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06.09.2022

Eine Zeitzeugin berichtet

Projekt „Opfer des Nationalsozialismus in Ingolstadt“: Gespräche mit Charlotte Janis und Rita Prigmore

Mit Charlotte Janis besucht eine Nachfahrin der jüdischen Familie Hermann Anfang September Ingolstadt. Ihre Familie hatte bis 1938 fast 30 Jahre ein Bekleidungsgeschäft in der Donaustraße 6 betrieben. Hier wurde vor Kurzem ein Erinnerungsschild für die Familie Hermann angebracht.

Nach einem Empfang durch Bürgermeisterin Dorothea Deneke-Stoll und einem Besuch im Reuchlin-Gymnasium berichtet Charlotte Janis am Mittwoch, 7. September, um 18 Uhr in einer offenen Gesprächsrunde im Barocksaal des Stadtmuseums über die Geschichte ihrer Familie, unterstützt mit zahlreichen Fotos.

Am Donnerstag, 15. September, lädt das Stadtmuseum um 18 Uhr zu einem Zeitzeuginnen-Gespräch mit Rita Prigmore in den Barocksaal ein.
Die Begegnung mit der Zeitzeugin Rita Prigmore findet im Rahmen des Projekts „local history“ des Sinti Kultur- und Bildungsvereins Ingolstadt e. V. in Kooperation mit dem Projekt „Opfer des Nationalsozialismus in Ingolstadt“ am Stadtarchiv Ingolstadt statt und wird gefördert durch die Bundesstiftung EVZ („Erinnerung, Verantwortung, Zukunft“).

Bürgermeisterin Dr. Dorothea Deneke-Stoll wird die Veranstaltung mit einem Grußwort eröffnen. Moderiert wird das Gespräch von Agnes Krumwiede, freie Mitarbeiterin des Projekts „Opfer des Nationalsozialismus in Ingolstadt“ u. a. für die Opfergruppe der Sinti und Roma. Sandro Roy, selbst Sinto, der für seine Interpretation an der Violine internationale Erfolge feiert, wird den Abend musikalisch begleiten.
Die Veranstaltung wird gefördert durch die Stadt Ingolstadt.

Kurzbiografie von Rita Prigmore
Rita Prigmore, geborene Winterstein, und ihre Zwillingsschwester Rolanda wurden am 3. März 1943 in Würzburg geboren. Ein behandelnder Arzt der Mutter war Dr. Werner Heyde. Dieser war Professor für Psychiatrie und Neurologie an der Universität Würzburg, Direktor der Universitäts-Nervenklinik in Würzburg und ab 1939 mitverantwortlich für die Planung und Durchführung der sogenannten „Aktion-T4“-Morde. Heyde war gut bekannt mit Dr. Josef Mengele, der im Konzentrationslager Auschwitz grausame, medizinische Versuche an Zwillingen vornahm. Auch Heyde führte in Würzburg solche Experimente an Kindern durch. Kurz nach der Geburt wurden Rita und Rolanda ihrer Mutter Theresia Winterstein weggenommen. Bei dem Versuch, die Augenfarbe der Mädchen von blau in braun zu verändern, erlitten die Zwillinge schwerste Verletzungen. Rolanda verstarb nur wenige Wochen später. Rita überlebte die Tortouren, hat aber bis heute unter den gesundheitlichen Folgen zu leiden.

Rita heiratete in den USA und lebte dort für einige Jahre. Im Moment hält sie sich wieder in Würzburg auf. 2018 hielt Rita eine Rede in Auschwitz, in der sie sagte: „Die häufigste Frage, die junge Leute mir stellen, ist: Woher bekommst du die Kraft, deine Geschichte immer wieder zu erzählen? Die Antwort ist: Ich habe vergeben, aber ich werde nie vergessen, was geschehen ist!“