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Siegfried Hofmann:
Die jesuitische Wallfahrtskirche Allersdorf
Ein Beitrag zur Ausstellung: Die Jesuiten in Ingolstadt

 
Kirche Allersberg. Foto: Kurt Scheuerer
Mit dem Kloster Biburg kam auch die Wallfahrtskirche Allersdorf an das Jesuitenkolleg Ingolstadt. Der Orden hatte damit die Obsorge für den Wallfahrtsort übernommen.

Die mittelalterliche Kirche mit einem Turm des 18. Jahrhunderts auf dem "Frauenberg" war längst vor der Übernahme durch den Orden Wallfahrtskirche gewesen.
Das Gnadenbild Marias mit dem Jesuskind stammt von ca. 1510/1520.

1595 wurde in der Kirche der Altar der beiden Johannes (des Täufers und des Evangelisten) neu geweiht, 1598 ein zugehöriges Mesnerhaus ("domus aedituo") errichtet.

Neubau, 1600

Im Jahre 1600 kam es zu einem weitgehenden Neubau der Kirche, die als weiter und eleganter als die frühere gerühmt wurde, Herzog Wilhelm V. und seine Gemahlin schenkten am Tag nach der Weihe die Ausstattung für Altar und Priester.
1624 erbat General Tilly ein Bild der Allersdorfer Marienfigur.

Grotten, 1629

Als Dank für Verschonung vor der Pest gingen im Jahre 1629 so viele Spenden ein, daß mit ihnen und mit den Mitteln der Ingolstädter Jesuiten der Berg von Allersdorf in einem Rundgang sechs Grotten mit Statuen erhielt, die die Geheimnisse des christlichen Heils als »spectaculum« den Pilgern darboten.
Nun wurde der Allersdorfer Berg - wohl nicht ohne Einfluß oberitalienischer Vorbilder wie Varallo, Varese und Crea - zum »Monte sacro«, wobei die Grotten »theatra« der Erlösungsgeschichte wurden.
Damals wurde auch eine kleine Orgel geschenkt.

1633 wurde dann Allersdorf vom Kriegsgeschehen durch Plünderung in Mitleidenschaft gezogen.
1642 erhielt die Kirche eine neue Orgel.

Erneuerung, 1655

1654/1655 wurde eine tiefgreifende Erneuerung der Kirche vorgenommen. Diese habe einen derart neuen Glanz erhalten, daß man die Kirche nicht nur als wiederhergestellt, sondern als völlig neu habe betrachten können, vermerkte der Jahresbericht.
Der Turm wurde neu gedeckt.
Neu geschaffen wurde das Tabulat (die Decke), das Odeum (Oratorium), die Säulen, Schränke und Eisengitter.
Die Mauern und Wände erhielten ein neues Aussehen, vor allem die Decken und das Odeum erstrahlten in neuem Glanz, wobei goldene Rosen aus dem sonstigen Farbenspiel wie Sterne hervorgeleuchtet hätten.
Außerhalb der Kirche wurden die Friedhofsmauer wiederhergestellt, das Gebeinhaus restauriert, zwei Beichtsitze installiert, die steinerne Stiege auf der Abensberger Seite des Hügels neu errichtet, der den Pilgern dienende Weg um den ganzen Hügel geführt.
Ein Abensberger stiftete eine kostbare Fahne.

Quelle, 1687

1683 waren das Tor der Kirche erneuert und eine Madonna aus Ton angefertigt worden. Diese war auf der Vorhalle gestanden, wurde aber nun in eine fensterähnliche Nische der Mauer gestellt.
Zum Ausgleich für den Lichtverlust wurde ein weiteres Fenster eingebrochen.
1685 erhielt die Kirche dadurch, daß man die alten Fenster durch hellere ersetzte, mehr Helligkeit.
1687 wurden zwei kleine Kapellen an der steinernen Treppe wohl auf der Abensberger Seite errichtet, die eine im Aufstieg den Heiligen Drei Königen, die andere an der Quelle Maria geweiht.
Die Quelle war gefaßt, das Wasser wurde zu einem Brunnen geführt, wovon aus dieser heiligen Quelle getrunken wurde.
Der Weg zur Quelle wurde gepflastert und durch Stufen befestigt.

um 1700

Kirche Allersberg. Foto: Kurt Scheuerer
Die Marienstatue wurde als Gnadenbild bekleidet.
1692 wurde z.B. ein sehr wertvolles Kleid aus Seide gestiftet.
In jenem Jahre überzog man das Dach des Turms mit Platten aus Metall.
Im Jahr darauf, 1693, wurde wegen des großen Zustroms von Pilgern ein vierter Zugang geschaffen.
Der Turm wurde durch Maurer wiederhergestellt und erhielt ein neues Aussehen, das dem Kirchenbau einen nicht gewöhnlichen Glanz verliehen habe.
1699 wurde eine neue Barbarastatue erworben, zum Ersatz für eine ältere, die nach Regensburg geschickt wurde, von wo sie in die Oberpfalz ging.
Im Innern wurden 1710 die Wände getüncht und die Fenster und der ganze Chor stuckiert.
1711 wurde dann die Decke der Kirche stuckiert und freskiert.

Fresken, 1711

Das Freskenprogramm ist in den Litterae annuae erhalten:
Im Chor, dem wichtigsten Teil der Kirche, sei zu sehen, wie die himmlischen Geister der Unbefleckten Empfängnis dienten. Im Chorbogen erblicke man den Nährvater Christi, den heiligen Joseph, mit seinem Nährsohn. Das mittlere Bild zeige die in den Himmel aufgenommene Gottesgebärerin, von der heiligen Dreifaltigkeit mit dem dreifachen Diadem der Macht, der Weisheit und der Güte gekrönt. In rechtem Abstand davon seien Marienverehrer zu erblicken: die auf die Knie gefallenen Könige der Erde, die Völker, die Fürsten und die Richter der Erde, die Jungfrauen und Jünglinge, die Greise mit den Jüngeren, alle unter den Schutz der Himmelskönigin Fliehenden und von ihrem Mantel bedeckt zu werden Begehrenden. Auf beiden Seiten der Kirche werde den Beschauern die Reihe der Vorfahren und Verwandten Mariens mit den Symbolen vorgestellt. Darunter fänden sich Titel Mariens, aus den Litaneien entnommen. Hinten zeigten die Wände die himmlischen Geister, die ihrer Königin im Klange der Posaunen, mit Harfe und Zither, mit Pauke und Saiten ihr Lob darbrächten. Es steht außer Zweifel, daß hier das Programm für die erhaltene Freskierung wiedergegeben wurde.

Kirche Allersberg. Foto: Kurt Scheuerer
Über dem Altar:
In den seitlichen Medaillons: Engel mit Blüten.
Chor:
Hauptbild: Immaculata mit Lilienzweig.
In den seitlichen Medaillons: links (von vorne): Engel mit Palmenzweig - Engel mit Szepter - Engel mit Lorbeerkranz; rechts (von vorne): Engel mit Weltkugel - Engel mit Kränzen - Engel mit Krone.
Schiff:
Mittlere Fresken: beim Triumphbogen: Joseph präsentiert den Jesusknaben.
Decke: Maria auf Wolken; unten: Petrus und Paulus und Gläubige (Stifter?); davor: Engel tragen eine Kirche (Il Gesù in Rom?);
nach Westen: Engel tragen einen Torbau. Aufnahme Mariens in den Himmel und Krönung, die Apostel umstehen das leere Grab und finden Rosen. Maria als Helferin, darunter der heilige Michael; unten: Bittende, arme Seelen.

Seitliche Medaillons:
beim vorderen Bild: links (von vorne): Abraham, Opferung des Isaak - Johannes der Täufer; rechts: Sterbender schaut auf einen Engel - Johannes der Evangelist schaut die Immaculata;
beim mittleren Hauptbild: links (von vorne): Ein alttestamentlicher König empfängt Szepter und Krone; "Eo ex Trib." - Joachim mit Maria als Kind auf dem Arm - König David; rechts: Jesse mit Stammbaum - Mutter Anna präsentiert eine Madonnenstatue - Frau mit Krone, Szepter und Löwenthron (Sapientia?) zwischen Lilie und Cypresse;
beim hinteren Fresko: links (von vorne): alte Frau (Elisabeth) mit Kind (Johannes der Täufer) - König mit Sonnenuhr; rechts: Priester (Zacharias) mit Buch und Engel -König, dem Engel einen Lorbeerkranz reichen.

Kapellen des Wallfahrtswegs

1713 wurden dem Hochaltar die beiden seitlichen Statuen des heiligen Joseph und des heiligen Joachim beigegeben.
Sie dürften mit den heutigen Hochaltarfiguren identisch sein.
Im gleichen Jahr erhielten die einzelnen Kapellen des Wallfahrtswegs am Berge, die bereits 1711 errichtet worden waren, ihre Ausstattung und Figuren.
Sie knüpften an die oben bereits genannte Tradition der Grotten an und boten in Gestalt barocker »theatra« die Geheimnisse des Lebens Mariens an, führten also auf das Marienheiligtum der Kirche hin.

1. Hälfte des 18. Jhs

1716 wurde letzte Hand an die Kirchenausstattung gelegt.
Nachdem der Hochaltar, wohl der Vorgänger des heutigen Rokokoaltars, und der Altar des heiligen Franz Xaver sowie die Kanzel errichtet worden waren, erhielten sie nun Zierde und Glanz durch Vergoldung.
Auch erhielt der Musikchor Tafelbilder angeheftet, die die verschiedenen Guttaten für Gesundheit durch den Trunk an der Quelle am Fuße des Berges schilderten.
1719 erhielt der Turm der Kirche bei einem Kostenaufwand von 400 Gulden ein neues Dach.
1734 wurden zu den bisherigen drei Beichtstühlen zwei neue angeschafft und an den beiden Seiten des vorspringenden Chors aufgestellt. Ihre Schönheit, die sie Schnitzmesser und Pinsel verdankten, wird im Jahresbericht gerühmt.
Im gleichen Jahr erhielt die Kirche eine größere Orgel, die kleinere wurde in die Kirche des heiligen Stephanus in Biburg übertragen.

Kircheninneres

Das Innere der Kirche wirkt heute sehr einheitlich.
Der reiche Stuck mit Akanthuswerk ist nunmehr mit 1710/1711 eindeutig zu datieren. Der etwas gedrückte Gesamteindruck ist dem Bau des 17. Jahrhunderts zuzuschreiben. Er wird in der neuen Ausgabe dem Dehio Joseph Bader, Rohr, zugeschrieben. Die Fresken, stark restauriert, sind vorderhand noch nicht eindeutig einem bestimmten Maler zuweisbar.

Kirche Allersberg. Foto: Kurt Scheuerer

Das Gnadenbild des Hochaltars stammt aus dem frühen 16. Jh.
Der Hochaltar dürfte ca. 1760 zu datieren und vielleicht das Werk einer Ingolstädter Werkstatt sein.
Dessen seitliche Figuren der Heiligen Joachim und Joseph stammen, wie gezeigt, von 1713.
Die in Nischen am Choreingang stehenden Figuren der heiligen Apollonia und der heiligen Barbara sind annähernd gleichzeitig entstanden, letztere ist mit 1699 datiert.
Kanzel und Betstühle gehören zu der Neuausstattung von 1713/1716.

rechte Seitenkapelle

Die beiden Seitenkapellen sind von streng jesuitischer Thematik.
Die rechte (südliche) Seitenkapelle zeigt im Deckenfresko den heiligen Franz Xaver.
Der Altar präsentiert im Bilde ebenfalls Franz Xaver und als seitliche Figuren links den heiligen Rochus, rechts den heiligen Sebastian; beide waren als Pestheilige in besonderem Bezug zu Pest und anderen Epidemien im Umland gestanden.
An der östlichen (linken) Kapellenwand ein großes Bild der japanischen Märtyrer, ein typisches jesuitisches Missionsthema.

Kirche Allersberg. Foto: Kurt Scheuerer Kirche Allersberg. Foto: Kurt Scheuerer

linke Seitenkapelle

Die linke (nördliche) Seitenkapelle zeigt als Deckenfresko den heiligen Ignatius.
Der mit dem Franz-Xaver-Altar annähernd gleichzeitige Altar präsentiert als Bild den heiligen Ignatius, den »Fundator Societatis«, als seitliche Figuren Petrus und Paulus.
Der heiligen Ignatius wird somit in ideellen Bezug zu den Apostelfürsten gesetzt.
An der rechten (östlichen) Wand befindet sich ein ebenfalls annähernd gleichzeitiges Bild des heiligen »Franciscus Borgias«.
Beide Seitenkapellen entfalten somit ein rein jesuitisches Programm mit den Heiligen des Ordens.
Das Dekorationssystem umfaßt einheitlich Schiff und Seitenkapellen.
In den letzteren ist jeweils das Hauptfresko von emblematischen Medaillons umgeben.

Dr. Siegfried Hofmann. Die Jesuiten in Ingolstadt, 1991, S. 85-97.
Bearbeitet von Kurt Scheuerer, Ingolstadt


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