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Ingrid Eiden:
Fleißers Ingolstadt - eine literarische Topographie

 
Fleißers Ingolstadt - eine literarische Topographie
Sonderausstellung vom 22. November 1996 bis 6. Januar 1997
im Stadtmuseum Ingolstadt, Kavalier Hepp


Marieluise Fleißer 1901-1974

Im Leben und Werk der Dichterin Marieluise Fleißer, geboren am 23. November 1901 in Ingolstadt und am 2. Februar 1974 dort gestorben, spielt die Heimatstadt eine zentrale Rolle. In Ingolstadt verbrachte Marieluise Fleißer über sechzig ihrer 72 Lebensjahre, hier spielen ihre bekanntesten Stücke, ihr Roman und mehrere Erzählungen. Die Provinz mit ihren Menschen, die kleinbürgerliche Welt der Handwerker, Soldaten, Schüler und Dienstmädchen ist Thema und Nährboden für viele ihrer Stücke. Aus ihrer bayerischen Verwurzelung kommt die Kraft ihrer Sprache.
Im zentralen Raum der Ausstellung begegnen wir Marieluise Fleißer persönlich als Bürgerstochter und Geschäftsfrau, als Dichterin und Liebende.

Marieluise Fleißer Wir können etwas über ihre Herkunft, Ihr Elternhaus in der Kupferstraße 18 und über ihre Kindheit erfahren. Straßen, Plätze, Häuser und Menschen prägen sich der auch zeichnerisch begabten Marieluise Fleißer in besonderer Weise ein. Diese Bilder nimmt sie mit, als sie in Regensburg das Gymnasium und später in München die Universität besucht.
Nach ihrer Rückkehr erscheinen ihr Ingolstadt und das Elternhaus zu eng. Ihr zunächst sehr erfolgreicher Ausbruchsversuch aus der Provinz ins Berlin der zwanziger Jahre und in die literarische Avantgarde um Bertolt Brecht endet jäh mit dem sogenannten Pioniere-Skandal. Brecht hatte 1929 ihr Stück "Pioniere in Ingolstadt”, das in erster Linie die Beziehungen der Soldaten zu ihren Mädchen beschreibt, als Provokation gegen das Militär inszeniert. Marieluise Fleißer wird zur unerwünschten Person am Ort ihrer Herkunft.
Weitere Fluchtversuche scheitern. Männer, die sie liebt, nützen sie aus oder spielen mit ihr. Sie schreibt Erzählungen, in denen man ihre Verletzungen erkennen kann. Alle diese Erlebnisse werfen sie auch immer wieder nach Ingolstadt zurück, wo sie sich schließlich in der Ehe mit dem Tabakwarengroßhändler Josef Haindl eine Art von Schutz erhofft. Wider Willen wird sie aber zur Geschäftsfrau mit vielfältigen Pflichten.
Dadurch endet beinahe ihr Leben als Dichterin. Während des Krieges verstummt sie ganz wegen des Schreibverbots durch die Nationalsozialisten. Ihre Neuentdeckung beginnt dann Ende der sechziger Jahre durch Fassbinder. Da aber hat sie sich längst entschlossen, für immer in Ingolstadt zu bleiben. Die topographischen Gegebenheiten und persönliche Erlebnisse werden zur Dichtung.


Helmut Bauer hat in enger Fühlungnahme mit den Texten Marieluises Fleißers die Ingolstadt-Motive für die Ausstellung neu fotografiert. Es entstand eine eindrucksvolle Begegnung mit der Dichterin und einem wesentlichen Teil ihres Werkes.

Zu den wichtigsten Werken, die auf Ingolstadt Bezug nehmen oder deren handelnde Personen im weitesten Sinne auf "Ingolstädter Vorbilder” zurückgehen, gehören:

Stücke:
  • Fegefeuer in Ingolstadt 1924 (erste Fassung: Die Fußwaschung)
  • Pioniere in Ingolstadt 1928
  • Der starke Stamm 1949
Roman:
  • Mehlreisende Frieda Geier 1931 (späterer Titel: Eine Zierde für den Verein)
Erzählungen:
  • Die Dreizehnjährigen 1923
  • Stunde der Magd 1925
  • Des Staates gute Bürgerin (erste Fassung: Das kleine Leben) 1928
  • Gassenbesen in Ingolstadt 1929/30
  • Als wir auf das Christkind warteten 1930
  • Radfahren wider Willen 1933
  • Das Pferd und die Jungfer 1949
  • Kinderland 1950
  • Die letzten Tage und die ersten 1963/64
  • Der Rauch 1964
  • Die im Dunkeln 1965
  • Der Venusberg 1966
  • Eine ganz gewöhnliche Vorhölle 1972
  • Ich ahnte den Sprengstoff nicht


Veranstaltungen 1996

22. November 1996, 18 Uhr
Eröffnung der Ausstellung im Stadtmuseum:
Dr.Gérard Thiériot, Université de Clermont-Ferrand
Marieluise Fleißer - eine deutsche Passion
Stadtmuseum Ingolstadt, Barocksaal

23. November 1996, 11 Uhr
Gründungsversammlung im Stadtmuseum:
Marieluise-Fleißer-Gesellschaft
Alle literarisch Interessierten nicht nur Ingolstädter können Mitglieder werden und sind zu dieser Versammlung eingeladen.
Stadtmuseum Ingolstadt, Barocksaal

23. November, 14 Uhr
Fleißers Ingolstadt eine Führung durch die Heimatstadt der Dichterin
Treffpunkt an der Museumskasse des Stadtmuseums

24. November 1996, 11 Uhr
Eröffnung der Ausstellung in der Marieluise-Fleißer-Bücherei:
Ingolstädter Künstler zu Marieluise Fleißer
Gast Mannes, Literaturarchiv Luxemburg
"Das Buch, das nicht ging”
Stadtbücherei, Marieluise-Fleißer-Bücherei, Hallstraße

6. Januar 1996, 18 Uhr
Vortrag anläßlich der Finissage
Ana Feiner-Zalac: Lebensparallelen Marieluise Fleißer und bildende Künstlerinnen
Stadtbücherei, Marieluise-Fleißer-Bücherei, Hallstraße

Text: Ingrid Eiden


Siehe auch:


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