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Texte im Stadtmuseum Ingolstadt - Raum 36
Das Hafnerhandwerk in Ingolstadt

 
Bereits im Hochmittelalter gab es in Ingolstadt mehrere Hafner. Nachweisbar wird dieses Handwerk freilich erst durch den Erlass einer Hafnerordner im Jahr 1486. Voraussetzung für das Ausüben des Handwerks war der Erwerb des Bürgerrechts, die eheliche Geburt und die Entrichtung von 18 Schilling Pfennig und 2 Pfund Wachs (im Wert von 80 Pfennigen) an das Handwerk. Bei einem Hafnersohn, der das Handwerk von seinem Vater übernahm, und bei einem Hafner, der die Witwe oder die Tochter eines Meisters heiratete, verringerte sich diese Gebühr auf 6 Schilling Pfennig und 1 Pfund Wachs. Wollte jemand das Hafnerhandwerk erlernen, so musste auch er ehelich geboren sein und 5 Schilling Pfennig und 2 Pfund Wachs an das Handwerk entrichten.

Wie die anderen Handwerke bildeten auch die Hafner eine eigene Zunft, an deren Spitze die beiden Kerzenmeister standen. Die hiesigen Hafner bezogen ihre Rohstoffe zum größten Teil aus Lehmgruben südlich von Ingolstadt (Kothau). Sogenannte Meisterstücke kannten die Hafner hier nicht. Erst in einem Zusatz zur Handwerksordnung wurde 1537 bestimmt, dass künftig nach dem Vorbild der Münchner Hafner auch in Ingolstadt Meisterstücke zu fertigen seien. Vorgeschrieben waren dabei ein „Essigkrug bei 21 Maß" (ca. 22 ½ Liter) und ein „enger Literkrug bei 6 Maß" (ca. 6 ½ Liter), beide innen und außen „verglast", und ferner ein Ofen mit „überschlagenen Kacheln", zwei „Gesimsen" und einem „Krantzel". Hatte der junge Meister seine Prüfung bestanden, musste er seinen Meisterkollegen 4 Schilling Pfennig als Trinkgeld geben.

Die Hafner waren ein wichtiges und notwendiges Gewerbe, fertigten sie doch Gegenstände, die der Mensch zum täglichen Leben brauchte, wie z.B. Essgeschirr, Töpfe, Pfannen, Krüge, Schüsseln, Backformen, aber auch Nachtgeschirr und Ofenkacheln. Trotzdem gehörten die Hafner ursprünglich zu den eher ärmeren Berufen und gelangten kaum zu einigem Wohlstand. Erst im ausgehenden 18. Jahrhundert, nachdem sich die Zahl der Gerechtigkeiten auf vier reduziert hatte, gelang es einigen Familien, zu Ansehen und Reichtum zu kommen. Zeitweise besaß eine Familie auch zwei Gerechtigkeiten.

Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein gab es in Ingolstadt noch vier Hafnereien, ab der Jahrhundertwende noch zwei, die bis 1918 selbst gefertigtes Geschirr verkauften. Seit den frühen 60er Jahren ist lediglich eine Hafnerfamilie übriggeblieben. Namen wie Göltl und Bleimeier im 19. Jahrhundert und erst recht Aurbach seit Mitte des 18. Jahrhunderts sind vielen auch heute noch ein Begriff.

Kupferstraße 17: Auf diesem Anwesen befand sich seit Anfang des 17. Jahrhunderts eine Hafnergerechtigkeit. Ab 1754 ging hier die Hafnerfamilie Aurbach ihrem Handwerk nach. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Familie Bleimeier auf dem Anwesen ansässig, um die Hafnerei bis über die Mitte des 20. Jahrhunderts auszuüben.

Tafeltext im Stadtmuseum Ingolstadt


Anmerkung:
1 Schilling Pfennig = 12 Pfennige; 1 Pfund Pfennig = 240 Pfennige.
In Bayern galten im Mittelalter als Zahlungsmittel nur Pfennige. Schilling und Pfund waren Rechnungseinheiten, um eine grüßere Menge von Pfennigen zu benennen.
Heute kennt man als Zähleinheit noch das Dutzend zu 12 Stück. (KS)
Siehe auch: Geldgeschichte in Bayern - Ein Überblick


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