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Texte im Stadtmuseum Ingolstadt - Raum 2
Die Jungsteinzeit Mitteleuropas

 

Kolonisation und Wandlung der Lebensstruktur
durch Donauländische Kulturen und Kulturimpulse

Erste bäuerliche Siedlungen

Ungefähr zwischen dem 5. und 4. Jahrtausend v. Chr. vollzieht sich in Mitteleuropa jener Wandel in Lebenshaltung, technischem und bildnerischem Schaffen des Menschen, der im allgemeinen Geschichtsbild die Jungsteinzeit, das Neolithikum, anzeigt. Es ist das der Übergang zu Produzierender Wirtschaft und zur Sesshaftigkeit des Menschen, welcher Wandel offenbar bald stärkere Vermehrung, Bevölkerungsüberschuss und Kolonisation zur Folge hat.
Stadtmuseum Ingolstadt. Foto: Kurt Scheuerer
Ausgangsgebiet dieser bäuerlichen Wirtschaftsform mit Pflanzenbau, Viehzucht und Vorratshaltung, Ausgangsgebiet der sog. Neolithischen Revolution, ist der Vordere Orient (Übersichtskarte).

Stadtmuseum Ingolstadt. Foto: Kurt Scheuerer
Obschon dieser Übergang und Wandel in den betroffenen Gebieten kaum rasch und gleichmäßig vonstatten gegangen sein kann, wird die neue Epoche im archäologischen Fundbild scheinbar plötzlich und unvermittelt durch eine Kultur angezeigt, die in der Ingolstädter Region ebenso wie in weiten Teilen Zentraleuropas mit einer fertig ausgebildeten materiellen Ausstattung und daraus erschließbarer einheitlicher Sozialstruktur auftritt.
Das sind vor allem Steinschliff, Töpferei oder Keramik und Textiltechnik als neue Kulturelemente (Definitionen der Jungsteinzeit als Zeitalter des geschliffenen Steins, ja als Keramikum), dann aber auch die Holzarchitektur der Häuser und Siedlungen (dazu Grundrissbefunde eines Siedlungsausschnitts).

Neben einer Herleitung von Trägern dieser Bandkeramischen oder Donauländischen Kultur aus dem Südosten wird auch eine durch Kolonisations-Impulse ausgelöste Kulturbildung in Mitteleuropa selbst erwogen, wird also an den Vorgang der Akkulturation autochthoner Jäger und Sammler von mittelsteinzeitlichem Habitus gedacht. Unter den Menschenskeletten aus Gräbern dieser frühesten Jungsteinzeitkultur ist jedenfalls ein grazil-mediterraner Rassentypus festgestellt, ist eine neue ethnische Komponente gegeben.

An der Oberen Donau bleibt der bäuerliche Lebensraum während des Neolithikums vor allem an die fruchtbaren Lößflächen beiderseits des Flusses gebunden, die für Feldbau minder günstige Alb und das Tertiärhügelland werden zunächst vom Siedlungsvorgang ausgespart.
Auch jetzt entstehen durch wiederholte Belegung und Bebauung der Siedlungsplätze Kulturschichten und Siedlungsabfolgen, Stratigraphien.
Hierdurch und mit Hilfe differierender Keramikstile lässt sich das Neolithikum zeitlich gliedern, wobei die Stufen Altneolithikum, Mittelneolithikum, Jungneolithikum und Endneolithikum aufeinander folgen, die beiden ersten Stufen können schematisch auch als Frühneolithikum und die letzten beiden Stufen als Spätneolithikum zusammengefasst werden. Diese relativ-chronologischen Phasen oder Horizonte können aber jeweils räumlich divergierende Kultur- und Stilgruppen mit eigenen Siedlungstendenzen oder Bestattungsbräuchen umfassen, danach bemisst sich wieder die Sachüberlieferung und die Möglichkeit von archäologischer Interpretation und musealer Darstellung.

Insgesamt gilt aber, dass der Mensch jetzt durch Rodung und extensiven Bodenbau seine Umwelt zu verändern beginnt. Aus Naturlandschaft entsteht allmählich Kulturlandschaft.

Dr. Rudolf Albert Maier, Tafeltext im Stadtmuseum Ingolstadt
Fotos: Kurt Scheuerer


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