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Anmerkungen zur Antike
Christenverfolgungen in der römischen Kaiserzeit

 
Die Christen hatten sich niemals formell für ihren Glauben um den Status einer religio licita bemüht.
"Deshalb gerieten sie leicht in Gefahr, der Gehorsamsverweigerung, des sacrilegium und des Majestätsverbrechens bezichtigt zu werden, und dies desto mehr, je obligatorischer der Kaiserkult wurde." (Colpe, Prof. Dr. Dr. Carsten, Göttingen, in: Der Kleine Pauly, Bd. 1, S. 1161-1164.)

"Es war zunächst das Gesetz wegen Hochverraths (lex Julia maiestatis), welches durch Empörung und aufrührerische Reden verletzt wurde; dann konnten sich Christen des Sacrilegium schuldig machen, indem sie den Göttern und dem Genius des Kaisers zu opfern sich weigerten.
Beide Anklagen vernichteten die Privilegien der Freien, so daß diese den Sklaven gleichgestellt und der Tortur, dem Kreuz, der Feuerstrafe, der Degradation unterworfen waren."
"Der Genuß des Weines beim Abendmahle stellte die Frauen nach damaligen Begriffen Ehebrecherinnen gleich." (Alzog, Dr. Johannes, Handbuch der Allgemeinen Kirchengeschichte, 1882, Bd. 1, S. 168-169.)

Traian empfahl, nach Anfrage, nicht nach den Christen zu fahnden.
"Der Linie Traians folgten Hadrian und Antoninus Pius, während unter Marc Aurel und Commodus die lokalen Behörden, häufig provoziert durch die katastrophale Lage des Imperiums ... jederlei Denuntiation begünstigten und daraufhin so häufig wie möglich die Todesstrafe verhängten." (Colpe, Prof. Dr. Dr. Carsten, Göttingen, in: Der Kleine Pauly, Bd. 1, S. 1161-1164.)

"Der stoische Philosoph Markus Aurelius (161/80) erliess nach dem Apologeten Melito von Sardes ein Dekret, welches zur Aufspürung und zum Angeben der Christen seitens 'unverschämter Angeber' Veranlassung bot. »Den Kult der Götter stellte er sorgfältig wieder her«."
"Gegen Ende seiner Regierung soll der Kaiser die Verfolgung eingestellt haben infolge seiner und seines Heeres wunderbarer Rettung im Markomannenkriege (174?). Die Heiden schrieben dieselbe dem Gebete des Kaisers, die Christen (und auch der Kaiser nach Tertull.) dem Gebete der christlichen Soldaten zu (Legio fulminae?). Eine Bildsäule zu Rom und Münzen feierten den Kaiser als Retter." (Marx, J., Lehrbuch der Kirchengeschichte, Trier 1913, S. 61.)

"Erst Septimius Severus brach prinzipiell mit der Praxis der vereinzelten Christenprozesse, die von Traian bis Commodus befolgt worden waren: angesichts der wachsenden Ausbreitung des Christentums verbot er es ... im Jahre 201/02 (H.A. Sev. 16,9)."
Zunächst wurde dieses Edikt wohl nur vereinzelt angewandt, doch "wurde seine Bedeutung verschärft durch die Constitutio Antoniana, mit der Caracalla 212 allen freien Untertanen im Reich das Bürgerrecht gewährte; ... (es) bestand von nun an leichter die Möglichkeit, ihr Bekenntnis, das nicht mehr überwiegend das von peregrini war, als crimen maiestatis minutae zu werten." (Colpe, Prof. Dr. Dr. Carsten, Göttingen, in: Der Kleine Pauly, Bd. 1, S. 1161-1164.)

"Aus dem Thronstreit, der nach der Ermordung des Commodus entbrannte, ging endlich Septimius Severus als Sieger hervor (193-211).
Von einem Christen Namens Proculus durch Oel von einer Krankheit geheilt, war er anfangs den Christen wohlgesinnt und nahm sie sogar gegen die Wuthausbrüche des rasenden Pöbels in Schutz.
Diese Gesinnung änderte sich seit 197, von wo an in Rom und im proconsularischen Afrika (namentlich seit 200) durch die Behörden und den fanatischen Pöbel zahlreiche Blutthaten an den Christen verübt wurden.
Noch schlimmer war die Lage, als der Kaiser im Jahre 202 den Uebertritt zum Christenthum unter schwerer Strafe verbot. Es wüthete nun durch alle Provinzen eine so blutige Verfolgung (fünfte große), daß manche die Zeit des Antichrists gekommen glaubten. Die eingehendsten Berichte haben wir über Aegypten, Afrika und Gallien."
"Die Verfolgung überdauerte an einzelnen Orten die Regierung des Septimius Severus, doch ohne Zuthun seines Sohnes Caracalla (211-217), der den Christen nicht unfreundlich gesinnt war. ...
Auch der Verwandte Caracallas, Avitus Bassianus oder Elagabal (218-222), in Syrien geboren und schon als Knabe in den Sonnendienst eingeweiht, zeigte sich gegen die Christen tolerant; allein sein Plan einer Religionsmengerei wäre ihnen sicher gefährlich geworden, falls er länger gelebt hätte."
Auf ihn folgte der edle Alexander Severus (222-235), dessen Wohlwollen gegen die Christen heidnische wie christliche Autoren bezeugen. Von seiner Mutter Julia Mammäa berathen, war er Eklektiker wie sie. Er stellte in seinem Lararium das Bild Christi neben den Statuen Abrahams, Orpheus' und anderer von ihm verehrten Männer auf und liebte biblische Sprüche (Matth. 7,12. Luc. 6,31). Unter ihm wagten die Christen sogar, an einem öffentlichen Ort eine Kirche zu bauen, und der Kaiser wies die hiergegen klagenden Garköche ab. Ein Toleranzedict aber erließ er nicht, so daß auch unter ihm Verurtheilungen von Christen seitens einzelner Beamten vorkommen konnten." (Knöpfler, Alois, Lehrbuch der Kirchengeschichte, 1898, S. 57-58.)
"Der edle Alexander Severus (222/35), geleitet durch seine Mutter Julia Mammäa, die Gönnerin des Origenes, zeigte sich christenfreundlich und betrachtete das Christentum als berechtigte Form der Gottesverehrung; das Bild Christi stellte er neben dem des Abraham, Orpheus und Apollonius von Thyana in seinem Lararium auf. Den christlichen Spruch: Was du nicht willst, dass dir geschehe, tue keinem andern, liess er in seinem Palaste anbringen." (Marx, J., Lehrbuch der Kirchengeschichte, Trier 1913, S. 62.)

"Auf Alexander Severus folgte sein Mörder Maximinus der Thracier (235-238), der alle Freunde seines Vorgängers, daher auch die Christen verfolgte." (Sechste große). (Knöpfler, Alois, Lehrbuch der Kirchengeschichte, 1898, S. 57-58.)

"... in den Edikten des Decius 249, der seinem vielbeschäftigten illyr. Heer eine Zivilbevölkerung vorweisen mußte, die in angestrengter Konformität mitarbeitete und sich durch eine allgemeine supplicatio an die römischen Götter zur Reichseinheit bekannte.
Erst von jetzt an kann man von einer Verfolgung im Sinne »der automatischen, darum ständigen polizeilichen und richterlichen Aktion« sprechen. (Colpe, Prof. Dr. Dr. Carsten, Göttingen, in: Der Kleine Pauly, Bd. 1, S. 1161-1164.)

Fotos: Kurt Scheuerer, 2002


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