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Brunnen in Ingolstadt
Die Wasserversorgung
in der zweiten Hälfte des 16. Jhs in Ingolstadt

 
"Auf Grund von zwei im Stadtarchiv liegenden Brunnenbüchern, das eine undatiert, der Schrift nach etwa um 1550 abgefasst, das andere von 1590 datiert, bin ich in der Lage, den Zustand der Wasserversorgung in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zu schildern.

Bis zu diesem Zeitpunkt gab es in der Stadt keine Wasserleitung; die Bevölkerung war durchaus auf die zahlreichen Zieh- oder Pumpbrunnen angewiesen.
1549 errichtete der herzogliche Brunnenmeister Thomas das erste Brunnenwerk mit dem Brunnenhaus am Einfluss der Schutter in die Stadt. Das war also bald nach der Erklärung Ingolstadts zur Landesfestung. Für seine Mühe und sein Kunstwerk erhielt er von der Stadt 100 Thaler nebst Rock, Hose und seidenem Wams. Von da an hielt sich die Stadt einen eigenen Brunnenmeister.
Das Kunstwerk bestand aus einem von der Schutter getriebenen Schaufelrad, an dessen Achsenverlängerung ein Schöpfrad angebracht war, das aus einem danebenliegenden Brunnen Grundwasser hochhob und in ein System von hölzernen Röhren entleerte.
Das Werk speiste keineswegs die ganze Bevölkerung oder nur einen geringen Teil derselben mit Trinkwasser. Es speiste nur die vier auf Kosten der Stadt unterhaltenen Brunnen vor dem Schoberhaus (Hotel Adler), auf dem Milchmarkt (Milchstraße), vor dem Brothaus mit Milchstube in der Ludwigstraße (Kaufhaus Mayr), damals Schlossgasse geheißen, und auf dem Salzmarkt, dem heutigen Rathausplatz.
Daneben speiste es noch eine Reihe von Patrizierhäusern auf dem Weinmarkt (Theresienstraße), wofür die Besitzer Brunnengeld an die Stadt zu zahlen hatten.
Die Abzweigung von der Hauptleitung geschah in sogenannten Röhrlkästen vermittelst Steften von verschiedenem Durchschnitt je nach dem Wasserbedarf des Hauses. Darnach richtete sich auch die Höhe des Brunnengeldes.
Aus dem Text der Brunnenbücher gewinnt man den Eindruck, dass auch das Jesuitenkolleg, Kloster Gnadenthal und die Franziskaner an die Leitung angeschlossen waren.
Am Anschluss des Schlosses an die Leitung besteht kein Zweifel. In bleiernen und kupfernen Röhren floss das köstliche Nass direkt in die Hofküche. Selbstverständlich war auch das an das Schloss anstoßende Statthaltergebäude angeschlossen.
Aus vorstehender Aufzählung ist ersichtlich, dass schon vor nahezu 400 Jahren ein verhältnismäßig ausgedehntes Holzröhrennetz die Stadt durchzog.

Die große Masse der Privathäuser freilich hatte keinen Anteil an der fortschrittlichen Wasserleitung. Sie waren auf die Privatbrunnen in den Höfen und Gärtchen angewiesen. Die Brunnenbücher zählen rund 50 solcher Brunnen auf. Es waren durchweg Zieh- oder Schöpfbrunnen. Der Stadtrat hat insofern verwaltungsmäßig eingegriffen, als er zur Vermeidung von Streitigkeiten eine Rechtsgrundlage dadurch schuf, dass er jedem dieser Privat-Brunnen eine wechselnde Anzahl von umliegenden Häusern zur Wasserentnahme zuteilte. Zum Unterhalt dieser Brunnen hatten die brunnenlosen, zugeteilten Häuser ein jährliches Brunnengeld an die Besitzer zu entrichten. Die Wasserführung der Privatbrunnen wechselte im Laufe der Zeiten, so dass wiederholte Umgruppierungen unvermeidlich waren.

Im Laufe der Jahrhunderte mehrte sich natürlich ständig die Zahl von wohlhabenden Privatleuten, welche an die gemeindliche öffentliche Wasserleitung angeschlossen werden wollten. Die Stadtverwaltung musste daher ständig auf Erweiterung und Verbesserung bedacht sein. Die Zahl der öffentlichen Brunnen erfuhr dadurch eine durchgreifende Vermehrung. Schwierig wurde aber die Lage beim Absinken des Wasserstandes der Schutter, die in ihrem Oberlauf immer mehr vermurte. Dann genügte ihre Wasserführung nicht mehr zum genügend schnellen Antrieb des Wasserrades. Zur Beseitigung dieses Missstandes, insbesondere auch für die Zeit der obligaten Schutterräumung, setzte der Stadtrat 1862 eine Dampfmaschine ein. So behalf man sich noch drei Jahrzehnte, obwohl unterdessen der Festungsbau vollendet war und eine große Garnison nach Ingolstadt kam mit viel Wasserverbrauch.

Erst 1890 sah der Stadtrat ein, dass die Dinge nicht mehr weiterschleifen konnten, und er pumpte reichliche Geldmittel zur Errichtung einer modernen Wasserleitung von ergiebigen Quellen vom Krautbuckel bei Unterhaunstadt her.
Seither erforderte die Bevölkerungszunahme eine wiederholte Erweiterung der städtischen Wasserleitung durch Quellwasserzuleitung von Kösching her und zuletzt durch das Wasserwerk am Buschletten.

Durch die Errichtung des ersten modernen Wasserwerkes erschienen die zahlreichen Privatbrunnen überflüssig, und die Besitzer füllten sie vielfach ein. Dass doch eine Anzahl gebrauchsfertiger Brunnen erhalten blieb, bewahrte uns nach der Zerstörung des Wasserleitungsnetzes durch den Bombenkrieg 1945 vor dem Schlimmsten."

Dr. Grünzinger, 1956
Ingolstädter Heimatblätter 2/1956 im Donau Kurier vom 5.5.1956, S.5/6.


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