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Hafnerei-Ausstellung im Stadtmuseum Ingolstadt 2010
Priester und Gläubige

 
Interessant ist die Themenwahl des Hafners aus der Konviktstraße. Im Unterschied zu den bisher geläufigen Bildwerken mit religiösem Inhalt widmete sich der Ingolstädter "Künstler" überwiegend weltlichen Themen. Die wenigen religiösen Motive zeigen durchweg oberrheinische Einflüsse und Vorbilder.
Die Darstellung der Pietà geht auf die zentrale Gruppe des um 1460 datierten Kupferstichs der Beweinung Christi von Meister E.S. zurück. Das markante Motiv des abgewinkelt daliegenden rechten Arms Christi, ebenso wie das Betten des Leichnams auf das Gewand der Mutter findet erst mit diesem Stich größere Verbreitung. Inwieweit das Motiv direkt vom Stich übernommen wurde oder von dessen Rezeption in anderen Medien, bleibt offen. Ebenso kann die um 1495 geschaffene Holzskulptur der Beweinung Christi von Michel Erhart Pate gestanden haben. Weitere Vorbilder finden sich in Werken des Bildhauers Niclaus Gerhaert v. Leyden aus der Zeit um 1460-1470.

Nischenkacheln zeigen die Evangelisten, das Lamm Gottes oder den Heiligen Georg, ein besonders beliebtes Kachelmotiv. Die Popularität der Aufschrift "ihs" in gotischer Minuskel, umgeben von einem Strahlenkranz, geht auf den Heiligen Bernhardin von Siena (1380-1444) zurück. Sie steht für Jesus Christus und verbreitete sich in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts nördlich der Alpen. Die Öfen, für die diese Kacheln hergestellt wurden, zeigten weit verbreitete Motive und können in den Ingolstädter Klöstern, aber grundsätzlich auch an jeder anderen repräsentativen Stelle gestanden haben.

In der frühen Neuzeit werden Darstellungen aus dem Alten Testament und aus dem Leben Jesu beliebt. Die Prophetendarstellungen auf Kacheln und Bildplatten aus der Konviktstraße lassen sich in diesen religiösen Kontext einordnen. Sie passen aber ebenso zu den Evangelisten, die die Erfüllung der alten Weissagungen verkünden. Propheten können jedoch auch im Zusammenhang mit den humanistischen Bildungszielen einer Universität gesehen werden, wie möglicherweise eine Kranzkachel aus der alten Universität Erfurt mit zwei Schriftrollen tragenden Propheten.

Regelrechte Massenprodukte waren kleine Tonfigürchen, von denen in der Konviktstraße mehrere Model, in der Harderstraße zudem ein Kopffragment ausgegraben wurden. Wie an dem Fragment erkennbar, verwendete man für die Herstellung solcher Figuren gerne sehr fein gemagerte, weiß brennende Tonsorten, den sogenannten Pfeifenton. Im ausgehenden Mittelalter wurden besonders häufig Jesusknaben und Heiligenfigürchen hergestellt. Sie fanden vor allem in privaten Haushalten Verwendung. Die Großfiguren, die in der Konviktstraße ebenfalls hergestellt wurden, dürften dagegen für die Ingolstädter Kirchen bestimmt gewesen sein, wobei besonders an das nahe gelegene Münster zu denken ist.

Text: Dr. Gerd Riedel, 2010


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