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Autor: Gerhard Wilczek
Epochen der Universität Ingolstadt - Reformation und Gegenreformation
Argula von Grumbach - Johannes Eck - Martin Luther

Im Ingolstädter Gebiet kam es zu keiner Gemeindebildung der neuen Lehre. Die Auseinandersetzung mit ihr gipfelte in Einzelschicksalen, literarischen Fehden und militärischen Operationen.

Leonhard Käser (Kaiser) stammte aus Raab bei Schärding, war Pfarrvikar in Waizenkirchen im Innviertel, floh nach Wittenberg und kehrte nach zwei Jahren ans Sterbebett seines Vaters zurück. Während seines Besuches ließ ihn der Bischof von Passau am 3. April 1527 festnehmen und auf der Veste Oberhaus einkerkern. Selbst Eck kam zum Verhör eigens aus Ingolstadt. Alles Einreden half nichts, sogar der Bischof bemühte sich in einem Gespräch hierum. Am 16. August 1527 wurde Käser auf einem Scheiterhaufen in Schärding verbrannt.

In Ingolstadt genossen ihre Ausbildung zum Beispiel einige, die später evangelische Pfarrer wurden, so Lorenz Heugel, Pfarrer in Sinningen, Peter Knauer, Pfarrer in Ambach, Georg Schroll, Pfarrer in Seiboltsdorf, Leonhard Kratzmeier, Pfarrer in Oberstein und Zuchering. Den Eid auf das Tridentinische Glaubensbekenntnis abzulegen, weigerten sich später zwei Lehrer der Artistenfakultät, nämlich Tradel und Pröbstl, sie wurden 1568 des Landes verwiesen.

Im Jahre 1523 begann der Webergeselle Wolfgang Prunner gemäß der Lehre vom allgemeinen Priestertum im Friedhof bei der St.-Sebastians-Kirche nach dem Gottesdienst öffentlich zu predigen. Beim zweiten Mal wurde er inhaftiert und des Landes verwiesen.

Simon Dachser (Daxer) ist dem Bischof von Eichstätt übergeben worden. Aus der Diözese ausgewiesen, kehrte er heimlich nach Ingolstadt zurück, heiratete hier. 1523 aus Ingolstadt verbannt, entging er 1527 in Augsburg nur knapp der Hinrichtung durch den reformierten Magistrat. Nach vier Jahren Kerker wurde er schließlich lutherischer Geistlicher in Augsburg, mußte jedoch 1551 auch diese Stadt verlassen und wirkte in den fünfziger und sechziger Jahren in Neuburg an der Donau und Manching.

Philipp Apian, geboren am 14. September 1531 in Ingolstadt, gestorben am 14. November 1589 in Tübingen, Sohn von Peter Apian, war 17 Jahre an der bayerischen Landesuniversität tätig. Nach religiösen Zwistigkeiten legte er freiwillig sein Amt nieder, erhielt später eine Anstellung in Tübingen, lehnte aber auch hier die Konkordienformel des Herzogtums Württemberg ab. 1583 erfolgte seine "Beurlaubung", d.h. Dienstentlassung. Doch blieb er in Tübingen als Privatmann. Der Besitz der Frau und ein "Leibgedinge", welches ihm von Bayern nach wie vor gewährt wurde, bewahrten ihn vor der äußersten Not.

Vitus (Veit) Amerbach (Trolmann) studierte in Ingolstadt, 1522 ist er in Wittenberg zu finden. Da er jedoch die Rechtfertigungslehre der Reformation nicht billigte und auch andere Ansichten über den Primat des Papstes hatte, wurde er 1543 wieder katholisch und begann noch in demselben Jahr als Professor in Ingolstadt zu wirken. 1

Jakob Ziegler, geboren um 1470 in Landau, gestorben im August 1549 in Passau, war Student in Ingolstadt. Wegen seiner Erfahrungen am Hofe von Papst Leo X. wurde er zunächst ein Gegner des Papsttums; in Straßburg entzweite er sich mit Martin Butzer und erhielt danach eine Anstellung als Professor in Wien, schließlich gewährte ihm der Passauer Bischof Wolfgang von Salm ein Unterkommen.


Arsacius Seehofer, geboren in München, studierte bei Melanchthon in Wittenberg, 1522 ist er Magister in Ingolstadt. Von einem Kolleg über Paulinische Briefe wurden von der Universität 17 Sätze zusammengestellt, die er am 7. September 1523 widerrufen mußte. "So hoffte die Hohe Schule der lutherischen Schalkheit entgegenzuwirken und zu verhüten, daß sie in Ingolstadt Wurzel fasse." 2 Zugleich von der Universität ausgestoßen, wurde er zur Haft in Kloster Ettal verurteilt. Auch Luther veröffentlichte 1524 die Schrift "Wider das blind und tolle Verdammnis der 17 Artikel, von der elenden, schändlichen Universität Ingolstadt ausgegangen". Seehofer entkam der Haft und ging nach Wittenberg, später war er Lehrer in Augsburg, ab 1536 Pfarrer an verschiedenen Orten in Württemberg. Er starb 1543 als lutherischer Stadtpfarrer zu Winnenden in Württemberg.


Argula von Grumbach
Argula von Grumbach, geboren wahrscheinlich 1492 auf der Burg Ehrenfels bei Hemau (Bayern), gestorben 1554 in Zeilitzheim bei Schweinfurt. Sie verlebte eine stürmische Jugend, da der Vater in vielfache Kämpfe verwickelt war. Beide Elternteile verlor sie 1510 und lebte dann bei ihrem Onkel, der 1516 gestürzt und hingerichtet wurde. Schließlich kam sie an den Hof der Herzöge von Bayern. Hier lernte sie den wohlhabenden Ritter Friedrich von Grumbach kennen, den sie heiratete, ihn freilich 1530 verlor, nachdem sie ihm vier Kinder geboren hatte. Während ihr Mann katholisch war, hing sie der neuen Lehre an. Argula stand mit Luther im Briefwechsel. An die Universität Ingolstadt schrieb sie am 13. September 1523: "Sie wisse wohl, was Paulus sagt: die Weiber sollen schweigen und nicht reden in der Kirche... Es ist leicht zu disputieren, wenn man nicht die Schrift, sondern Gewalt (gegen Seehofer) gebraucht. Wollte aber Gott, ich sollte in Gegenwart unserer Fürsten und der ganzen Gemeinde reden, ich fürchte mich nicht, falls sie nach der Schrift, nicht mit Gefängnis oder Feuer unterwiesen wird. Ich kann kein Latein, aber ihr könnt deutsch." 3 Die Universität gab den Brief an den Herzog weiter, damit dieser "das häßliche Weib zähme". Ihre eigenen Verwandten stellten sich gegen sie und rieten ihrem Mann, sie einzumauern. Argula bezahlte es mit dem Zerbrechen ihrer Ehe und dem Ruin ihrer Familie. Sie mußte Bayern verlassen und ging nach Franken. Fortan lebte sie teils in Franken, teils in Bayern, wohin sie später zurückkehren durfte. Sie gilt als Verfasserin einer Reihe von Flugschriften, so im Falle Seehofer gegen die 17 "ketzerischen" Artikel der Universität Ingolstadt. Um Seehofers Geschick zu erleichtern, richtete sie zwei Sendschreiben an die Universität und den Rat der Stadt, ein drittes an den Herzog von Bayern sowie ein viertes an ihren Verwandten Adam von Törring. Für Kurfürst Friedrich von Sachsen und Pfalzgraf Johann verfaßte sie Schreiben zur Verteidigung der lutherischen Lehre. Wohl um ihren Mann nicht zu verletzen, nannte sie sich in diesen Schriften nicht von Grumbach, sondern Argula von Stauff. Nach ihrer Abwanderung aus Bayern blieb sie literarisch untätig.


Andreas Osiander, geboren am 19. Dezember 1498 in Gunzenhausen, gestorben am 17. Oktober 1552 in Königsberg (Ostpreußen), legte in Ingolstadt den Grund für seine humanistische Bildung. Im Jahre 1520 wurde er zum Priester geweiht, 1522 jedoch evangelisch und Prediger in Nürnberg. Bei der Einführung der Reformation in Nürnberg und Pfalz-Neuburg spielte er eine maßgebliche Rolle. Von Ottheinrich ist er 1542 nach Neuburg gerufen worden, um eine reformierte Kirchenordnung aufzustellen. Nach Königsberg kam er 1548 als Professor der Theologie.

Johannes Denk (Denck) wurde 1517 in Ingolstadt immatrikuliert, hing später den Wiedertäufern an und vertrat eine spiritualistische Mystik. So sprach er vom "inneren Wort" und "unsichtbaren Christus" sowie von der Kirche des Heiligen Geistes. Auf Osianders Betreiben mußte er Nürnberg verlassen. Er starb im November 1527.

In der Stadtchronik von J. Gerstner heißt es: "Die beiden Herzöge von Bayern gestatteten der neuen Lehre keinen Eingang, nahmen jedoch eine Reform der Geistlichkeit vor und erließen das Religionsedikt vom März 1522. 4 "Da das erste Religionsedikt der Herzöge von Bayern besonders in den Reichsstädten Widerstand fand, erließen dieselben am Sonntag nach Michaelis 1524 ein zweites unter dem Titel: Landgeot wider die Lutherische Sekte. Dadurch entstand nun eine allgemeine Ketzerjagd, ein verderbliches Denunziantenwesen. Dr. Eck trat dabei in der Rolle eines Richters auf, Professor Burckhard zu Ingolstadt als Denunziant. Gefangennahmen und Verbannungen waren an der Tagesordnung." 5

Neben dem erwähnten Franz Burckhard (Burckhardt) waren Mitstreiter auf katholischer Seite Georg Hauer, Caspar Schatzger (Schatzgeyer), Leonhard Marstaller und Matthias Kretzer (Gretz). Getragen wurden sie von der herzoglichen Gewalt. So befahl das genannte erste bayerische Religionsedikt (1522), die lutherische Lehre nicht anzunehmen, im Glauben der Voreltern und im Gehorsam gegen Kaiser und Herzog zu verharren. Entgegenhandelnde seien gefangen zu setzen und über ihre Verbrechen an den Herzog zu berichten.

Georg Hauer, geboren um 1484 in Tirschenreuth (Oberpfalz), gestorben am 23. August 1536 in Ingolstadt, wurde 1518 Pfarrer am Münster in Ingolstadt. Nach sieben Jahren übernahm er die Moritzpfarrei daselbst. Außerdem war er als Professor des kanonischen Rechts tätig. Sechsmal hatte er die Würde des Rektors der Universität Ingolstadt inne. Noch 1527 klagte Hauer, daß es "Winkelprediger" in der Stadt gebe und niemand etwas gegen sie unternehme.

Caspar Schatzger (Schatzgeyer) stammte aus Landshut, studierte seit 1480 in Ingolstadt und wirkte hier von 1489 bis 1496 sowie von 1510 bis 1514. Als Franziskaner war er von 1517 bis 1523 Provinzial der Oberdeutschen Observantenprovinz. Er erlaubte den gelehrten Brüdern, Luthers Schriften zur Widerlegung zu lesen. Schatzger bekämpfte in seinen Schriften Luther, Johann von Schwarzenberg, Osiander u. a. Zuletzt war er Guardian in München und starb dort am 18. September 1527.

Mit Leonhard Marstaller war Burckhard bei Verhören tätig, so bei der Verhandlung von Simon Dachser, der ihnen vom Eichstätter Bischof übergeben wurde. Johann Peurle mußte den Verkehr mit Osiander abschwören. Buckhards Unterschrift bestätigte auch die Verurteilung von Magister Arsacius Seehofer. Marstaller war zunächst in der juristischen Fakultät tätig, seit 1519 wirkte er als Nachfolger von Ramelspach in der theologischen Fakultät. Er starb 1546. Gegen die 100 Thesen des Leonhard Marstaller bei der Verhandlung über Seehofer schrieb ein gewisser Theobald Billicanus.

Matthias Kretzer (Gretz), ein Weltgeistlicher, studierte in Wien, Tübingen und wurde 1516 in Ingolstadt eingeschrieben. Für kurze Zeit war er Leiter der Lilienburse und Regens des Georgianums. Kretzer galt als Freund des Erasmus von Rotterdam und ist wiederholt zu Religionsgesprächen herangezogen worden. 6

Auch Hauer hatte sich durch eine lateinische Grammatik Verdienste um die studierende Jugend erworben, ähnlich wie Bebel, Henrichmann und Aventin. Die erste Ausgabe, betitelt "Puerilia Grammatices", erschien 1514, drei weitere Ausgaben folgten bis 1520.

Nikolaus Appel war seit 1522 in der theologischen Fakultät tätig. Als Mitkollege der bereits Genannten verfaßte er zum Beispiel bei den Verhandlungen gegen den schon angeführten Seehofer 75 Thesen, über die disputiert wurde. Er begleitete Eck und Hauer 1524 nach Regensburg, um den lutherisch predigenden Priester Freysleben aus Weiden zu verhören. Letzterer erschien allerdings nicht. Appel begleitete Eck, Marstaller und andere Theologen auch zum Reichstag nach Worms 1540.

In Ingolstadt wurden die Magister Hob und Karl Sprunner wegen des Verdachts der Ketzerei aufgegriffen und mußten, obschon der Verdacht sich nicht begründete, den Reinigungseid schwören. Dasselbe geschah einem Studenten namens Helmschrod.


Zu den Auseinandersetzungen in der Lehre kamen militärische Operationen.
Im Jahr 1546 sandten die Anführer des Schmalkaldischen Bundes eine Kriegserklärung an Kaiser Karl V., der sich in Regensburg aufhielt, empfingen aber das Schreiben ungeöffnet mit einer Achtserklärung zurück. Der Kaiser besetzte mit überwiegend italienischen Truppen Rain und Ingolstadt, das wenige Jahre zuvor neu befestigt worden war. Herzog Wilhelm wurde von den Schmalkaldenern aufgefordert, die kaiserlichen Truppen aus diesen Städten zu entfernen, was er ablehnte, da es nicht in seiner Macht stehe und er Neutralität beachten wolle.

Der Kaiser errichtete an der Schutter von Ingolstadt bis zum Samhof ein befestigtes Lager, den Rücken deckte die Stadt. Zu derselben Zeit erschienen die Schmalkaldischen zwischen Gerolfing und Gaimersheim und standen am 26. August 1546 den Kaiserlichen gegenüber. Sie wollten eine offene Feldschlacht, da sie an Truppen den Kaiserlichen überlegen waren, auch dann noch, als Herzog Wilhelm ein Regiment anwerben ließ. Am 30. August begann durch den Schmalkadischen Feldherrn Schertlin eine heftige Kanonade mit über 2000 Kugeln in das kaiserliche Lager, was beträchtlichen Schaden anrichtete. Die Kanonade dauerte vier Tage. Der Kaiser verließ das Lager aber nicht, und seine Gegner wagten keinen Ansturm.

"Wenn aber des Landgrafen Rat (bei der Kriegsbesprechung) gegolten hätte, wäre der Sieg unfehlbar in ihrer Hand gewesen, denn die Protestanten waren mit ihrer Reiterei viel stärker, und das kaiserliche Lager war damals nur mit einem schlechten Graben und niederträchtigen Wall verschanzt." 7 Auch Papst Paul IIl. hatte dem Kaiser 1500 Fußsoldaten zur Verfügung gestellt. Die Entscheidung fiel, als Hilfsvölker aus den Niederlanden über den Rhein und Main nach Nürnberg und Regensburg vordrangen, um sich mit der kaiserlichen Armee zu vereinigen. "Sobald dieser Anzug bekannt wurde, brach die Schmalkaldische Armee auf und zog in eiliger Flucht gegen Wemding. Bei dem Aufbruch steckten die Flüchtigen Gerolfing und die umliegenden Mühlen in Brand." 8


Dr. Johann Eck
Obwohl die Glaubensauseinandersetzungen für Verwirrung sorgten, hatte die Universität eine glänzende Zeit. "Im Jahre 1536 führte Dr. Johann Eck das Rektorrat, im Jahre 1537 Graf Friedrich von Kastel... Dem Grafen von Kastel folgte im Rektorate der Theologe Leonhard Marstaller und diesem im Jahre 1539 ein Oswald von Eck, Sohn des Kanzlers Leonhard von Eck, dann Wiguläus Hund." 9

Der bedeutendste Gegner Luthers war der Ingolstädter Professor Johann Eck, geboren am 13. November 1486 in Egg an der Günz, gestorben am 10. Februar 1543 in Ingolstadt, und im Liebfrauenmünster daselbst begraben. Eigentlich hieß er Johannes Maier (Mayr) und nannte sich entsprechend der Mode der Humanisten nach seinem Geburtsort Eckius. Am 13. Dezember 1508 empfing er die Priesterweihe in Straßburg. Eine Probevorlesung in Ingolstadt, da die theologische Professur durch den Tod Zingels frei geworden war, folgte am 7. September 1510. Ende Oktober desselben Jahres erhielt Eck die Berufung nach Ingolstadt.

Anfang 1518 äußerte Eck Bedenken gegen Luthers Thesen vom 31. Oktober 1517. Es kam schließlich zur Disputation vom 27. Juni bis 15. Juli 1519 auf der Pleißenburg zu Leipzig zwischen Eck und Karlstadt, danach mit Luther, am Ende wieder mit Karlstadt. Andere Disputationen und eine reiche schriftstellerische Tätigkeit folgten. In einem Brief an Moritz von Hutten umreißt Eck sein Verhältnis zu Luther in dieser Weise: "Während ich daran dachte, die ganze Philosophie des Hermes Trisgemistos, die der Orphiker, Platon, der Ägypter und Araber, auch die ganze Dionysische Theologie in fünf Abteilungen gänzlich zu erläutern, siehe da breitete sich Unheil vom Norden (Jerem. 1,14) aus, als Karlstadt und Luther das Schifflein Petri zum Scheitern zu bringen versuchten. Einige Zeit wurde mit leichter literarischer Ware (es waren mehrere Streitschriften) geplänkelt. Unterdessen mußte ich mit gröberem Geschütz auffahren, je zahlreicher ihr Anhang wurde. Sie wurden so viele, daß es mir manchmal schien, als müßte ich mit einer Art Trojanischem Pferd kämpfen. Damit aber allen bekannt werde, daß ich nichts als die Wahrheit suche, um endlich die Schreibererien und Streitigkeiten zu beenden, schlug ich eine Disputation vor, die Luther akzepierte. Als geeignetsten Ort nannte er mir Leipzig, wenn er auch lügnerischerweise dies später seinem Herrn Kurfürsten gegenüber abstritt, so habe ich doch als Gegenzeugnis seinen Brief, der heute noch in meinem Besitz ist. Dort habe ich mit beiden neunzehn Tage disputiert, wobei die ganze Beurteilung durch die Pariser Universität erfolgen sollte. Denn darauf einigten sich Luther und Karlstadt nicht nur, sondern wählten sie aus allen aus, daß sie den zwischen uns entfachten Streit beilegen und beendigen solle." 10

In Ecks Schreiben an Ulrich von Hutten heißt es weiter: "Die Sache mit Luther und seinem Anhang verfolge ich, die mich, da von Paris das erwartete Urteil nicht eintraf, mit Schmähschriften überhäuften. Ich habe ihnen jedoch bis zur Stunde nichts zugestanden, was sie behaupten. Dies geht aus dem wenigen hervor, was ich zu meiner Verteidigung ediert habe. Um mit gewichtiger Heerschar wahrlich den Schismatikern zu begegnen, schrieb ich drei Bücher über den Primat Petri, vier Bücher über die Reue, über das Meßopfer drei Bücher, vier Bücher über das Fegefeuer, die in den folgenden Jahren von den Druckern verbreitet wurden." 11

Vorlesungen über die Frage von Gnade und Vorherbestimmung führten zu Ecks Werk "Chrysopassus", erschienen in Augsburg 1514. "Ich vertiefte mich in die Werke des Duns Skotus, Franz de Mayronis, ferner in die Arbeiten bekannter Skotisten, des Pierre d'Ailly, John Mayor und anderer. Nach zwei Jahren faßte ich das Ergebnis meiner Arbeiten in der sehr schwierigen Materie der Prädestination zusammen. Nachdem ich sie meinen Hörern vorgetragen hatte, veröffentlichte ich sie in dem Werk, das ich Chrysopassus nannte. In diesem kannst du die aufgewandten Nächte beim Studium der Sentenzenkommentare und des Augustinus, den ich zu dieser Zeit besonders untersuchte, ersehen." 12

Die Schwierigkeit lag hauptsächlich darin, daß "keiner wegen seiner guten, verdienstvollen Werke auserwählt wird", sondern es im ewigen Ratschlusse Gottes liegt. Andererseits kann Gott nicht ungerecht sein und niemanden ohne dessen Schuld verdammen. 13 "Die Kinder werden nicht erwählt wegen des Guten, das sie einmal tun werden." 14 "Eine allgemeine Verwerfung aus irgendeinem Grunde gibt es nicht." 15

Christoph Scheurl (1481-1542), ein Jurist und Humanist in Nürnberg, nannte Eck seinen Freund und versuchte zwischen demselben und Luther und Karlstadt zu vermitteln. So gab er von Eck Unterlagen der Wiener Disputation an Erfurter und Wittenberger Gelehrte weiter. Luther übersandte am 11. September 1517 Scheuerl seine Thesen "contra scholasticam theologiam", damit sie Eck bekäme und er dessen Reaktion kennenlernte. Anscheinend waren Luther und Eck eher freundschaftlich verbunden. Deshalb war Luther überrascht, als er die "Obelisci" (Spießchen, wie man sie zur Notierung verdächtiger Stellen in Handschriften und Büchern gebrauchte) von Eck über Umwege erhielt. Scheurls Vermittlung konnte nur ein oberflächliches Verhältnis wiederherstellen. Eck redet von einer Verbindung, wie er es mit jedem anderen Gelehrten gehabt habe. Und schließlich erklärte Eck, er könne nicht mit jemandem Freund sein, der die Einheit der Kirche bekämpft. "Luther gibt meine Freundschaft gegen ihn als geheuchelt an. Ich bekenne: Die Freundschaft bin ich mit ihm, den ich nicht gesehen habe, wegen der Wissenschaft und des Studiums eingegangen (wie ich es mit Gelehrten zu tun pflege). Er kann aber nicht glauben, daß ich dem Freund sein kann, der außerhalb der Einheit der Kirche streitet." 16

Eck meinte, Luthers Thesen seien voll Gift, böhmischer Häresie, verletzten die christliche Liebe, stürzen die Ordnung der kirchlichen Hierarchie, geben Anlaß zu Aufruhr usw. Nach Luthers eigenen Worten war Eck die erste angesehene theologische Persönlichkeit, die sich ihm in den Weg stellte. Den "Obelisci" von Eck stellte Luther die "Asterisci" (Sternchen) entgegen. Sie sollten nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sein. Eck möge entscheiden, ob danach Frieden geschlossen oder offener Krieg herrschen soll. Zunächst hatte Eck auf Wunsch des Eichstätter Bischofs Gabriel von Eyb, der Kanzler der Universität Ingolstadt war, Anmerkungen zu den Thesen Luthers verfaßt. Ein Verwandter des Bischofs, der Domherr Adelmann von Adelmannsfelden, übergab sie dem Prior der Augustiner in Nürnberg, Wenzeslaus Link, und von dem gingen sie weiter an Luther, wie Link auch bei dessen Rückantwort vermittelte. Scheurl hatte die Thesen Luthers an Eck sowie an den Eichstätter Dekan Erhard von Truchseß und den Rebdorfer Prior Kilian Leib weitergegeben. Als die Beziehungen kritischer wurden, teilte Scheurl einem Freunde mit, daß Eck ihm geschrieben habe, er würde gern 10 Meilen weit gehen, um mit Luther darüber zu disputieren. 17 In Augsburg sprach Eck mit Luther über Ort und Termin einer Disputation.

Die Thesen Luthers hatte Eck als irrig, frech und geeignet bezeichnet, Aufruhr und Spaltung hervorzurufen. "Mehrere sind roh und abgeschmackt, um nicht zu sagen, daß sie nach Böhmen schmecken." 18

Text: Gerhard Wilczek
Ingolstädter Heimatblätter, Nr. 1, 1999, S. 1-3.


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