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Region um Ingolstadt
Bergen: Heilig-Kreuz-Kirche

 
Foto: Kurt Scheuerer

Bergen, Heilig-Kreuz-Kirche, Wallfahrt

Ehemaliges Benediktinerinnenkloster; gegründet 995 von Biletrud, der Witwe des Bayernherzogs Berthold. Aufgehoben 1542 durch den protestantischen Pfalzgrafen Ottheinrich.
Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm übergab das Kloster nach der Rekatholisierung 1635 den Neuburger Jesuiten. Diese bauten die Wallfahrt zum Kreuzpartikel aus und errichteten 1755 die heutige Kirche, die sich in die romanischen Bauteile aus dem 12. Jh. einfügt.
Die einschiffige Halle wurde vom Eichstätter Baumeister Dominicus Barbieri geplant.
Die Rokkoko-Fresken an der Decke, die sich mit der Kreuzauffindung befassen, malte der Augsburger Maler Johann Wolfgang Baumgartner.
Die dreischiffige romanische Krypta stammt von 1095.

Thiele, Roland
Prospekt des Fremdenverkehrsamts Neuburg/D, 1998


 

Faltblatt von 1954

Bergen 1956. Foto: Kurt Scheuerer
BERGEN (im Volksmund Baring), heute ein kleines Pfarrdorf mit rund 350 Einwohnern, die zumeist von der Landwirtschaft leben, ist in guter Jahreszeit einer der beliebtesten Ausflugsorte des Landkreises Neuburg a. D. Das verdankt es seiner angenehmen geographischen Lage in weit ausladender, fruchtbarer Talmulde, die fast ringsum von ausgedehnten Waldungen eingesäumt ist; mag sein, daß auch die beiden im Ort befindlichen Gasthäuser, der »Bräu« und der »Bäckerwirt« mit den mancherlei gastronomischen Genüssen, die sie ihren Gästen zu bieten wissen, einiges dazu beitragen, den Hauptanziehungspunkt aber für die vielen sommerlichen Gäste unseres Juradorfes bildet die hochaufragende Pfarr- und Wallfahrtskirche zum hl. Kreuz, welche schon von weitem den Wanderer grüßt und das anmutige Dorfbild durch ihre imposante Größe beherrscht.

Nach außen hin ist es der mehr massige als wohl gegliederte Baukörper des Gotteshauses, der den Fremden sogleich in seinen Bann zieht; freilich bei näherer Betrachtung weiß auch er schon einiges Interessante zu bieten; der massige Wehrturm, der wie ein italienischer Campanile auf der Südseite den Haupteingang der Kirche bewacht, aber auch mit seinen romanischen Bauformen sofort verrät daß er einer viel älteren Zeit angehört als der Kirchenbau in seiner heutigen Gestalt; hinter dem Turm findet sich das sehr gut erhaltene, ebenfalls romanische Portal einer viel älteren Kirche und, wenn der Besucher etwa sich erst die Mühe nimmt, den ganz versteckten Gottesacker auf der Südfront der Kirche zu durchschreiten, dann erzählen ihm 3 mächtige, romanische Apsiden an der Ostfront der Kirche, daß hier einmal ein bedeutendes kirchliches Bauwerk der romanischen Bauzeit, etwa des 12. Jahrhunderts, als Kirche des altehrwürdigen Benediktinerinnenstiftes zu Bergen Vorläufer jener ganz anderen Kirche gewesen sein muß, die heute mit Recht soviele fremde Besucher begeistert.

Wer so nach der Schau des Äußeren und seiner interessanten Bauteile aus früher Vergangenheit durch die weite Vorhalle und das breite Barockportal im Westen der heutigen Kirche zum erstenmal das Kircheninnere betritt, der ist davon überwältigt; im Gegensatz zur Nüchternheit des Außenbaues findert er hier die ganze Fülle eines vom Licht durchfluteten Kirchenraumes im Stil des Rokoko, wie derselbe nur dem 18. Jahrhundert angehören kann, das uns ja besonders in Altbayern so herrliche Kloster- und Wallfahrtskirchen geschenkt hat.
1758 haben die Jesuiten zu Neuburg, mit päpstl. Billigung Erben des ehemaligen Benediktinerinnenstiftes zu Bergen, die kunstgeschichtlich bedeutsame Klosterkirche von ehedem, dem Geschmack ihrer Zeit und den Bedürfnissen der inzwischen sehr bedeutend gewordenen Wallfahrt zum hl. Kreuz in Bergen entsprechend in die heutige Form umgeprägt.
Der Meister ihres Bauauftrages war der domkapitlische Baumeister Dominikus Barbieri aus Eichstätt. Dieser hat es verstanden unter Wiederverwendung des Mauerwerkes der alten, romanischen Kirche den heutigen, weiten und lichten Kirchenraum zu schaffen.
Ihm zur Seite stand ein nicht minder fähiger, sonst wenig bekannter Kirchenmaler Joh. Wolfgang Baumgartner aus Augsburg. Dieser hatte den Auftrag, die neue Baringer Kirche vor allem als Wallfahrtskirche zum hl. Kreuz sowohl an den weiten Deckenflächen als auch in den Altarblättern mit bildlichen Darstellungen zu schmücken, die sich durchwegs auf das hl. Kreuz und die Geschichte seiner Verehrung im katholischen Raum beziehen.

Das farbenfrohe Bild von der Auffindung des hl. Kreuzes über dem Hochaltar, das größte Deckenfresko über dem Mittelschiff der Kirche mit der Darstellung der Wiedergewinnung und Erhöhung des hl. Kreuzes durch den oströmischen Kaiser Heraklius, die Gloriole des hl. Kreuzes von Bergen im Bilde über dem Orgelchor, ebenso aber auch die kleineren Deckenfresken (unter der Orgelempore: Kreuzprozession des hl. Karl Borromäus in Mailand 1576; über den beiden Seitenkapellen Hubertus, bzw. Eustachius mit dem kreuzgeschmückten Hirsch; über den beiden vorderen Emporen: Ignatius v. Loyola in Verzückung vor dem kreuztragenden Heiland und Franz v. Assisi bei seiner Stigmatisation durch den Engel Gottes) wollen nichts anderes als den Beschauer begeistern für die Verehrung des hl. Kreuzes, welche schon zu Zeiten des einstigen Benediktinerinnenklosters Bergen, mehr noch aber in dem so wallfahrtsfreudigen 18. Jahrhundert vor der noch heute vorhandenen Partikel des hl. Kreuzes zu Baring Tausende von gläubigen Menschen aller Stände in ihren Bannkreis zu ziehen wußte.

Wenn auch ohne Zweifel die köstlichen Schöpfungen Baumgartners in seinen Deckengemälden den wertvollsten Schmuck der hiesigen Pfarrkirche darstellen, so sind doch nicht minder die fünf Altäre mit ihren in Idee und Ausführung wohl gelungenen Ölbildern und ihrem Reichtum an figürlichem Schmuck, letzterer aus der Hand eines Meisters Fischer in Dillingen, für den Beschauer eine wirkliche Augenweide.
Der dekorative Schmuck des weiten Kirchenraumes wird noch vollendet durch die figurenreiche Kanzel und ihr Gegenüber, eine würdige Darstellung der Mater dolorosa, ebenso aber auch durch den mit feiner Zurückhaltung, aber edlem Geschmack an den Deckengewölben, den Säulen und Pilastern der Seitenwände angebrachten Stuck, der einem Meister der Stukkateurschule in Wertingen zugeschrieben wird.

Foto: Kurt Scheuerer
Kein Besucher unserer Pfarrkirche zum hl. Kreuz versäumt es, nachdem er die künstlerische Schönheit des eigentlichen Kirchenraumes genossen hat, auf einer der beiden Stiegen vorne neben den Stufen, die zum vorderen Chor emporführen hinabzusteigen in die altehrwürdige Krypta oder Unterkirche.
Sie hat den Umbau des Jahres 1758 fast unberührt überstanden und ist heute noch der wertvolle Rest jener imposanten romanischen Hallenkirche des 12. Jahrhunderts, in welcher einst die Nonnen von Bergen gemäß der Regel des hl. Benedikt bis zur gewaltsamen Aufhebung ihrer Ordensgemeinschaft durch Pfalzgraf Otto-Heinrich von Neuburg i. J. 1552 das Lob Gottes verkündet haben.
Noch heute wissen es Pfarrer und Pfarrgemeinde von Bergen wohl zu schätzen, daß sich die Mitfeier des hl. Opfers nirgends besser gestalten läßt als in diesem Raum wo einst wohl auch die geistl. Töchter eines hl. Benedikt in kalten Winternächten ihre Psalmen sangen und Weihnachtskrippe und hl. Grab zu gegebener Zeit Sammelpunkte frommer Andacht bilden.

Mit der herzlichen Bitte an alle Besucher unseres schönen Gotteshauses, für die Dauer ihres Aufenthaltes in demselben der Würde und Heiligkeit des Ortes nicht zu vergessen und vielleicht auch in einen der Opferstöcke eine kleine Spende für den Unterhalt des Gotteshauses zu legen, grüßt der Verfasser dieses kleinen Prospektes alle, denen auch die künstlerische Schönheit unserer Kirche ein Wegweiser sein mag zu Ihm, der gesagt hat: "Mein Haus ist ein Bethaus".

Bergen, zu Ostern 1954
Fr. Weyl, Pfarrer und Kammerer

Bilder des Faltblattes: Foto Sayle, Neuburg und Landesamt für Denkmalpflege.
Entwurf und Druck: Funk-Druck, Eichstätt
Schutzgebühr 30 Pf.

Fotos dieser Seite: Kurt Scheuerer, 1956 und 2000


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