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Texte im Stadtmuseum Ingolstadt - Raum 5
Latènekultur und Keltenvölker der Jüngeren Eisenzeit

 
Nicht allmähliche Entwicklung, ein revolutionärer geistiger Umschwung führt in der nordalpinen Zone von anonymer Urgeschichte in das historische Weltgeschehen: Infolge verstärkter Kontakte mit dem Kreis südlicher Handelsvölker und neuer Impulse aus Religion und Kunst östlicher Reiternomaden, durch nachahmende Umprägung griechisch-etruskischer Bild- und Ornamentformen entsteht im 5. Jahrhundert v.Chr. der Latènestil in Nordwest- und Mitteleuropa. Dieser erst in oberschichtlichen Zentren bewirkte Kunst- und Lebensstil gewinnt förmlich nationalen Charakter.
Etwa zur gleichen Zeit berichten Hekataios von Milet und Herodot von Halikarnass erstmals vom Volk der Kelten, werden dabei auch Oberlauf und Quellen der Donau, griechisch Istros, genannt. Der an sich ältere keltische Name Danuvius für diese Donaustrecke wird später auf den ganzen Strom übertragen, vielleicht zufolge der um 400 v.Chr. einsetzenden Eroberungszüge der Kelten. Erstmals lässt sich hierbei eine in antiker Ethnographie und Geschichtsschreibung bezeugte Volks- oder Völkergruppe als Träger einer bestimmten archäologischen Sachkultur erweisen.

Trotz des allgemeinen Stil- und Kulturwandels dauern auf der Alb wie auch im Tertiärhügelland längs der Oberen Donau die Siedlungs-, Bestattungs- und Opferplätze der Hallstattzeit bis in die Frühphase der Latènezeit hinein fort. Auch die tragende Bevölkerung bleibt offenbar gleich, ohnehin sind weite Teile des westlichen Hallstattkreises als Ursprungsland der historischen Kelten oder Gallier zu betrachten.
Allerdings verlagern sich hier in der Folge die wirtschaftlichen Schwerpunkte zur Donau, wo sich bis hin zum Inn die Hauptsiedlungszone der Vindeliker bildet.
Während die politisch-kulturelle und religiöse Selbständigkeit dieses keltischen Teilvolks oder Hauptstamms im letzten Jahrhundert v.Chr. durch die Römer beendet wird, werden die zeitweilig nordwärts der Donau anzusetzenden keltischen Boier von den Germanen als großem östlichen Nachbarvolk der Kelten verdrängt.

Die somit vom 5.-1. Jahrhundert v.Chr. dauernde Latènekultur oder Keltenzeit ermöglicht durch gewisse Formtendenzen im Sachbestand die übliche kulturkundliche Phasenteilung, schafft aber durch bestimmte Sitten auch selektive Sachüberlieferungen, die Diskontinuität vortäuschen. Nur aus der Früh- und Mittellatènephase gibt es so reguläre Gräberfunde, befestigte Großsiedlungen städtischer Art (Oppida) sind auf die Mittel- und Spätlatènestufe beschränkt, oberirdisch erhaltene Tempelanlagen (sog. Viereckschanzen) nur aus der Spätphase bekannt.

In diesem Raum des Museums wird zunächst die allgemeine Kultur der Keltenzeit behandelt, im folgenden Raum dann eine Keltenstadt vorgestellt.

Dr. Rudolf Albert Maier, Tafeltext im Stadtmuseum Ingolstadt, um 1980
Fotos: Kurt Scheuerer


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