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Texte im Stadtmuseum Ingolstadt - Raum 38
Modell des Dachstuhles der Liebfrauenkirche

Dachwerk des Münsters 1491/92

Das Dachwerk des Münsters zählt zu den größten mittelalterlichen Dachwerken Süddeutschlands, übertrifft fast alle anderen süddeutschen Dachwerke an Mächtigkeit und ist dem nicht mehr erhaltenen Dachwerk von St. Stephan zu Wien vergleichbar, das als das größte mittelalterliche Dachwerk über einem Sakralbau gilt.
Das spätgotische Dachwerk wurde 1491/92 errichtet, als die Kirche noch als reine Hallenkirche mit drei gleich hohen Schiffen galt. Das in großen Mengen verwendete Eichenholz wurde 1491 gefällt und noch in saftfrischem Zustand verarbeitet.
Die Konstruktion überspannt eine Gesamtbreite von über 31 m und weist eine Höhe von 25 m auf. Erst im Zuge der Einwölbung 1503/04 durch Hans Rottaler wurde das Mittelschiff 5 m höher geführt (Staffelhalle), was Änderungen im Dachwerk für den Bereich des Mittelschiffs zur Folge hatte. 1851 wurden neue Sicherungskonstruktionen eingebaut.

Stadtmuseum Ingolstadt. Foto: Kurt Scheuerer

Das Modell im Maßstab 1: 50

Der Dachstuhl der Liebfrauenkirche ist das erste und bisher einzige mittelalterliche Dachwerk Ingolstadts, das wissenschaftlich untersucht und aufgemessen wurde. Die 1974 vorliegenden Ergebnisse lieferten die Unterlagen für das hier gezeigte Modell.
Durch das Aufschneiden der südlichen Dachhälfte und durch das Weglassen der westlichen Giebelwand blickt der Betrachter nicht nur in einen Wald von handbehauenen Eichenbalken, die sich über sieben Geschosse erstrecken (im Dachstuhl sollen ca. 7000 Bäume verarbeitet sein, die nach dendrochronologischen Untersuchungen im Jahr 1491 geschlagen wurden), sondern er gewinnt auch einen Eindruck von dem hohen technischen Stand mittelalterlicher Dachkonstruktion und Zimmermannskunst.
Darüber hinaus wird durch den freien Blick auf die Gewölbeabdeckung der jetzigen dreischiffigen Staffelhalle des Münsters deutlich, welche Veränderungen der Dachstuhl erfuhr (im Modell durch die Verwendung dunkleren Holzes hervorgehoben), als das Mittelschiff 1503/04 neu gewölbt, um fünf Meter höher als die Seitenschiffe gezogen wurde und gleichsam in den bereits bestehenden Dachstuhl hineingebaut wurde. Spätere Sicherungsmaßnahmen, u.a. die Verwendung eiserner Zuganker, sollten den Druck des Dachwerkes und vor allem der Sparren auf die Außenmauern verringern.

Stadtmuseum Ingolstadt. Foto: Manfred Scheuerer
Stadtmuseum Ingolstadt. Foto: Kurt Scheuerer
Im Modell ist sehr schön die Aufteilung in das gewaltige Satteldach und ein zeltartiges Walmdach über dem Ostchor zu erkennen.
Das Hauptdachwerk wird durch 17 Normalbinder, zwei reduzierte Binder im Bereich der Turmanschnitte und 1 Anfallsbinder gegliedert, an den sich der Walm anschließt, der aus 9 halben Walmdachbindern besteht.

Das Modell, das aus Lindenholz gearbeitet ist, erforderte das passgenaue Zuschneiden mehrerer Tausend Bauteile und das Zusammenfügen mittels winziger Holzstiftchen in mühsamer Handarbeit. Es wurde teils in den Werkstätten des Stadtmuseums und teils durch den Modellbauer Rudolf Alfa in Neuburg/Do. gefertigt.

Tafeltext im Stadtmuseum Ingolstadt
Fotos: Kurt Scheuerer und Manfred Scheuerer


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