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Brauchtum in Bayern
Biergarten - früher mal in Ingolstadt

 
Foto: Kurt Scheuerer, 2007

In einen Biergarten geht man bei schönem Wetter, weil es unter den Bäumen schön schattig ist.
Das geschieht am Sonntag nach der Kirche, also um halb elf, zum Frühschoppen. Dieser Begriff stammt aus der Weingegend und beinhaltet das Trinken von einem Viertel Wein. Bei uns entspricht das einer Halben Bier. Am Vormittag trinkt man Weizen, weil das zu dieser Zeit bekömmlicher ist. Dazu kann man Weißwürst essen.
Nach einer Stunde geht man heim zu Frau und Kind und ißt zu Mittag.

Nach dem Mittagsschlaf macht man mit der Familie einen Ausflug. Dieser endet selbstverständlich in einem Biergarten. So gegen vier Uhr. Jetzt trinkt man helles Bier, wegen der Hitze. Dunkles Bier trinkt man in der kühleren Jahreszeit. Pro Familie trinkt man eine Maß. Das genügt, denn vor Sonnenuntergang soll man sowieso keine alkoholischen Getränke zu sich nehmen.
Gegen sechs Uhr kommen dann die Jungen vom Baden am Baggersee dazu. Jetzt wird der Biergarten voll. Und manche - meist alleinstehende - Besucher auch. Nun wird es Zeit, zu Abend zu essen. Das Familienoberhaupt schneidet den Radi zeremoniell der Länge nach auf und salzt ihn, so daß er weinen kann. Der Radi muß so scharf sein, daß man ihn nur mit Butterbrot und Bier genießen kann. Treibhaus-Weichlinge sind da verpönt. Ab sieben Uhr geht man allmählich heim, denn im Juni und Juli geht die Sonne spätestens um acht Uhr unter, und dann wird es kühl.

So habe ich das aus den 50er-Jahren in Erinnerung.
Heute haben wir Sommerzeit. Damit verschiebt sich der Sonnenuntergang auf 21 Uhr. Wer möchte da wohl schon vorher heimgehen?
Ein jugendlicher Mensch geht heutzutage ohnehin erst um 22 bis 23 Uhr aus. Letzteres hat seine Vorteile. Wir sind damals ab 20 Uhr in drei bis vier Lokale gegangen. Das war auf die Dauer langweilig und teuer. Heute geht man gleich in die letzte Wirtschaft und spart Geld. Das kann man dann auch jeden Tag tun.
Klar, daß man dann auch im Biergarten sitzen möchte. Nach 22 Uhr.
Aber hierbei von traditioneller Biergartenkultur zu sprechen, erscheint mir doch etwas vermessen.

Kurt Scheuerer, 1995


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