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Edmund Hausfelder:
Die Jesuitenschwaige
Ein Beitrag zur Ausstellung: Die Jesuiten in Ingolstadt

 

Jesuitenschwaige

Nördlich von Manching lag in früherer Zeit am rechten Donauufer kurz vor der Paarmündung eine Schwaige, die ursprünglich zum Amt (Groß-) Mehring und damit zum Pfleggericht Vohburg gehörte. Kirchlich war die Schwaige zwar immer mit der Pfarrei Großmehring verbunden, doch wurde sie in der Regel von Manching aus versorgt. Ihre Bewohner besuchten dort auch die Kirche.
Diese Schwaige änderte im Lauf der Jahrhunderte wiederholt ihren Namen und wurde nach einigen Besitzern zunächst als Preysinger-, dann als Griebel-, Waller- und Jesuitenschwaige, immer wieder aber auch als Nudelschwaige bezeichnet.
Unter einer Schwaige verstand man einen einzelnen Gutshof in gras- oder waldreicher Umgebung, auf dem vornehmlich Vieh- und Milchwirtschaft betrieben wurde.

Preysingerschwaige, Griebelschwaige

Über die Anfänge der Jesuitenschwaige fehlen uns jegliche Nachrichten. Im 16. Jahrhundert war die Familie von Preysing im Besitz der Schwaige. 1579 verkaufte Jörg von Preysing das Gut an den pfalzneuburgischen Kammerrat, Landschaftskommissär und Pfleger von Reichertshofen, Kaspar Griebel. Er starb am 31. März 1606 und vererbte seine Besitzungen an seine Nachkommen. ... 1620 fiel das Gut an Herzog Maximilian von Bayern als obersten Lehensherrn zurück.

Simon Labrique

Im Sommer 1622 kaufte der Jurist Simon Labrique die Schwaige. Gebürtig aus Lüttich, wirkte Labrique seit 1605 als Professor an der Universität Ingolstadt. Noch 1622 verließ er aber die Stadt und ging als geheimer Rat und Vizekanzler nach Neuburg. Seit 1627 war er mit der Durchführung der Gegenreformation in der neuburgischen Oberpfalz (Sulzbach) beauftragt. Bei dieser Aufgabe ging er mit derartigem Eifer - gleichzeitig aber auch mit großer Härte - vor, daß er im Jahr darauf vom Kaiser in den Reichsritterstand erhoben wurde. ... später gab Labrique die Schwaige an Kurfürst Maximilian zurück, der 1629 wieder als Besitzer erscheint.

Beständner

Natürlich erfolgte die Bewirtschaftung der Schwaige nicht durch die Besitzer selbst sondern durch sogenannte Bestandsmänner oder Beständner. In einem Bestandsbrief zwischen dem Kurfürsten und Markus Stutz von Großmehring, der bereits 1622 bis 1625 einmal Beständner der Schwaige gewesen war, wurden am 12. März 1629 alle Modalitäten geregelt (BayHStA Jesuitica 1797.).
Stutz übernahm die Bewirtschaftung auf drei Jahre für eine jährliche Gilt von 100 fl. Außerdem mußte er pro Jahr 20 fl., 12 Stiftpfennige und 2 Käse als Gilt an das Kastenamt Vohburg, 1 fl. an das Pflegamt Reichertshofen, 12 Schilling Pfennig an die Hohe Schule in Ingolstadt und 1/2 Ingolstädter Schaff Getreide als Zehent an das Ingolstädter Jesuitenkolleg abführen. Schließlich hatte er sogar noch die ausständigen Gilten seines Vorgängers für die Jahre 1626 und 1627 nachzuentrichten. Auch der seinerzeitige Viehbestand wurde genau aufgeführt: 4 Stuten, 2 Fohlen, 14 junge Kühe, 2 Kälber, 2 Stiere, 6 »jährige« Kälber, 3 »heurige« Kälber, 3 tragende Mutterschweine, 3 zweijährige Schweine, 6 »heurige« Frischlinge und 6 Bienenvölker gehörten zur Schwaige. (BayHStA Jesuitica 1797.)

Nikolaus Burgundius

Im Sommer 1637 fand sich dann wieder ein Kaufsinteressent für das Gut. Der Jurist Nikolaus Burgundius bat den Kurfürsten, die Schwaige um 1500 fl. kaufen zu dürfen. Maximilian wandte sich daraufhin an seinen Pfleger in Vohburg und forderte ihn zu einer Stellungnahme auf. Dieser meinte, daß der Kaufpreis für eine Schwaige, die sich in einem derart guten Zustand befinde, durchaus noch 400 fl. mehr betragen könne. Doch der Kurfürst willigte schließlich ein, daß Burgundius das Gut um 1500 fl. erweben konnte. Am 11. September 1637 wurde der Empfang der Kaufsumme bereits quittiert. (BayHStA Jesuitica 1797.)
Nikolaus Burgundius stammte aus dem Hennegau (Belgien) und war zunächst als Advokat in Gent tätig gewesen. 1627 kam er als Professor an die Universität Ingolstadt und amtierte während des Sommersemesters 1635 als Rektor. Doch schon 1639 kehrte er wieder in seine Heimat zurück und wurde Mitglied des »großen brabantischen Rats«.

Sebastian Grillmaier

An eben diesem 1. April 1639 wurde Sebastian Grillmaier aus Großmehring neuer Beständner der Schwaige. Burgundius schloß mit ihm einen Bestandsbrief für 6 Jahre ab. Für das erste Jahr wurde Grillmaier die Gilt völlig erlassen, für das zweite Jahr hatte er nur 50 fl. zu entrichten, erst ab dem dritten Jahr mußte er die vereinbarten 100 fl. aufbringen.
Der neue Beständner fand folgenden Viehbestand vor: 2 Pferde, 14 Melkkühe, 2 tragende Kälber, 1 Ochsen, 7 Kälber, 3 Mutterschweine, 3 junge Eber, 3 junge Ziegen, 1 Geißkitz und 1 Geißbock. 1640 ging ein Pferd ein. Daraufhin verkaufte er vier Kühe und handelte dafür zwei neue Pferde ein.
An bebauten Äckern wurden ihm übergeben: 1 Acker hinter dem Stadel mit 1 1/2 Einsätz; darauf war Weizen angebau; 2 Teile Acker; auf dem einen in der Nähe des Hauses war Weizen, auf dem anderen beim Weg Korn angebaut; schließlich 1 Acker in der Rothenturmer Flur mit 6 Einsätz; darauf war ebenfalls Korn angebaut.

Wallerschwaige

1639 verließ Burgundius Ingolstadt und verkaufte die Schwaige an Joachim Christian Graf von der Wahl. Von der Wahl stammte aus Thüringen und trat 1620 als Offizier in bayerische Dienste. Rasch rückte er in die obersten militärischen Ränge vor, wurde 1631 zum Generalwachtmeister befördert und übernahm im Jahr darauf das Generalkommando in Bayern. 1634 avancierte er zum Feldmarschall-Leutnant, 1636 zum Generalzeugmeister. Ebenfalls 1636 erhob ihn der Kaiser in den Reichsgrafenstand. Am 1. Juni 1639 wurde er von Kurfürst Maximilian zum Statthalter der Festung Ingolstadt ernannt und feierlich installiert. Am 29. Mai 1640 erfolgte schließlich seine Beförderung zum Feldmarschall.

Von der Wahl

Von der Wahl erwies sich während seines Aufenthalts in Ingolstadt stets als großer Gönner und Wohltäter der Kirche und insbesondere des Jesuitenordens. 1642 überließ er dem Kolleg 100 fl., im Jahr darauf unterzog er sich bei den Jesuiten zweimal den Exerzitien, einmal im Ingolstädter Kolleg und einmal in der Niederlassung in Biburg. So verwundert es nicht, wenn er den Orden auch in seinem Testament bedachte. Als er am 29. August 1644 im Ingolstädter Schloß seinen letzten Willen diktierte, ließ er ihm seine Schwaige überschreiben. Punkt 7 seiner Verfügungen lautete: »Meine Schwaig, so ich von Herrn Dr. Burgundt erkhaufft, solle denn Herrn Jesuitern alhie eingeraumbt werden, doch das sie auch für meine arme Seel bitten.« Zwei Tage später starb er.

Jesuitenschwaige

Die Inbesitznahme der Schwaige durch den Orden verzögerte sich freilich noch ein wenig. Von der Wahl hatte vor seinem Tod den Kurfürsten um die Erlaubnis gebeten, sein Gut dem Ingolstädter Kolleg schenken zu dürfen. In seinem Schreiben vom 14. Januar 1645 an den Rektor des Kollegs erklärte der Kurfürst hierzu sein Einverständnis (BayHStA Jesuitica 1797.). Und so konnte der Chronist unter dem Jahr 1645 vermerken: »Es fiel dem Kolleg auch ein Landgut zu, die Gribel- oder Nudelschwaig genannt, vermacht von Seiner Exzellenz, dem frommen und erlauchten Herrn Joachim Christian von Wahl, Feldmarschall des bayerischen Heeres, leicht auf eintausend Reichstaler geschätzt« (DA Eichstätt Summarium, S. 348.). Tatsächlich wurde die Schwaige zu dieser Zeit bereits auf 2000 fl. (= 1500 Reichstaler) veranschlagt (BayHStA Jesuitica 1966 1/9.).

Malteserorden

Die Jesuiten behielten ihre Schwaige bis zur Aufhebung des Ordens im Jahre 1773. Wie alle anderen Güter ging auch die Schwaige 1782 in den Besitz der neugegründeten bayerischen Zunge des Malteserordens über und unterstand der Kommende Oberhaunstadt und damit dem Großballei Johann Baptist Freiherrn von Flachslanden. (W. Ernst, a.a.O., S. 177.)
Im Februar 1784 wurde bei einer Überschwemmung, der schlimmsten Hochwasserkatastrophe des ganzen 18. Jahrhunderts, auch die Schwaige arg in Mitleidenschaft gezogen. Der damalige Pfarrer von Oberhaunstadt schrieb darüber: »Auf der Wallerschweig, so dem Maldesserorden zugekommen, seynd alle Kühe (es war eine ganze Schweigerrey da) ersoffen und 2 Pferd ...«. (W. Ernst, Heimatbuch Oberhaunstadt, Eichstätt 1987, S. 65.)

19. Jh.

Obwohl 1808 die Malteser aufgehoben wurden und ihre Besitzungen an den Staat fielen, erreichte es Baron Flachslanden, daß man ihm seine Ländereien beließ. Auch die Patrimonialgerichtsbarkeit konnte er zurückgewinnen. Bis zu seinem Tod gelang es ihm, die Angriffe auf seine Besitzungen und Rechte immer wieder erfolgreich abzuwehren. Erst als er am 19. März 1822 starb, gingen seine Ländereien und damit auch die Jesuitenschwaige endgültig in das Eigentum des Staates über.

Von ihm erwarben 1825 92 Manchinger das Gut um 10630 fl. Noch im selben Jahr verkauften sie jedoch alles, was verkauft werden konnte, die Gebäude, den Grundbesitz, die Waldungen, das Vieh, die Gerätschaften usw. Der kümmerliche Rest verfiel rasch, so daß heute nichts mehr an die Jesuitenschwaige erinnert, abgesehen lediglich von den Flurnamen »Jesuitenäcker« und »Jesuitenfeld«.
Am Jahresbeginn 1825 war die Schwaige noch als »großes Oekonomiegut« bezeichnet worden, am Jahresende war von ihr nichts mehr übriggeblieben.

Hausfelder, Edmund. Die Jesuitenschwaige. Die Jesuiten in Ingolstadt, 1991, S. 284-288.


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