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Texte im Stadtmuseum Ingolstadt - Raum 3
Zeitlose Siedlungsfunde, Geräte und Arbeitsweisen - Objekte aus Leben und Wirken der Frau

 
Unter den dauerhaften Resten der alten Siedlungen, den Siedlungsfunden der Archäologie, gibt es unscheinbare und an sich undatierbare Dinge von fast zeitlosem Charakter, die tatsächlich auch zu allen Zeiten nötig und lebenswichtig waren.

Dementsprechend fallen von länger belegten Siedlungsplätzen viele derartige Materialien an:
Durch Feuereinwirkung gehärtete Wandlehmstücke vom Flechtwandverputz der Häuser, Speicher und Backöfen, ferner Stücke von Lehmestrichen und Herdplatten, Keramikbruch formenkundlich indifferenter Vorratsgefäße samt sonstigen Wirtschaftszubehörs wie Tonseiher o. dgl., und primitive Arbeitsgeräte zum Beschaffen und Bereiten der Nahrung (wie Feldbau- und Erntegeräte, Mahl- und Reibsteine) und der Kleidung (Geräte zum Gerben, Spinnen, Weben und Nähen).

Unter den Primitivgeräten der zuletzt genannten Arbeitsbereiche gib es Typen von äußerst konservativer und kaum je veränderter Form (Mahl- und Reibsteine, Klopfsteine, Geweihhacken, Pfrieme), die während der Metallperioden zudem oft aus scheinbar unzeitgemäßen Werkstoffen wie Stein und Bein bestehen und dennoch höchst zweckmäßig sind.
Es sind zumeist Gerätschaften zeitloser Frauenarbeit, der schon immer viel Geschick, Geduld und Mühsal abverlangt wurde.
Insofern kann die Darstellung einer kornmahlenden Frau aus Altägypten im Archäologischen Museum Florenz ebenso gut für die Bronze- und Urnenfelderzeit Mitteleuropas stehen, dieses frühe figürliche Genrebild ließe sich auch ohne weiteres durch ethnografische Aufnahmen vom Alltag afrikanischer Frauen aus dem Beginn dieses Jahrhunderts ersetzen.

Das Frauengeschäft des Spinnens und Webens greift dagegen mit der phantasievollen und zugleich aufs strengste geordneten Textilornamentik von der Hausarbeits- auf förmliche Hauskunst und Stilkunst über, wobei hier auch die tönernen Spinnwirtel und mitunter selbst die Webstuhlgewichte eine Verzierung erhalten.

Manche zeitlos-einfachen Geräte und Arbeitsweisen gewinnen schon früh auch symbolischen Wert. So erscheinen Spinnwirtel (und damit Spindeln) seit der Jungsteinzeit als Symbolträger und weibliches Attribut, wird die Erste Arbeit in den Bildprogrammen des Mittelalters durch Hacken und Spinnen des Stammelternpaars Adam und Eva bezeichnet. Kunkeln und Spindeln kommt in der Mythen- und Märchenwelt eine bedeutende Rolle zu, magisch-zauberische Dingbeseelung lässt Wirtel in der Antike als Orakelobjekt gelten, während in Mittelalter und Neuzeit Zentraleuropas Kunkeln oder Spinnrocken nebst Spindeln dem Hexenwerk dienen. Vorstellungen kosmischer Mühlen und Mühlenwelten gibt es bei den Alten Griechen wie in der Edda des Nordens, auch Mühlsteine sind übrigens Hexenobjekt.

Dr. Rudolf Albert Maier, Tafeltext im Stadtmuseum Ingolstadt
Fotos: Kurt Scheuerer


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