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Sagen aus der Ingolstädter Partnerstadt Manisa, Türkei
Midas

 
Von Manisa aus gelangt man in einer einstündigen Autofahrt unschwer in das alte Sardes, die einstige Hauptstadt des Königreiches Lydien. Man fährt dabei durch die Ebene des Gediz-Flusses und quert kurz vor Sardes den Fluß Sart Cayi oder Ecelkapiz Deresi - den man seinerzeit, in der Antike, Paktolos nannte, in dem der sagenhafte König Midas Erlösung fand. Und das kam so:

Einst zog der Gott des Weines, Dionysos mit seinem Freund, dem alten Seilenos und einer Schar berauschter und tanzender Bakchantinnen lärmend, lachend, musizierend durch die Lande, um die Menschen die Kunst des Weinbaus zu lehren. So kamen sie auch in das Land des reichen Königs Midas in Phrygien. Es war heiß, dem alten, wohlbeleibten und trunkenen Seilenos fiel das Laufen schwer. Er blieb hinter der jungen Gesellschaft zurück, legte sich unter einen schattigen Rebstock und schlief ein, indes die anderen weiterzogen, ohne sein Fehlen zu bemerken. Die Bauern des König Midas fanden und erkannten den lauthals Schnarchenden, lachten über seine glühende Nase und sein weinrotes Gesicht, bekränzten seinen kahlen Kopf, Hals und Arme mit Blumen, hoben Seilenos auf ihre Schultern und brachten ihn unter Gesang und Händeklatschen zu Midas. Der freute sich, den Freund des Gottes Dionysos aufnehmen und bewirten zu können und rüstete ein Fest, das zehn Tage und zehn Nächte dauerte. Dann brachte König Midas persönlich seinen Gast in seinem königlichen Wagen, feierlich von seinem Gefolge geleitet, zu Dionysos zurück. Der sprach: "Sprich einen Wunsch aus, ich will ihn dir gewähren, weil du meinem lieben Seilenos Gastfreundschaft gewährt hast."

Midas besann sich nicht lange (weil er schon einen Wunsch bei sich hegte) und sagte mit lodernder Habgier: "Ich bitte dich, laß alles, was ich berühre, zu Gold werden". Dionysos hob die Augenbrauen, sah den törichten König mitleidig an, erfüllte aber seinen Wunsch, weil er es versprochen hatte. Mit überschenglichen Dankesworten zog Midas von dannen. Schon auf dem Rückweg wollte er die neugewonnene Zauberkraft seiner Hände erproben: er brach einen Eichenzweig ab und siehe, er verwandelte sich in glitzerndes Gold. Midas lachte vor Glück. Er ließ sich einen Stein reichen - er wurde zu Gold, als er ihn berührte. Als er in seinen Palast kam und die Hand an die Pfosten der Tür legte, erglänzten sie als lauteres Gold. Als er seine Hände wusch, wurde das Wasser zu flüssigem Gold.

Midas war hungrig geworden. Doch als er sich zum Mittagsmahl setzte, erstarrten Brot, Fleisch, Früchte, alles, was er berührte, selbst der Wein, zu Gold und der König erkannte, welch unseeligen Wunsch er ausgesprochen hatte. Verzweifelt faßte er sich an die Stirn und raufte sich die Haare. Stirn und Haare wurden golden. Da warf er sich auf die Knie, bereute seine Habgier und bat Dionysos, er möge ihn von seiner unheimlichen Zauberkraft befreien, sonst müsse er verhungern und verdursten. Der Gott hatte Erbarmen mit Midas und sprach: "Geh zur Quelle des Paktolosflusses und tauche dein Haupt dreimal in das heilige Wasser ....". So wurde Midas von dem Zauber befreit und erhielt sein früheres Aussehen zurück. Seitdem aber findet man im Sand des Paktolos Goldkörner, wovon noch die Rede sein wird.

 

Midas Eselsohren

Siebzig Kilometer von Manisa entfernt liegt die Hauptstadt des alten Königreiches Lydien am Fluß Paktolos, in dem König Midas sich die Haare wusch, um vom Fluch befreit zu werden, daß alles was er berührte, zu Gold wurde, was zwar seiner Habgier zu Gute kam, ihn andererseits aber daran hinderte, zu essen und zu trinken. Der Gott des Weines Dionysos hatte ihn von dieser unheimlichen Zauberkraft befreit. König Midas verließ sein Schloß. Er verachtete fortan Reichtum und Wohlleben. Er begab sich zu den Hirten in die Wälder und Berge, lauschte mit Entzücken dem Flötenspiel des Gottes Pan und weilte oft in dessen Gesellschaft. Er lobte Pans Spiel über alle Maßen und tat dies in seiner Torheit auch bei einem Wettstreit zwischen Pan und Apollon kund.

Pan hatte Apollon zum Wettstreit herausgefordert. Der Berggott Tmolos sollte dabei Schiedsrichter sein. Faune, Satyrn, Nymhen und Menschen fanden sich als Zuhörer ein. Zuerst blies Pan mit quäkenden Tönen eine Hirtenmelodie auf seiner Schilfflöte. Nur Midas lobte sein Spiel. Dann rührte Apollon die Leier. Es war wahrhaft himmlische Musik. Tmolos sprach ihm den Lorbeerkranz des Siegers zu. Alle klatschten Beifall - nur Midas nicht. Er sagte - so laut, daß Apollon es hören mußte - das Urteil sei ungerecht. Da trat Apollon, unsichtbar, hinter den Kritiker und zog ihn an den Ohren, bis sie lang und spitz wie Eselsohren wurden. Graue Haarzotteln wuchsen auf ihnen und Midas konnte die Ohren wie ein Esel bewegen. Als er merkte, was ihm geschehen war, bat er jammernd um Gnade, aber Apollon erhörte ihn nicht. Da flüchtete er voller Scham in die Wälder und bedeckte seine Schande mit einer hohen Mütze. Doch der Diener, der ihm die Haare schor, verriet das Geheimnis - auf ungewöhnliche Weise. Da er seinem König geschworen hatte, das Geheimnis nicht zu verraten, grub er am Ufer des Flusses ein Loch in den Sand und sprach hinein: "König Midas hat Eselsohren". Dann schüttete er das Loch wieder zu. Bald wuchs Schilf darüber. Wenn es aber der Wind bewegte, flüsterte es: "König Midas hat Eselsohren". So wußten es bald alle Leute und lachten über den bestraften Unverstand des Königs. Tatsache aber ist: seit sich der sagenumwobene Midas die Haare im Paktolos gewaschen hatte und sein Gold aus Haupt und Haaren fortgespült hatte, war Lydien ein sagenhaftes Goldland - ein Eldorado der Antike ... und Krösus wurde sein zweiter König ....

Die schönsten Sagen des klassischen Altertums aus der Ingolstädter Partnerstadt Manisa
Von Dr. Gerd Treffer, Ingolstadt, 2001

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