Logo Scheuerer Ingolstadt Wissensspeicher zur Geschichte von Ingolstadt  
Julia Scholz und Dr. Max Böhm:
Kernseife und Wurzelbürste. Die Große Wäsche im Wandel der Zeit
Anmerkungen zur Ausstellung 2015 im Bauerngerätemuseum Ingolstadt-Hundszell

 
Liebe Besucher,

zur Vorbereitung dieser Ausstellung wurden einzelne Gewährspersonen zu ihren Erinnerungen an den Waschtag befragt. In den grundsätzlichen Abläufen stimmen die Berichte überein, im Detail kommt freilich eine Vielzahl an Besonderheiten und Varianten zum Vorschein. Es gab Unterschiede zwischen Stadt und Land, kleinen und größeren Bauernhöfen, von Dorf zu Dorf und selbst von Haushalt zu Haushalt.

Eine Ausstellung vermag nicht die ganze Vielfalt der Verhältnisse auszubreiten. Gezeigt wird, wie „die große Wäsche“ - die sich bis zu einer Woche hinziehen konnte - mit Blick auf die Region Ingolstadt im Großen und Ganzen abgelaufen ist. Einzelne Zitate aus den Erzählungen mögen eine Ahnung von der Vielfalt im Konkreten geben.

Als Besucher haben Sie in der Ausstellung die Möglichkeit, Ihre persönlichen Erfahrungen in Form von schriftlichen Notizen einzubringen. Wenn Sie uns ausführlicher berichten möchten, nehmen wir uns auch gerne Zeit für ein persönliches Gespräch. Ihre Notizen, Berichte oder Fotografien können auch noch Eingang in eine Publikation finden, die begleitend zur Ausstellung erscheinen wird.

Eine Waschküche auf dem Land

Ein Waschhaus auf dem Bauernhof erfüllte in der Regel mehrere Funktionen:
„Ja, da ist Wasser geschöpft worden und man hat das Waschhaus gehabt. Na, ein Schlachthaus, da is dann geschlachtet worden und gewaschen worden. Die großen Arbeiten, die halt viel Wasser verbraucht haben, das hat man alles da im Waschhaus gemacht. Damit man nicht das ganze Gebritschel im Haus gehabt hat. […]
Im Waschhaus war nichts gefliest, da war ein Betonboden drin und halt ein Abfluss. Meistens ist da keine Abwasserbeseitigung gewesen. Da ist nur hinten ein Loch raus gegangen und da ist das Wasser halt raus gelaufen. Bei uns war halt vorne im Hof eine Rinne, die ist durch die ganze Gemeinde durch gegangen und in die Rinne sind die Abwässer alle rein geflossen.“
K. S., Niederstimm

Ein Waschhaus in der Stadt

„Das Waschhaus war früher ein separates, angebautes Haus am Haus. […] An der Haunwöhrerstraße, wo meine Großeltern des Haus gekauft haben, war überall hinten an dem Basishaus ein Anbau, den man über den Hof erreichen konnte. Im Anbau waren ein Stall und ein Waschhaus. Im Waschhaus war nur ein Brunnen und nicht schon das Leitungswasser. […] Das Waschhaus war eingerichtet mit einem Kessel, mit verschiedenen Wannen in verschiedener Größe. Mit einem Waschtisch, das war ein Tisch, vielleicht einen Meter tief und eineinhalb Meter breit […] Das Waschhaus war ein Raum mit fünfzehn oder zwanzig Quadratmetern, mit Steinboden und einem Gully in der Mitte. Das ist schon abgelaufen, in eine Versitzgrube damals.“
K. H., Ingolstadt

Der Waschkessel

Mit Waschkessel und Waschtopf zu waschen war bis Anfang der 1960er Jahre in den meisten deutschen Haushalten üblich. Der Kessel stand im Waschhaus oder auch im Freien. Seit den 1930er Jahren gab es Waschkessel aus Messing oder Kupfer, die größte Verbreitung aber fanden emaillierte Eisenkessel. Beheizt wurden die Kessel mit Holz oder Kohle.

Die Arbeit mit der heißen Lauge im feuchten, dämpfigen Waschraum war anstrengend und gefährlich. Wegen der Gefahr des Verbrühens wurden Kinder, auf deren Mithilfe man sonst vielfach angewiesen war, bei dieser Arbeit möglichst fern gehalten. In einer Verordnung aus dem Jahr 1937 wird der Aufenthalt von Kindern unter 12 Jahren in Waschküchen sogar verboten.
Prominentes Beispiel für die verheerende Wirkung von Unfällen mit der Kochlauge ist die im Jahr 2012 heilig gesprochene Anna Schäffer aus Mindelstetten. Als Dienstmagd im Forsthaus von Stammham stürzte die damals 18jährige beim Versuch, das Ofenrohr des Waschkessels zu reparieren, in das kochende Wasser und verbrühte sich beide Beine. Dies war der Beginn einer 24jährigen Leidenszeit bis zu ihrem Tod 1925.

Die kleine Wäsche

Die „kleine Wäsche“ wurde auf dem Küchenherd im Topf erledigt. Hier wurde zwischen den großen Waschtagen die dringend benötigte und nicht in so großer Anzahl vorhandene Kleidung gekocht und dann in der Küche fertiggewaschen und getrocknet: Windeln, Babykleidung, Socken, aber auch oft benutzte Arbeitskleidung.

Ein idealer Waschtopf wird um 1910 wie folgt beschrieben:
„Man hat solche flach und zum Einhängen in den Herd. Unten im Topf liegt ein Siebboden, damit die Wäsche nicht anbrennen kann. Sehr praktisch sind die Waschtöpfe mit Steigeröhre, die entweder in der Mitte des Siebes oder seitlich angeordnet sind; die kochende Seifenlauge steigt in ihnen hoch und ergießt sich auf die Wäsche.“

Erste Hilfsgeräte

Waschglocken

Wäschestampfer oder Waschglocken mit klingenden Namen wie „Waschrasch“, „Waschblitz“ oder „Waschteufel“ brachten eine erste Arbeitserleichterung. Ihr Gebrauch schonte Hände und Rücken. Wäschestampfer kamen in den 1930er Jahren in Gebrauch und wurden bis in die 1960er Jahre benutzt.

Mit dem Stampfer wurde die Wäsche im Kessel oder Waschzuber bearbeitet. Durch die vom Stampfer zusammengepresste Luft wurde das Gewebe durchgespült und Lauge und Schmutz ausgepresst.

Waschglocken gab es in verschiedenen Ausführungen. Eine einfache Ausführung besteht aus einer einzigen löchrigen Glocke am unteren Ende. Eine andere Version setzt sich aus zwei mittels einer Feder ineinander verschiebbaren Glocken zusammen. Bei den Ausführungen ohne Siebbecher, die einer großen Spritze ähneln, fungiert das Metallrohr als Sprudelvorrichtung. Mit dem „Taifun“ (1950er Jahre) oder dem „Express-Star“ (1960er Jahre) kamen schließlich elektrische Wäschestampfer auf den Markt. Das Äußere gleicht einem Handstaubsauger, doch wird hier nichts aufgesaugt, sondern mit einem Elektrogebläse Luft in die Glocke geblasen.

Waschkugeln

Waschkugeln behandelten die Wäsche schonender als etwa die Wurzelbürste.
Laut Anleitung kam in die Kugel zunächst die trockene Wäsche und anschließend je nach Wäscheart mehr oder weniger heißes Wasser, sowie maschinengeeignetes Waschmittel. So mussten zur bunten Wäsche 40 bis 60 Grad heißes Wasser und zwei bis drei Tassen Waschmittel gegeben werden. Die Waschzeit betrug laut Werbeprospekt nur zwei bis drei Minuten. Teils waren die Standfüße der Kugeln ausziehbar, so dass sie an den Rändern der Badewanne befestigt werden konnten. Mit dieser „sensationellen Neuerung“ konnte sich Frau das Einweichen der Wäsche sparen und es wurde ein geringerer Wasser- und Waschmittelverbrauch als mit dem Waschkessel versprochen.

Ein guter Wäscheschrank

„Dieser muß stets an einem trockenen Platze aufgestellt sein und darf nie dicht an der Wand stehen, damit von allen Seiten Luft dazu kommen kann. Um zweckentsprechend zu sein, muß er wenigstens vier Fächer enthalten. Jeder Riß ist von innen zu verkleben; die Türe muß, wenn undicht, rings um die Kanten herum mit Tuchleinen (schmalen Tuchstreifen) bekleidet sein. Die Böden der einzelnen Fächer müssen mit weißem Papier belegt werden. Der vordere über den Boden herabhängende Papierrand kann durch Scherenarbeit verziert werden. Ungleich eleganter sieht es aus, wenn am Boden jedes Faches vorn ein etwa 6 cm breites graues Favaband angebracht ist, auf dem mit blauem Garn je eine Zeile des netten Verses gestickt ist […]“
Lehr- und Lesebuch für Mädchen, 1915

Stärken

Um die Wäsche länger sauber und in Form zu halten, wurden manche Teile gestärkt.
Mit Mais-, Reis- oder Kartoffelstärke wurden vor allem die Krägen der Hemden und die Manschetten oder Tisch- und Bettwäsche behandelt.
Viele Hausfrauen stellten das Stärkemehl selbst her, im 19. Jahrhundert kamen die ersten fertigen Wäschestärken auf den Markt. Hoffmann´s Stärke kam in Deutschland im Jahr 1876 auf den Markt und entwickelte sich zu einem bekannten Markenartikel.

Autoren: Julia Scholz und Max Böhm


Siehe auch:

Impressum - - - Nachricht an den Gestalter der Seiten: Kurt Scheuerer
Zur Auswahl Ausstellungen im Stadtmuseum - - - Zur Hauptauswahl Wissensspeicher Ingolstadt