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Kurt Scheuerer
Segelschiffe der Antike

Ägypten

Da man den Nil als die Quelle des ägyptischen Lebens betrachten darf, nimmt es nicht Wunder, hier erstmals in der Geschichte Zeugnisse der Schiffahrt anzutreffen. Ein Krug um 3100 v.Chr zeigt ein Papyrusboot mit hochgeschwungenen Steven, Segel und Schilfdach.

Das wie ein Papyrusboot geformte Totenschiff des Pharao Cheops (2650 v.Chr) wurde aus Zedernholz erbaut und, in seine Einzelteile zerlegt, an der Südseite seiner Pyramide begraben. Es hat eine Länge von 43,4 m und eine Breite von 6 m. Die Planken sind mit Holzpflöcken zusammengefügt und durch Trossen, ähnlich wie durch Spanten verbunden.

Bilder der ersten seegehenden Fahrzeuge fand man im Grabtempel des Pharao Sahure, der um 2500 v.Chr regierte. Da das Boot eine Länge von etwa 18 m hatte, spannte man zur Versteifung in Längsrichtung eine starke Trosse auf Stützen übers Deck. Zur Festigung des Rumpfes diente ein doppelter Trossengürtel, der in Deckshöhe auf der Außenseite um das Schiff herumlief. Der Doppelmast mit dem hohen schmalen Rahsegel stand weit vorn im Schiff, wodurch nur ein Segeln bei achterlichem Wind möglich war. Das Boot, welches mit drei Ruderpaaren gesteuert wurde, diente hauptsächlich dem Handel mit Punt in Ostafrika und mit Syrien.

Da auf dem Nil der Wind meist aus Norden weht, konnte man stromaufwärts segeln; stromabwärts hielt man sich durch Staken in der Strömung. Bis 2300 v.Chr verschwand bei den Nilschiffen allmählich der Doppelmast, die Masten wurden auch kürzer und dafür die Segel breiter. Die Anzahl der Ruder wurde geringer, bis man sich auch auf größeren Booten mit einem Steuerruder begnügte.

Man befestigte auch die untere Rah mit Trossen am Mast. Das Segel wurde mit Brassen von der oberen und Schoten von der unteren Rah bedient.

Das Neue Reich brachte eine Wiederbelebung des Handels mit Punt. Die Segelschiffe, welche die Königin Hatschepsut um 1500 v.Chr aussandte, hatten bei 25 m Länge und 5 m Breite erstmals einen Kiel, welcher durch die, für ägyptische Seeschiffe typische Längsspanntrosse versteift wurde. Auf den früheren Trossengürtel konnte verzichtet werden, weil die Decksbalken durch die Seitenplanken hindurchstießen und mit diesen fest verankert waren. Der Rumpf ähnelte weitgehend den ursprünglichen Papyrusbooten, der Achtersteven wurde in Form einer Papyrusblüte abgeschlossen. Gesteuert wurde durch Doppelruder, ein System welches sich bei Seeschiffen im Mittelmeerraum bis zum 14. Jh. n.Chr hielt.

Der wantenlose, durch je zwei Vor- und Achterstage und durch das starke doppelte Fall gehaltene Mast stand nun mittschiffs, wodurch ein Halbwindsegeln möglich gewesen sein musste. Mit Hilfe der Riemen konnte wahrscheinlich ein schwacher Am-Wind-Kurs erreicht werden. Das niedrige aber breite Segel besaß eine Fläche von 130 m2.

Beim Bau der Schiffe wurden die Bordplanken in Karweelbauweise mit Zapfen zusammengefügt, erst anschließend kamen die Spanten als Verstärkung hinzu. Diese Schalenbauweise war wahrscheinlich in der ganzen antiken Welt üblich, auf Spanten hat man möglicherweise erst im Mittelalter gebaut.

Um 1200 v.Chr mußte Pharao Ramses III. eine Invasion von "Seevölkern", vermutlich Kretern, abwenden. Die ägyptischen Schiffe waren erstmals mit Rammspornen versehen, während die Fahrzeuge der Angreifer fast senkrechte Steven besaßen. Beide hatten nur eine Rah; das Segel, welches während eines Kampfes immer geborgen wurde, konnte mit Geitauen an die Rah gezogen werden. Erstmals tritt hier ein Mastkorb auf. Das ägyptische Kriegsschiff hatte bei 12 Riemenpaaren eine Länge von etwa 24 m, eine Breite von etwas über 4 m und eine Segelfläche von 80 m2.

Kreta

In ägyptischen Gräbern finden sich ausführliche Darstellungen von Seeschiffen. Von der eigentlichen Seemacht im Mittelmeer während des 2. Jahrtausends v.Chr, Kreta und Mykene, finden sich nur schematische Schiffsabbildungen um 2000 v.Chr. Sie zeigen Boote, die ähnlich gebaut waren wie die ägyptischen. Ihre Achtersteven waren als Fischschwänze geformt; am Vorsteven sind Ausbuchtungen zur Kursstabilisierung erkennbar.

Phönikien

Ab 1000 v.Chr ging die Seeherrschaft im Mittelmeer auf die Phönikier über, welche aber im 6. Jh. v.Chr. ihrer abgefallenen Tochterstadt Karthago das Handelsmonopol überlassen mussten. Deren Schiffe umfuhren bereits im 5. Jh. v.Chr. Afrika und entdeckten die Azoren.

Die Griechen unterschieden zwei Arten von phönikischen Schiffen: die gayloi (Trog, Bottich), Rundschiffe zum Seehandel und die hippoi (Pferde), die Kriegsechiffe.

Diese waren zuerst sicherlich Einbäume mit einem Rammsporn am Bug, welche von etwa 10 Ruderern angetrieben wurden. Im 8. Jh. wurde das schmale Mittelschiff durch beplankte Ausleger verbreitet, auf denen eine zweite Gruppe von Ruderern sitzen konnte. Diese Diéren besaßen ein, mit einem Gatter versehenes, durchgehendes Kampfdeck. Das Heck war meist als Fischschwanz ausgebildet, der Bug über dem Rammsporn mit einem Pferdekopf verziert.

Eine phönikische Tetradrachme aus Byblos um 350 v.Chr. zeigt ein derartiges Schiff. Es scheint sich hier um eine der ersten Schiffsdarstellungen auf Münzen zu handeln.

Die ersten Münzen wurden um 650 v.Chr in Ionien geschlagen, ab 620 wurden sie mit Bildern versehen, meist Darstellungen von Göttern und heiligen Symbolen, wie die Seeschildkröte der Insel Aegina, den Pegasos von Korinth und die Eule von Athen. Als ähnliches Herkunftszeichen ist sicherlich auch das unter einer Diere abgebildete Seepferdchen zu deuten.

Griechenland

Im 5. Jh. v.Chr., auf der Höhe ihrer Macht, besaß die Stadt Athen nach dem Sieg über die persische Flotte 300 Kriegsschiffe, welche aber im Peloponesischen Krieg von den Spartanern alle vernichtet wurden. Es handelte sich hier um zwei bis zum Ende des Römischen Reiches vorherrschende Kriegsschifftypen, Dieren und Trieren, welche von den Römern in ähnlicher Form als Biremen und Triremen gebaut wurden.

Charakteristisch für beide Arten ist die Prora, der mit Rammsporn und Auge versehene hoch aufgeschwungene Bug. Die Prora befindet sich auf vielen griechischen und römischen Münzen.

Die Diere, eine im 6. Jh. v.Chr. auftauchende Galeere hatte bei einer Länge von 24 m nur eine Breite von 3 m. Sie besaß nur geringes Gewicht und wurde von 50 Ruderern bewegt. Sie war aus Planken und Spanten gebaut. Ihre Längsfestigkeit erhielt sie durch den Kiel und die vom Bug zum Heck gehende Sturmbrücke, weiterhin durch die Barghölzer, schmale Planken, die dicker waren als die übrigen Längsplanken und mit dem Kiel und den Relingsleisten zusammen den hochaufgeschwungenen Achtersteven, das aphlaston ergaben. Am Bug standen sie in mittlerer Höhe ebenfalls vorne über. Die zosteres (Gürtel) genannten Leisten lagen an den Bordplanken längs den oberen Teilen der Fahrzeugseiten und hatten die selbe Aufgabe wie die ägyptischen Trossengürtel der seegehenden Fahrzeuge 2500 v.Chr., nämlich die Festigkeit des Bootes zu erhöhen.

Eine griechische Münze aus Phaselis, im 3. Jh. v.Chr. geprägt, zeigt deutlich die Kampfplattform hinter dem Vorsteven, ebenfalls den hinter dem Auge beginnenden Ausleger, auf welchem die Riemen der höher sitzenden Ruderer auflagen. Die unteren Riemen gingen durch Löcher in der Schiffswand.

Eine Tetradrachme des Antigonos, um 230 v.Chr., zeigt Apollo auf der Prora sitzend. Deutlich sind hier die vorstehenden Barghölzer und der Rammsporn zu sehen. Es dürfte sich bei diesem Bild um eine Triere handeln, einem Galeerentyp, welcher um 300 v.Chr bei 40 m Länge und 6 m Breite von bis zu 170 Ruderern angetrieben wurde. Diese saßen in drei Reihen; ihre längsten Riemen maßen 4,50 m.

Rom

Ähnliche Gestalt und Ausmaße wiesen die römischen Triremen auf. Der Kern des Rammsporns war nun fest mit dem Kiel verbunden und der Großmast wurde vor dem Kampf umgelegt. Vier längslaufende Trossengürtel, welche die schmalen und leicht gebauten Rümpfe für den Seegang und den Kampf verstärken halfen, verliefen am Vorsteven zwischen den Barghölzern um den Bug und am Heck bei den Steuerrudern unter dem Rumpf herum. Die Ruder konnten, wenn das Schiff hilflos im Sturm trieb, waagrecht angehoben werden.

Das römische Bauernvolk hatte bei Beginn des Krieges gegen Karthago 264 v.Chr. keine Ahnung vom Bau von Kriegsschiffen. Eine gestrandete feindliche Galeere diente ihnen jedoch als Modell. In kurzer Zeit wurden 120 Galeeren gebaut, jede mit 300 Ruderern und 120 Soldaten besetzt. Durch den erstmaligen Einsatz von Enterbrücken gelang es ihnen, die Seeschlacht von Mylae, 260 v.Chr., in einen Kampf mit dem Schwert zu verwandeln und so die karthagische Seemacht zu vernichten.

In den folgenden Jahrzehnten sicherten sich die Römer ihre Herrschaft über das westliche Mittelmeer.
Zum Symbol dieser neu errungenen Stellung bildeten sie in der Zeit von 222 bis 187 v.Chr. auf der Rückseite nahezu aller Kupfermünzen, dem sogenannten Schwergeld, die Prora ab. Ein Aes Grave aus der Zeit von 222 bis 205 v.Chr. wog 268 Gramm und wurde gegossen und nicht geprägt wie die folgenden Münzen. Von 167 bis 155 wurde der römische Kupfer-As bereits kleiner und leichter. Sehr deutlich erkennen wir auf ihm Rammsporn, Barghölzer, Kampfplattform und den relingartigen, überdachten Ausleger.

Die Prora erscheint in der folgenden Zeit seltener, dafür finden sich häufig Galeerendarstellungen, wie auf den Silberdenaren des C.Fonteius (109 v.Chr.) und des Mn.Fonteius (103 v.Chr.). Bemerkenswert sind hier die überdachten Kampftürme an Bug und Heck.

Die Prora erscheint nun nur noch symbolhaft, um Seesiege des jeweiligen Münzherrn anzuzeigen. So auf den Denaren des Flottenkommandanten Ahenobarbus, um 40 v.Chr. und des Augustus, 27 v. bis 14 n.Chr. Marcus Antonius entlohnte seine Seelegionäre mit Denaren, welche eine Diere zeigen.

Auf den Münzen des Römischen Reiches sind überwiegend symbolhafte Gestalten abgebildet, von denen manche mit Anker und Ruder ausgerüstet sind, wie z.B. die Schicksalsgöttin Fortuna auf einem Dupondius des Didius Julianus (193 n.Chr.). Das Steuerruder steht auf dem Symbol des orbis terrarum, des Erdkreises. Die Münze soll wohl das glückliche Geschick der erdbeherrschenden römischen Flotte darstellen. Das Wissen um die Kugelgestalt der Erde war damals allgemein verbreitet.

Nur selten tauchen zur Zeit der Caesaren noch Galeerendarstellungen auf, wie bei Clodius Macer, 68 n.Chr. und bei Allectus, dem britischen Usurpator (292 bis 296), dessen gefährdeter Thron sich ganz auf seine Seemacht stützte.

Einige der spätrömischen Kaiser, Constans (337 bis 350) und Gratian (367 bis 383), zeigen sich mit christlichen Symbolen und der Siegesgöttin Victoria auf einer Galeere stehend.

Eine ägyptische Münze um 360 n.Chr. zeigt Isis Pharia, die Göttin der Seefahrer, auf einer Galeere stehend und das geblähte Segel haltend.

Ein Sesterz des Nero (65 n.Chr.) zeigt den Hafen von Ostia aus der Vogelschau. Der von Caesar geplante, von Claudius und Nero begonnene und von Traian um 106 vollendete Hafen bildete im 1. Jh. n.Chr. den Stützpunkt der römischen Flotte. Rechts sind Wellenbrecher sichtbar, links eine Mole mit Lagerhäusern. In der Mitte befindet sich auf einer Säule eine Statue, wahrscheinlich der Leuchtturm. Die Gestalt im Vordergrund, die aus einer Schale Wasser ins Hafenbecken gießt, soll den Tiber darstellen. Im Hafen sind hauptsächlich Frachtschiffe verankert.

Handelsschiffe

Der Grundtyp des Handelsschiffs war bei allen Mittelmeervölkern gleich: Ein Rundschiff, dreimal so lang wie breit. Gelegentlich wurden auch sie mit Rammsteven versehen. (Z.B. auf einem Sesterz des Hadrian 117-138 und einem des Commodus 177-180 n.Chr.)

Seit dem 5. Jh. v.Chr. erbaute man ein zweimastiges Boot, welches von den Römern corbita genannt wurde. Der Achtersteven lief oft in Form eines Gänse- oder Schwanenhalses aus. Einige Schiffe wurden mit durchgehenden Decksbalken gebaut. Die Steuerruder lagen teilweise geschützt zwischen den Bordplanken und einem Teil eines Holzganges, welcher beidseitig nach achtern außerhalb des eigentlichen Rumpfes auslief. Die Bordplanken wurden mit einer Mischung aus Wachs und Teer bestrichen. Als Schutz gegen Schiffswürmer diente eine dünne Bleiplatte, die den unter Wasser liegenden Rumpf bedeckte.

Der vordere Mast, artemon genannt, war immer nach vorne geneigt, das Artemonsegel kleiner als das Großsegel. Erstmals traten Wanten und Taljen auf. Oberhalb der Rah konnte man triangelförmige Toppsegel setzen. Die Geitaue des Großsegels liefen durch Ringe auf der Vorderseite des Segels. Größere Schiffe hatten Galerien rund um den Achtersteven.

Die Corbita auf einem in Ostia gefundenen Relief hatte bei einer Länge von etwa 25 m und einer Breite von 6,5 m eine Tragfähigkeit von 10.000 Modii = 86 Tonnen. Das Großsegel hatte eine Segelfläche von ungefähr 140 m2, die Toppsegel zusammen 30 m2 und das Artemon 17 m2.

Bereits im 2. Jh. v.Chr. wurde von den Griechen der nördlichen Ägäis das Sprietsegel benutzt; im 3. Jh. n.Chr. war es auch im westlichen Mittelmeer verbreitet. Zu gleicher Zeit tauchten vereinzelt Lateinersegel auf; allgemein wurde dieses im Mittelmeerraum jedoch erst zu Beginn des Mittelalters eingeführt.

Literaturverzeichnis

Die Schiffsbeschreibungen wurden in erster Linie dem Buch "Segelschiffe" von Björn Landström, Stockholm 1969 entnommen.
Neben verschiedenen Auktionskatalogen wurde für die Münzdarstellungen besonders der Katalog "Roman Coins and their Values" von David R. Sear, London 1970 benutzt. Aus urheberrechtlichen Gründen können diese Bilder leider hier nicht öffentlich gezeigt werden.

Weitere Literatur:
Geschichtliches Werden, Altertum, Dr. Strohm, Bamberg 1953
Die Welt der Ägypter, Prof. Dr. Walter Wolf, Stuttgart 1954
Verschollene Königreiche, Leonhard Cottrell, Stuttgart 1959
So habt ihr gelebt, Ivar Lissner, Olten 1955
Die Meere der Welt, Deacou
Die Cäsaren, Matt-Kühner, Zürich-Würzburg 1964
Einführung in die Münzkunde der römischen Kaiserzeit, Robert Göbl, Wien 1960
Historical References to Coins of the Roman Empire, E. A. Sydenham, London 1917
Greek Coins and their Values, H. A. Seaby, London 1966
Der große Brockhaus, Wiesbaden 1953
Seemannschaft, DHH, Bielefeld 1969

Kurt Scheuerer, Ingolstadt 1973


Siehe auch:

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