Hermanus Novesiensis, in Latein, Griechisch und Hebräisch sowie in allen Teilen der Philosophie gebildet, könne Vorlesungen halten, lateinisch und deutsch predigen,
  • Magister Hurtadus Perez, ein Spanier, bewandert in Latein und Griechisch, sehr gelehrt in Logik, Naturphilosophie, Ethik und Metaphysik wie auch in Mathematik, auch in Theologie rage er heraus,
  • Magister Gerhardus Vicirtensis aus Niederdeutschland, gelehrt in Latein und Griechisch, auch gelehrt in den philosophischen Disziplinen und in der Theologie, nicht fähig, lateinisch zu predigen, wohl aber deutsch, und wird sehr heftig sein, in den Kollegien habe er lateinische und griechische Wissenschaften sowie Rhetorik gelehrt,
  • Magister Theodorus Peltanus aus Geldern, gelehrt in den lateinischen, griechischen und hebräischen Wissenschaften, und sei für diese und Rhetorik in Neapel gewesen, sei aber nicht fähig, Logik, Physik und Theologie zu lesen und lateinisch und deutsch zu predigen.
Außer Magister Gerhardus seien alle Priester und zur Verwaltung der Sakramente geeignet. Dann folgen weitere elf, von denen einige fähig seien, Knaben zu unterrichten, und zwei Brüder.

Eine detaillierte Instruktion des heiligen Ignatius, die bis zur Regelung des Bierkonsums ging, sollte den Beginn erleichtern. Noch der letzte Brief des heiligen Ignatius schloß mit dem Wunsche, mehr über das zu gründende Ingolstädter Kolleg zu erfahren, Canisius erhielt den Brief bereits in Ingolstadt.
Am 19. August 1556 traf dann der Herzog Regelungen für die Stellung der Jesuiten an der Universität: Je zwei Jesuiten waren Mitglieder der Theologischen und Artistischen Fakultät, bei wichtigen Fragen werden sie in den Senat berufen, von den laufenden Geschäften aber freigestellt. Die Jesuiten sicherten die Besetzung der zwei ordentlichen Theologieprofessuren und die Einrichtung eines Gymnasiums zu.
Ignatius versäumte es nicht, eine detaillierte Instruktion mitzugeben.
Noch fügten sich die Jesuiten in die Universität ein: Sie ließen sich in die Matrikel eintragen und leisteten den Universitätseid, dafür sollten sie die üblichen Rechte und Freiheiten von Universitätsprofessoren erhalten. Die beiden jesuitischen Theologieprofessoren sollten auch Mitglieder des Senats sein, auch könnten zwei weitere Jesuiten in die Fakultät der Artisten und in den Senat aufgenommen werden.

Da sich die Verhältnisse in Ingolstadt nicht erwartungsgemäß verbesserten, erbat Herzog Albrecht V. mit Schreiben vom 10. Oktober 1561 Rat vom Rektor Lanoy und vom Ingolstädter Kolleg. P. Lanoy ließ sich nicht lange bitten, durch seine Ratschläge weht ein kühler Hauch:
An die Spitze seien solche Männer zu stellen, deren Leben katholisch und sittlich rein sei, wer darin nicht entspräche, sei zu entfernen. Durch aufgestellte Wachen und Strafandrohung sei gegen das Nachtschwärmen und Nachtlärmen der Studenten vorzugehen. Trinken und Musizieren seien im Karzer abzustellen. Vor allem die Theologen hätten anständig gekleidet zu sein.
Statt des Wohnens in Bürgerhäusern seien gemeinsame Häuser unter Leitung vorzusehen, also eine Art Bursen- oder Seminarsystem einzuführen, wobei auch Klagen über die überteuerten Preise in Ingolstadt aufgenommen werden. Für begabte, arme Studenten sei ein Kolleg zu errichten.
Nötig sei auch eine entsprechende Bibliothek. Die Reform vom 3. Februar 1572 nahm die Anregungen auf.

Mißhelligkeiten, die zu tiefen Zerwürfnissen führten, blieben nicht aus. Es entstand sehr bald eine Konkurrenzsituation zwischen jesuitischen und nichtjesuitischen Professoren und Lehrangeboten, in erster Linie beim Studium der Philosophie, wo die Jesuiten keine Fremdeinflüsse zulassen wollten.
Petrus Canisius, der im Frühjahr 1564 bei einer Visitation Einblick in die herrschenden Spannungen gewonnen hatte, berichtete am 29. April 1564 an den Ordensgeneral Laynez. Mit einem Brief an den Herzog vom Juli 1564 (zwischen 7. und 13. Juli) schaltete er sich in den Streit ein.
Rektor des Ingolstädter Kollegs war damals sein Bruder Theoderich Canisius.
Im Dezember 1564 brach dann der Sturm los. 1567 wurden der Superintendent und nichtjesuitische Theologe Martin Eisengrein und Petrus Canisius, damals noch Provinzial der Oberdeutschen Provinz, als Schiedsrichter vom Herzog eingesetzt, die Beilegung des Streits gelang.
Doch brachte die Veröffentlichung der Bulle des Papstes Pius IV. von 1564 über die Ablegung des Eids auf das Tridentinum als Voraussetzung der Lehrtätigkeit an der Universität am 23. März 1568 in Ingolstadt neue Unruhe.
Der Fragenkatalog, mit dem die Universität am 16. Dezember 1564 Professor Nicolaus Everhard zum Herzog nach München schickte, spiegelt die Sorgen in ihrer ganzen Bandbreite:
die Gefahr einer Majorisierung der Jesuiten im Senat, die Lehrstellen in der Fakultät der Artisten als bleibende Domäne des Ordens und die Rolle der Nichtjesuiten, die Rechte des Rektors angesichts der Ansprüche des Ordens, das Verbot des Besuchs von Universitätsvorlesungen für Zöglinge der Jesuiten, die Frage der Jurisdiktion über jesuitische Professoren, die Frage des von der Universität nicht mehr beeinflußbaren Besetzungsrechts von Professuren, die Frage der Erfordernis akademischer Grade bei jesuitischen Professoren als Nachweis der Lehrbefähigung usf.

Unstrittig ist, daß sich bis 1571 in Ingolstadt ein zweigleisiges Philosophiestudium entwickelt hatte: an der Universität (unter Beteiligung von Jesuiten) und am Gymnasium der Jesuiten.
1571 übergab Herzog Albrecht V. den philosophischen Kurs und das Paedagogium den Jesuiten vorläufig auf ein Jahr, auf Einspruch verblieben dann gemäß dem herzoglichen Rezeß vom 30. Januar 1571 den Jesuiten zwar Paedagogium und philosophischer Cursus, andere öffentliche philosophische Vorlesungen sollten aber nicht verboten, sondern sogar empfohlen werden.
Ethik, Mathematik, Poetik und Griechisch sollten an der Universität erhalten bleiben, bei den Aufnahmeprüfungen sollten der Vizekanzler Eisengrein nebst den vier Dekanen zugegen sein (damit die Jesuiten nicht allein über den Zugang befinden konnten).
Wer nicht promovieren oder in eine höhere Fakultät eintreten wollte (wie Schulmeister und Dorfpfaffen), sei an den jesuitischen Cursus nicht gebunden.
Rektor und Senat hätten die Jurisdiktion über den Cursus und das Paedagogium.
Die Jesuiten werden im einzelnen wenigstens etwas gegenüber der Universität in die Pflicht genommen.

Ab der Amtsenthebung des Petrus Canisius als Provinzial im Jahre 1569 gewannen die Auseinandersetzungen zwischen Jesuiten und Universität durch seinen Nachfolger als Provinzial, Paul Hoffaeus, neue Schärfe.

Ende Februar 1571 legte Hoffaeus die Forderung der Gesellschaft Jesu in 20 Punkten vor. Er forderte u. a.:
  • Die Jesuiten müssen aus gewichtigen Gründen den Professoreneid verweigern,
  • die Jesuiten müssen im Paedagogium und im philosophischen Cursus das Studium lediglich nach ihren Ordensbestimmungen leiten und die sittliche Zucht der Studenten in ihrer Hand haben,
  • die Jesuiten leisten ihr Bestes bei der Besetzung der Lehrstühle, er frage sich, ob sich die Regierung damit begnüge oder ob Ersatz durch weltliche Professoren zu befürchten sei,
  • den Jesuiten muß gestattet sein, ihre Professoren aus triftigen Gründen von Ingolstadt nach anderen Orten zu schicken, sie werden dafür stets auf Ersatz bedacht sein,
  • keine Strafjurisdiktion der Universität gegenüber Ordensangehörigen,
  • unter Zustimmung des Ordensgenerals sind die beiden Jesuiten der Theologischen Fakultät und zwei aus der Fakultät der Artisten Mitglieder des Senats, im Gremium der Artisten müssen die Jesuiten die Majorität besitzen,
  • eine Änderung und Reinigung verschiedener Statuten der Universität u. a.
Was den Bischof von Eichstätt als Kanzler betrifft, wird die Frage aufgeworfen, ob nicht dessen Befugnis für die Jesuiten möglicherweise eine Gefahr darstelle.

Die Wogen des Streits gingen hoch.
Petrus Canisius sah dies mit Sorge und erhob in einem Brief an den Generalvikar des Ordens, P. Hieronymus Natalis, seine warnende Stimme, wenn auch vergeblich: "Meine Meinung ist dieselbe wie früher, als ich von P. Provinzial (Paulus Hoffaeus) gefragt wurde:
Es wird nicht leicht für uns sein, die Aufgabe und Last zu übernehmen, die Fürst Albrecht hinsichtlich des Paedagogiums und des philosophischen Kursus uns anbietet. Es wird von da ab den Unseren viel Neid erwachsen und die allgemeine Klage der übrigen Professoren zu Ingolstadt nicht leicht ein Ende nehmen.
Wir werden, wie ich fürchte, nicht erreichen, daß unserer Gesellschaft die gebührende und notwendige Freiheit gewahrt bleibe, sei es beim Fürsten und dessen Hofrat, durch dessen Willen alles regiert werde, sei es beim Rektor und den anderen Professoren der Universität. Wie sehr wird es darüber hinaus dieser Provinz schwierig werden, zwei Gymnasien zu unterhalten und an jedem dieser Orte geeignete Lehrer zu stellen."
Nicht nur die Jesuiten sahen sich auf seiten der Gegner, sondern selbst so feinsinnige und friedliebende Theologen wie der Vizekanzler Martin Eisengrein.
Zwei Welten stießen aufeinander: die relativ freiheitlich-offene der klassischen Universität und die geschlossene des Ordens, der sich der Universität so weitgehend entzog, daß er ein Studium Jesuiticum in eigener Verantwortlichkeit darstellte.
Es bleibt die Frage, inwieweit sich eine Universität in ihrem Selbstverständnis mit einem derart weitgehenden Anspruch des Ordens abfinden konnte, wenn weder ein Einfluß auf Berufungen noch eine Jurisdiktion des Universitätsrektors mehr möglich war, ja sogar die Zulassung zum Studium der Jurisprudenz den Jesuiten in die Hand gegeben war.
Es kam zum herzoglichen Entscheid vom 16. Dezember 1572:
Paedagogium und philosophischer Kurs verblieben bei den Jesuiten, wenn auch als Glied und Teil der Universität, der dreijährige philosophische Kurs ist obligatorisch für alle künftigen Theologen und Mediziner, die herzoglichen Stipendiaten in Georgianum und Albertinum und außerhalb sowie für alle Kanoniker und Mönche. Nur die Jesuiten, die in den Senat eintreten, leisten den Eid.

Die Zerwürfnisse gingen weiter. In dieser Situation verlegten 1573 die Jesuiten unter Provinzial Paulus Hoffaeus Paedagogium und philosophischen Kurs einstweilen nach München, wozu unter den gegebenen Umständen nun auch Canisius riet, die Jesuiten der Theologischen Fakultät blieben jedoch in Ingolstadt.

In Ingolstadt ging es aber ohne Jesuiten nicht mehr. Also mußte man sich um deren Rückkehr bemühen, auch Canisius sprach sich am 14. März 1576 dafür aus, "damit unser Ingolstädter Kolleg endlich emporkomme", während Hoffaeus den Ordensgeneral zu einer endgültigen Absage bewegen wollte.
So kehrten die Jesuiten am 20. Juni 1576 wieder zurück, um im "Albertinum" ein Gymnasium und einen vollen philosophischen Cursus als Glied und Teil der Universität einzurichten, wobei auch die philosophischen Vorlesungen der weltlichen Professoren an der Universität weitergingen, bei gleichen Bedingungen zur Zulassung zu Magisterium und Baccalaureat.
Hand in Hand damit ging die Übereignung des neuen Jesuitenkollegs mit Stiftungsbrief Herzogs Albrecht V. vom 20. Dezember 1576.

Die Übertragung der drei Lehrstühle der Fakultät der Jesuiten in den philosophischen Studien setzte der Zweigleisigkeit der philosophischen Studien ein Ende.
Noch einmal flackerte der Traum von einer "freyen und nach Notturfft besetzten hochen Schuel" auf. Die Studienordnung von 1585 ordnete die Sprachkurse, die Poesie und die Rhetorik dem Gymnasium zu, die ordentlichen Lehrstühle für die Artes an der Universität dienten dem vollen philosophischen Kursus mit Logik, Physik, Metaphysik, Ethik und Mathematik im Jesuitenkolleg.
Die Übertragung ging am 26. September 1585 vor sich, am 27. Januar 1588 bestätigte dann der Herzog den Jesuiten, daß "zu ewigen Zeiten sy und niemandts anderer neben inen Artes und Philosophica" lesen sollten.

Ein Schaubild bei Hengst macht die Zuordnung von Philosophie und Theologie deutlich: 1571 und wieder 1576 nach der Rückkehr aus München boten die Jesuiten neben dem Gymnasium mit 1. bis 3. Grammatik, Poetik und Rhetorik einen vollständigen philosophischen Kurs mit Logik, Physik und Metaphysik neben dem Kurs der Universität an, auch hatten sie zwei theologische Professuren für Dogmatik und Kontroverstheologie inne, während die Professuren für Casus und Exegese von Nichtjesuiten wahrgenommen wurden, ab 1585 nahmen die Jesuiten allein Gymnasien und philosophischen Kurs wahr, während es in der Theologie beim alten blieb.
1588 wurde dann die Philosophische Fakultät endgültig den Jesuiten übertragen, doch darauf sei an anderer Stelle eingegangen. Gleiches gilt für das jesuitische Wirken an der Theologischen Fakultät.

Dr. Siegfried Hofmann, 1991, S. 32-38.


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