Logo Kurt Scheuerer, Ingolstadt Wissensspeicher zur Geschichte von Ingolstadt  
Anmerkungen zur Antike
Herausragende Frauenpersönlichkeiten der Antike

 
In Shakespeares Sommernachtstraum erfahren wir viel über die Situation der Frau in der altgriechischen Gesellschaft. Sie war auf ihren häuslichen Bereich beschränkt, das Mädchen wurde nach dem Willen des Vaters verheiratet. Diese Situation ist im vorderen Orient heute noch durchaus üblich.
Ein solches äußerliches Bild sagt jedoch nicht viel über das Selbstverständnis der Frauen aus. Tieferen Einblick könnten dazu die antiken Mythen und Sagen geben.


Die Schöpfung

Es gibt viele Versionen über die Erschaffung der Welt, herausgegriffen sei diejenige von Hesiod: Aus dem Chaos heraus entsteht die Welt des Gegenständlichen, die Erde, und der alles bewegende innere Antrieb, Eros. Die Erde gebiert den Himmel und mit diesem dann die Titanen, die antiken Götter. Zunächst gebiert das Weibliche aus sich heraus, dann erst mit Hilfe des zeugenden Mannes.

Die sumerische Mythologie berichtet Vergleichbares.
Die Götter beschließen, den Menschen zu schaffen:

»Sie riefen die Göttin, fragten die Hebamme der Götter, die weise Mami:
"Du bist der Mutterleib, der die Menschheit erschafft, erschaffe den Urmenschen, daß er das Joch auf sich nehme! ..."
Nintu öffnete ihren Mund und sprach zu den großen Göttern:
"Mit mir (allein) ist es nicht tunlich, (etwas) zu tun: nur mit Enki zusammen ist es ein Werk!
Er reinigt Jegliches; er gebe mir den Lehm, dann will ich (es) tun!"«
Nach einer Teilübersetzung des Atramhasis-Mythos von: W. Soden, MDOG 111, 1979.

Auch hier verstand die Göttin es in ferner Vorzeit offenbar zunächst allein, Leben zu schaffen, in historischer Zeit jedoch war hierzu auch noch ein männlicher Gott zusätzlich von Nöten.


Die Himmelskönigin

Die sumerische Inanna war Himmelskönigin, ihre Schwester Ereschkigal die Herrin der Unterwelt - ein Verdoppelung? Und damit einhergehend eine Halbierung der Macht?
Inanna gab sich offenbar damit nicht zufrieden:

»Von dem »Großen Oben« auf das »Große Unten« richtete sie ihren Sinn, ...
Inanna verließ Himmel und Erde, ...
In die Unterwelt stieg sie hinab. ...

Da sie das siebente Tor betrat,
Das Pala-Gewand der Herrscherin wurde ihr von den Gliedern genommen.
Tief gebeugt, wurde sie nackt vor Ereschkigal gebracht.

Die reine Ereschkigal setzte sich auf ihren Thron,
Die Anunnaki, die sieben Richter, sprechen Recht vor ihr,
Sie richtete ihren Blick auf sie, ihren Todesblick,
Sprach das Wort gegen sie, das Zorneswort,
Stieß den Schrei gegen sie aus, den Schrei der Verdammnis.
Die kranke Frau wurde zum Leichnam,
Der Leichnam wurde an einen Nagel gehängt. ...

Inanna wurde mit Hilfe der Götter wieder zum Leben erweckt und befreit, musste jedoch einen anderen Gott an ihrer Stelle in die Unterwelt schicken. Sie ging in ihre Stadt zu ihrem Gemahl:

Dumuzi legte ein edel Gewand an, er saß hoch auf seinem Thronsitz.
Die Dämonen packten ihn bei den Schenkeln ...
Sie (Inanna) richtete den Blick auf ihn, den Todesblick,
Sprach das Wort gegen ihn, das Zorneswort,
Stieß den Schrei gegen ihn aus, den Schrei der Verdammnis:
»Ihn schleppt davon!«
Die reine Inanna gab den Hirten Dumuzi in ihre Hände.
Kramer, Samuel N. Geschichte beginnt mit Sumer. 1959. S. 121-129.

Inanna herrschte in ihrem eigenen Bereich allein. Dem Mann wurde es nicht gestattet, ihre Position einzunehmen.


Hera, die griechische Himmelskönigin, war dagegen bereits Teil einer partnerschaftlichen Beziehung. Sie gebot über den inneren Bereich des Lebens, die Familie, Zeus über den äußeren, das politische Leben der Staatsgemeinschaft. Beider Zusammenwirken bürgte für die Ordnung in der Welt:
... ich, die stolz der Göttinnen Erste sich rühmet,
Zwiefach erhöht, durch Geburt, und weil ich deine Genossin
Ward ernannt, der du mächtig im Kreis der Unsterblichen waltest, ... (Ilias)

Gegen den Willen Penelopes hatten sich nach zwanzigjähriger Abwesenheit ihres Ehemannes Odysseus die Freier in ihrem Haus versammelt. Sie hielten das Haus besetzt, aßen das Vieh des Odysseus und vergewaltigten die Mägde. Als Odysseus zurückkehrte, beschloss er, sie alle zu töten. Und als er den Bogen gespannt hatte, ertönte der Donner des Zeus, das Zeichen, dass dieser als Hüter der Gastfreundschaft, mit der Bestrafung einverstanden war. Zeus stand hier auch Hera gegenüber in der Pflicht, da deren weiblicher Bereich in Bezug auf Penelope verletzt worden war.

Als wie wichtig damals ein erfülltes eheliches Leben angesehen wurde, zeigt die Erzählung, in der Hera Aphrodite überredet, ihr den Zaubergürtel zu leihen:

»Gib mir den Zauber der Lieb' und der Sehnsucht, welcher dir alle
Herzen der Götter bezähmt und sterblicher Erdebewohner!
Denn ich geh' an die Grenzen der nahrungsprossenden Erde,
Daß ich den Vater Okeanos schau und Tethys, die Mutter,
Welche beid' im Palaste mich wohl gepflegt und erzogen, ...
Diese geh ich zu schau'n und den heftigen Zwist zu vergleichen.
Denn schon lange Zeit vermeiden sie einer des anderen
Hochzeitbett und Umarmung, getrennt durch bittere Feindschaft.
Könnte ich jenen das Herz durch freundliche Worte bewegen,
Wieder zu nah'n dem Lager, gesellt zu Lieb' und Umarmung,
Stets würd' ich die teure geehrteste Freundin genennet.« (Ilias)

Bei der Erziehung der jungen Mädchen war die innere Hinwendung zu Hera eine wesentliche Hilfe, ihrer späteren Aufgabe als Leiterin einer Familie und eines Hausstandes gerecht werden zu können.

Komme mir, erhabene Hera, nahe,
du, voll Anmut,
stattlich und schön gewachsen,
...
... heut auch bringen die Bürger dir
nach uralter Sitte reine Opfer,
tragen die Mädchen dir
ein schönes Kleid ...
...
Keinen Reigen, kein Opferfest,
auch kein frohes Beisammensein
gab es,
dem wir die Teilnahme je versagt,
...
Sappho, um 600 v.Chr. Übertragung: Dietrich Ebener. In: Griechische Lyrik. Berlin und Weimar 1980. S. 107.


Frauen im öffentlichen Leben

So viel Wert auf den häuslichen Bereich der Frau auch gelegt wurde, so gab es doch auch allseits anerkannte Wissenschaftlerinnen und Politikerinnen.
 
Dem Pythagoras wurde eine Ehefrau, Theano, angedichtet, die angeblich seine Lehre und Lebensführung bewahrt und fortgeführt haben sollte. Einige pythagoräische Lehrsprüche sind dieser Philosophin zugeschrieben worden.
 
Hypatia, eine neuplatonische Philosphin aus Alexandria, 370-415, Tochter eines Astronomen und Mathematikers, hielt Vorlesungen über Platon, Aristoteles und andere Philosophen, und verfasste Kommentare zu mathematischen Werken. Einer ihrer Schüler Synésios von Kyrene trat zum Christentum über und wurde Bischof von Ptolemaïs. In Verdacht geraten, einer Versöhnung zwischen Kirche und Ortspolitik hemmend entgegen zu stehen, wurde sie vom christlichen Pöbel zerstückelt.

Die Eigenwilligkeit Kleopatras ist hinlänglich bekannt. Auch Frauen römischer Kaiser hielten Macht durch Intrigen oder durch Wissen in ihren Händen.
 
Der römische Legat in Syrien Septimius Severus entnahm seinem Horoskop, dass die Heirat mit der Tochter eines reichen syrischen Baals-Priesters, Iulia Domna, seinen Berufschancen förderlich sei. Diese war reich, hübsch und sehr gebildet. Als ihr Mann 193 n.Chr. römischer Kaiser geworden war, umgab sie sich gerne mit Wissenschaftlern, Literaten und Philosophen. Sie selbst identifizierte sich mit Juno, der Bewahrerin der fraulichen Tugenden.
 
Unter den antiken Frauen ragt Sappho, die Leiterin eines Internats in Mytilene, heraus. Zu ihr wurden die jungen Mädchen gebracht und blieben in ihrer Obhut bis zur Verheiratung. Zu diesen Hochzeitsfeierlichkeiten wurde von Sappho jeweils ein passendes Lied verfasst, wie uns überlieferte Bruchstücke zeigen:
Glücklicher Bräutigam,
ganz vollzogen wurde die Hochzeit,
wie du sie wünschtest;
du hast das Mädchen, das du begehrtest. ...
Sappho, um 600 v.Chr. Übertragung Dietrich Ebener. In: Griechische Lyrik. Berlin und Weimar 1980. S. 107.
Und sie lobpreist die inmitten ihrer Freundinnen hervorstechende Braut beim Hochzeitsmahl:
Zwar die Sterne bergen ihr lichtumstrahltes
Antlitz, um den herrlichen Mond versammelt,
wenn er, vollgeworden, am hellsten funkelt
über die Erde, ... der silbrige ...
Sappho, um 600 v.Chr. Übertragung Dietrich Ebener. In: Griechische Lyrik. Berlin und Weimar 1980. S. 107.
Sapphos Lyrik spiegelt ihr inniges Verhältnis zur Schönheit, zur Lebensfreude, ihre Verehrung der Anmut wieder. Hier sind Mensch, Natur und Metaphysisches eine dauernde, sich ständig durchdringende Verbindung eingegangen.
 
Vergleichbares wird auch in der japanischen Weltsicht erkennbar. Eine durch ihre Lyrik herausragende Frau war die Hofdame Izúmi um 1000 n.Chr.
Das ist nun der Mond,
eine Nacht lang betrachtet.
Was hats geholfen?
Herz, es will sich nicht lösen.
Auge, es blickt ins Leere.
Gundert, Wilhelm. Lyrik des Ostens. München, Wien 1978.

Kurt Scheuerer, 1998


Siehe auch:

Impressum - - - Nachricht an den Gestalter der Seiten: Kurt Scheuerer
Zur Auswahl Stadtmuseum Ingolstadt - - - Zur Hauptauswahl Wissensspeicher Ingolstadt