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Hafnerei-Ausstellung im Stadtmuseum Ingolstadt 2010
Der Ofen

 
Die zentrale Einrichtung in der Werkstatt war der Ofen, der insgesamt zweimal erneuert wurde. Bereits beim Bau der Werkstatt wurde außerhalb ein weiterer, kleiner Ofen angelegt, der parallel zu allen Brennöfen bestand. Vom ältesten Brennofen haben sich nur wenige Reste erhalten. Die Ostwand des Werkstattgebäudes wurde mit einbezogen. Auffallend ist die enorme Größe des jüngsten Ofens mit 4,5 m x 2,5 m Innenmaß. Die Konstruktion ohne Feuerungsgrube und die Lage im Stadtgebiet setzen einen hohen Schornstein voraus. Die Öfen waren von diversen, unterschiedlich hoch liegenden Arbeitsbereichen aus zu erreichen.

Der Unterbau aller Öfen bestand aus Backsteinen, über dem die Ofenkuppel errichtet war.
Sie bestand aus zahlreich, noch im Fundgut vertretenen, einseitig eingedrückten und mit Lehm verstrichenen Tonröhren. Die Gefäße bildeten zusammen einen Halbbogen, der über ein Scheitelstück und einem zweiten Halbbogen ein geschlossenes Wölbsegment ergab. Das Scheitelsegment war aus zwei schon verformten Wölbgefäßen zusammengebaut.
Der Zusammenbau erfolgte ohne Gegendruck von der Innenseite her, indem die Anschlüsse der oberen Gefäße über der Wandung der unteren Gefäße ausgestrichen wurden. Diese Art des Zusammenbaus konnte in seinem rekonstruierten Ablauf nur dadurch erfolgen, dass das obere Gefäß in noch weichem, verformbaren Zustand auf das schon lederharte untere Gefäß aufmontiert wurde.

Die Brenngase wurden so geführt, dass sie das Brenngut in Richtung Rauchaustritt in horizontaler Richtung durchquerten und alle Bereiche des Ofens ausreichend erhitzen konnten. Das wurde einerseits durch einen sich zum Rauchaustritt hin verkleinernden Ofenquerschnitt erreicht. Andererseits war zu beachten, dass Heizgase umso schneller strömen, je größer der Steigungswinkel der Ofensohle ist, und dass die großen Töpfe näher zum Brenngitter, die kleinen zum Rauchaustritt hin gestapelt sind.

Den Warenraum schied ein Trennelement von dem ihm vorgelagerten Brennraum. Dieser Durchbrand sollte die Flammen aus dem Brennraum möglichst gleichmäßig in den Warenraum leiten. Die Ofensohle bestand zumeist aus verziegeltem und verdichtetem Lehm und war durch das Gewicht des Besatzes sowie wegen der Verschmutzung durch die herablaufende Glasur überfeuerter Gefäße in besonderem Maß reparaturanfällig.

Für das Einstapeln in den Ofen sind sogenannte Brennhilfsmittel oder Brennhilfen nötig. Diese können aus flachem Ziegelbruch oder aus eigens hergestellten Brennplatten bestehen. Sie sollen die Keramik daran hindern, durch ablaufende Glasur verunreinigt oder zusammen gebrannt zu werden. Um den Ofen unter Kontrolle zu halten, hatte der Hafner die Möglichkeit, Ziehproben mit aufgestrichener Glasur hinter Schaulöchern bereitzustellen.

Für den Erfolg der Töpferwerkstatt hinsichtlich differenzierter Farbigkeit, Gleichmäßigkeit des Brennergebnisses und Haltbarkeit des gesamten Ofens über einen längeren Zeitraum hin ist das Konstruktionsprinzip der Ofenwandung von entscheidender Bedeutung. Auf eine lange Tradition kann die Verwendung von Wölbtöpfen zurückblicken. Die gezielte Weiterentwicklung dieses Bauteils zeigt die herausragende Bedeutung des Brennofens in der Ingolstädter Konviktstraße hin zu einer kalkulierbaren, vom "Künstler" definierten und reproduzierbaren Farbigkeit von Gefäß und Baukeramik. Die Konstruktion der Wölbelemente als Wölbgefäße ohne Boden ist in dieser Weiterentwicklung als entscheidendes Element erkannt und eigens hergestellt. Innovativ sind die Ausbildung eines gesonderten Scheitelelements und die Verbesserung eines definierten Wölbradius durch eine statisch kraftschlüssigere Verbindung der Wölbgefäße untereinander.

Bemerkenswert ist die Verwendung von mit Stroh und Sägemehl abgemagertem Lehm als mehrlagigem Verstrich für die Oberfläche des gesamten Brennofens. Die Temperatur in der äußeren Isolierschicht muss so hoch gewesen sein, dass Teile dieser Schicht verziegelt erhalten blieben. Dies kennzeichnet den Ingolstädter Ofen in besonderer Weise. Der relativ hohe Energieverlust durch die geringe Stärke der Ofenwand spielte bei unserem Töpfer offenbar nur eine untergeordnete Rolle.

Text: Dr. Gerd Riedel, 2010


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