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Karl Batz:
Marianische Kongregationen
Ein Beitrag zur Ausstellung: Die Jesuiten in Ingolstadt

 

Marianische Kongregationen

Die Marienverehrung in Bayern erreichte im 17. Jahrhundert ihren absoluten Höhepunkt. Gegenreformation und Tridentinum hatten bereits zum ausgehenden 16. Jahrhundert entscheidene Akzente gesetzt, durch die marianisch geprägten bayerischen Herrscher war darüber hinaus für eine rasche Verbreitung auch von oben her gesorgt. Eine wesentliche Rolle kam dabei den Jesuiten als Erzieher mehrerer bayerischer Fürstengenerationen zu.

Wilhelm V., Maximilian I.

Herzog Wilhelm V. »der Fromme« stellte die Pietas Mariana in das Zentrum seines persönlichen wie politischen Wirkens. Maria galt ihm als Schutzherrin des katholischen Glaubens schlechthin wie überhaupt als Siegerin in allen Schlachten Gottes. Den Seesieg von Lepanto über den »Erbfeind der Christenheit«, die Osmanen, sah er als einen lebendigen Beweis für diese Überzeugung an. Auch Maximilian I., am Jesuitenkolleg in Ingolstadt erzogen, war von der marianischen Spiritualität der Societas tief durchdrungen. Als weltlicher Präfekt und Vorstand aller marianischen Kongregationen in Deutschland trug er ungemein viel zur Popularisierung marianischer Frömmigkeit bei. Nicht von ungefähr erhob er die Gottesmutter zur »Patrona Bavariae«. (Wilhelm V. der Fromme, 1579-1597, Lepanto: 1571)

Jesuiten

Ganz entscheidender Anteil an dieser Verbreitung marianischen Gedankenguts kam der von den Jesuiten seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts betriebenen Errichtung von Kongregationen zu. »Durch Maria zu Jesus« war schon seit Ignatius von Loyola selbstverständliches Bekenntnis der Societas geworden. Zuerst waren es Studenten, bald folgten aber auch Bürger, Handwerker, Gesellen und Lehrlinge, die sich unter jesuitischer Leitung zu marianischen Soldalitäten und Kongregationen zusammenschlossen.

Franz Coster

Einer der Hauptförderer der Marianischen Kongregationen in Deutschland, der Jesuitenpater Franz Coster, lieferte 1586 eine Beschreibung über Aufgaben und Bedeutung des Kongregationswesens:
»Zu den Aufgaben der Gesellschaft Jesu gehört es, die studierende Jugend auch in christlicher Zucht und Sitte zu erziehen. Die Gesellschaft hat bis jetzt alles aufgeboten, um das Ziel in möglichst sanfter Weise zu erreichen. Unschwer lassen sich junge Leute in Zucht halten, solange sie unter den Augen der Lehrer leben. Große Mühe und Sorgfalt aber kostet es, sie dahin zu bringen, nicht bloß aus Rücksicht auf andere Menschen, sondern aus innerster Überzeugung in Gottesfurcht und Gottesliebe die Tugend zu üben. Und doch werden sie nur so auch in der späteren unbewachten Zeit sowohl selbst zu sittlicher Lebensführung gelangen, als auch andern in dieser Beziehung zu nützen trachten. Hierzu tragen erfahrungsgemäß sehr viel bei die guten Ermahnungen und das Beispiel seitens der Lehrer, der Empfang der heiligen Sakramente usw. Jedoch schien es auch von nicht geringer Bedeutung, wenn die Studenten sich in einem Verein zusammenschlossen und so sich selbst zu einem frommen und tugendhaften Leben anspornten. Es konnte nämlich kaum ausbleiben, daß ein Bund gleichgesinnter Jünglinge, welcher Tugend und Frömmigkeit auf seine Fahne geschrieben hatte, einen heiligen Wetteifer entfachte und das Streben nach einem tugendhaften Leben förderte. Hierfür aber schien es sehr empfehlenswert, den Verein unter den mächtigen Schutz der gebenedeiten Gottesmutter zu stellen, der sich so viele und große Vereinigungen, ja ganze Völker geweiht haben. Um aber der besondern Hilfe Marias wert zu werden, sollten die Kongreganisten Maria auch in besonderer Weise verehren«.

Collegium Romanum

Die erste Marianische Kongregation überhaupt wurde 1563 durch den Jesuiten Johann Leunis in Rom für die Schüler des Collegium Romanum gegründet. Neben gemeinsamen Beten und Abhalten von Andachten waren den Mitgliedern feste Regeln für ihr religiöses Leben auferlegt, insbesondere waren sie in die Obhut der Gottesmutter gestellt. (Th. Rolle, Art. »Die Marianischen Kongregationen«, Katalog: Die Jesuiten in Bayern 1549 - 1773, München 1991; S. 143.)

Dillingen, Köln

Nach dem römischen Vorbild folgten zahlreiche Gründungen in ganz Europa. Die erste Marianische Kongregation des deutschen Sprachraumes wurde am 18. November 1574 durch Pater Jakob Rem in Dillingen ins Leben gerufen. Fast gleichzeitig (1575) erfolgte die Gründung einer Kongregation in Köln durch den bereits erwähnten Franz Coster, der wie Rem als Novize die römische Kongregation am dortigen Kollegium kennengelernt hatte. Coster wurde zu einem der geistigen Väter der deutschen Kongregationen, seine Regeln dienten zumeist auch als Vorbild für die Statuten anderer Kongregationen. Auch Rem übernahm sie, obwohl er zunächst noch an der Verfassung eigener Regeln gearbeitet hatte.

oberdeutsche Provinz

Noch Ende des 16. Jahrhunderts kam es in der oberdeutschen Provinz zu zahlreichen Neugründungen von Kongregationen, so in München 1578, Augsburg 1589, Altötting 1589, Regensburg 1590, Landsberg 1599, zu Beginn des 17. Jahrhunderts folgten Bamberg 1612, Würzburg 1614, Passau 1615, Eichstätt 1616, Mindelheim 1618, Neuburg 1618, Amberg 1622, Kaufbeuren 1628, Burghausen 1628, Straubing 1632 und Landshut 1634. Die Gründung der Ingolstädter Studentenkongregation war bereits Ende 1577 auf Anregung von Petrus Canisius und unter dem Rektorat von P. Otto Eisenreich erfolgt.

Vereinheitlichung

Die sich ausbreitende Tendenz zu unterschiedlichsten Gepflogenheiten und Organisationsformen in den einzelnen Kongregationen führte dazu, eine Vereinheitlichung aller Bruderschaften anzustreben, insbesondere der 5. Ordensgeneral, Claudius Aquaviva setzte sich sehr dafür ein. Schließlich wurde durch die von Papst Gregor XIII. 1584 erlassenen Bulle »Omnipotens Dei« die Kongregation am Collegium in Rom zur »Congregatio primaria« erklärt, an die sämtliche Kongregationen angegliedert werden sollten. Als erste aller deutschen Kongregationen wurden am 18. Januar 1586 die Ingolstädter Sodalität aggreditiert, allerdings wurden die von Aquaviva promulgierten allgemeinen Regeln erst 1588 angenommen.

Gliederung

Die nunmehr allerorts durchgeführte alters- und gruppenspezifische Gliederung der Kongregationen ging ebenfalls von Rom aus. Man teilte in eine »Congregation major« für die älteren und eine »Congregation minor« für die jüngeren Studenten, sowie als Vorbereitungsstufe für Schüler unter 14 eine »Coetus angelorum« (Engelbruderschaft). Während die akademischen Kongregationen eher als Elitebildung galten, hatten sich die bürgerlichen Bruderschaften mehr die Breitenarbeit zum Ziel gesetzt. Allen gemeinsam war die Bindung an Maria, allerdings trug jede - bei oftmals mehreren Kongregationen am selben Ort - einen eigenen Marientitel und verfügte zumeist über ein eigenes Oratorium.

Ingolstädter Bruderschaften

Die älteste der Ingolstädter Bruderschaften war - wie bereits erwähnt - die akademische, die 1577 gegründet und 1586 in eine Congregatio major und Congregatio minor aufgeteilt wurde. Eine Engelbruderschaft für die Schüler unter 14 Jahren wurde 1653 eingerichtet und 1654 an Rom angeschlossen. Eine eigene Kongregation für die in Ingolstadt studierenden Mönche kam 1587 zu den dieserzeit bestehenden zwei akademischen dazu. Diese »Kongregation der Religiosen« fühlte sich später besonders zu einer »nutzbringenden Reform in ihren Klöstern« aufgerufen. Ansonsten schweigen sich die Quellen über sie weitgehend aus. 1612 wurde die späterhin zu großer Berühmtheit gelangende Kongregation »Maria de Victoria« für die Bürger gegründet. Gut hundert Jahre später, 1720, entstand eine neue Kongregation für die Soldaten, die jeden ersten Sonntag des Monats in der Hl. Kreuzkirche der Jesuiten ihre Versammlung mit Meßfeier abhielten. Bereits 1730 umfaßte diese Kongregation 2 Regimenter nebst dazugehörenden Offizieren. Einem allgemeinen Trend folgend, wurde 1733 auch in Ingolstadt eine Bruderschaft vom guten Tod, allgemein »Die Todesangst« bezeichnete Kongregation eingeführt. Zwar scherte diese aus dem marianischen Frömmigkeitsbereich aus, wurde aber ebenfalls von den Jesuiten sehr gefördert, wie aus einem Schreiben des Ordensgenerals Oliva aus dem Jahre 1673 ersichtlich wird. ...

Pflichten

Jeder neu in eine Marianische Kongregation eintretende Sodale verpflichtete sich in einem besonderen Weiheakt an Maria, die er zeitlebens zu seiner Patronin erkor. Um den vorgegebenen religiösen und sittlichen Ansprüchen möglichst nahezukommen, waren u.a. häufige Beichte beim jesuitischen Beichtvater, gemeinsamer Kommunionempfang, ausgeprägtes Gebetsverhalten oder strenge Bußübungen vor allem in der Passionszeit anempfohlen, demgegenüber aber auch extrovertierte Demonstrationen einer christlich ausgeprägten Einstellung wie etwa bei festlichen Prozessionen oder Gottesdiensten ganz selbstverständlich.

Organisation

Allerdings sollten die Kongregationen nicht Bruderschaften allgemeiner Art sein, sondern eine Gemeinschaft von Auserwählten darstellen. Deshalb ging in den meisten Kongregationen der Aufnahme eine längere Probezeit voraus. Auch waren die Kongregationen nach einem einheitlichen Schema organisiert. Neben die geistliche Führung des Präses, der zumeist Jesuit war, trat ein weltlicher Vorstand, der sich aus Präfekt, Assistenten und Konsultores zusammensetzte, und jährlich durch Stimmzettel von allen Mitgliedern der Kongregation gewählt wurde.

Frauen

Obschon die Kongregationen ursprünglich nur für Männer gedacht waren, suchten immer mehr Frauen in die Bruderschaften aufgenommen zu werden, nachdem Gründungen von eigenen Frauensodalitäten von den Ordensoberen kategorisch unterbunden worden waren. Aber auch eine Mitgliedschaft von Frauen in den bestehenden Kongregationen war bis weit ins 17. Jahrhundert verpönt, wenngleich der Beitritt hochstehender Frauen vereinzelt geduldet wurde (Kaiserin Witwe 1581 in Wien oder Kurfürstin Maria Anna 1635 in München). Eine Ausnahme offensichtlich bildete die Bürgerkongregation Maria vom Siege in Ingolstadt, deren Satzung noch 1613 lediglich eine Aufnahme von Männern vorsah, aber bereits 1628, bzw. 1633 aufgrund einer Änderung der Statuten durch den Eichstätter Bischof auch Frauen zuließ.

Batz, Karl.
Die Marianischen Kongregationen in Ingolstadt.
Die Jesuiten in Ingolstadt, 1991, S. 204-223.


Die Marianischen Kongregationen - Zeittafel

  • 1577 Akademische Marianische Kongregation.
  • 1583 geteilt
    in eine Congregatio maior für die Studenten der Universität
    und eine Congregatio minor für die Gymnasiasten.

  • 1595 "Colloquium Marianum".
  • 1615 geteilt
    in ein "Colloquium internum" für Angehörige des Konvikts des hl. Ignatius
    und ein "Colloquium externum" für Nichtangehörige des Kollegs.

  • 1612 Bürgerkongregation Maria vom Sieg (Maria de Victoria).
  • 1653 Engelbruderschaft für die Schüler unter 14 Jahren.
  • 1720 Kongregation für Soldaten.

KS


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