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Anmerkungen zur Antike:
Zeitbestimmung seit der Antike

 
Wie die antike Zeiteinteilung funktioniert hat, können wir heute gefühlsmäßig wohl gar nicht mehr erfassen. Sowohl der Tag als auch die Nacht waren in jeweils zwölf Stunden eingeteilt. Diese hatten jedoch, entsprechend der Jahreszeit und der geographischen Breite, an jedem Tag eine andere Dauer. Man nennt sie deshalb die ungleichlangen Stunden. Nach heutiger Rechnung geht die Sonne bei uns im Juni/Juli gegen 4 Uhr und im Dezember etwa um 8 Uhr auf. Der Tag - und damit auch die antike Stunde - ist also im Sommer bis zu doppelt so lang als im Winter.

Zur Zeitbestimmung bei trübem Wetter und bei Nacht gab es in der Antike Wasseruhren. Deren Lauf wurde durch ständigen Vergleich mit Sonnenuhren kontrolliert.
Erst um 1300 kamen die ersten Räderuhren mit Gewichtsantrieb und "Hemmung" auf. Dieses war eine Spindel, die in das Steigrad eingriff. Hierdurch wurde der Bewegungsablauf in gleichmäßige Zeitabschnitte eingeteilt. Aufgrund ihrer großen Ausmaße eigneten sich diese Uhren jedoch nur für öffentliche Gebäude.

In der 2. Hälfte des 14. Jhs verbreitete sich die Turmuhr über ganz Europa. Bald war die öffentliche Uhr überall ein Bestandteil des Lebens in den Städten. [ Dohrn-van Rossum, Gerhard. Die Geschichte der Stunde. 1992.] Noch heute kann man sich z.B. bei der Gartenarbeit in Ingolstadt genauso wie zur Zeit Apians an den Viertelstunden-Schlägen der Münsteruhr orientiern.

Zwar hatte sich mit der Einführung der mechanischen Uhr die gleichlange Stunde durchgesetzt, jedoch war die Zählweise noch unterschiedlich. In Babylon und im antiken Rom hatte der Kalendertag um Mitternacht begonnen. [ Groß, Prof. Dr. Walter Hatto, Hamburg. Der Kleine Pauly, Bd. 5, S. 1037-1038.]
Im neuzeitlichen Italien dagegen begann die 24 Stunden-Zählung mit dem Untergang der Sonne, in Böhmen mit deren Aufgang.
In Nürnberg zählte man die Stunden von Sonnenaufgang bis -untergang; der Tag hatte im Sommer also bis zu 16 Stunden, im Winter sank seine Länge auf 8 Stunden, während die Nachtlänge sich umgekehrt verhielt. [ Maurice, Klaus. Zeit von den Gestirnen. 1978. S. 33.]
Apian schreibt dagegen im Folium populi, Fünfft Capittel: "darinn du wissen wilt wie vil stund die Beham und Sleßier zelen/ die ire stund nach dem nydergang der Sonnen rechen: und wie vil die Nürnberger und ander/ als die Babilonier/ welhe vom auffgang der Sonnen zelen/ ..."

In der 2. Hälfte des 14. Jhs tauchte die Federzug-Uhr auf.
Um 1510 entstanden tragbare Federzuguhren in Nürnberg. Man darf sich jedoch nicht vorstellen, daß (wie heute) jedermann eine Uhr benutzen konnte; sie galten als Kuriositäten und Besonderheiten an reichen Höfen.
Mitte des 17. Jhs wurde das Pendel als Gangregler eingeführt.
Im Lauf des 18. Jhs wurde die Taschenuhr dann auch zum modischen Gegenstand. Man war allerdings immer noch gezwungen, ihre Ganggenauigkeit an öffentlichen Uhren, insbesondere den Sonnenuhren an Kirchen und Rathäusern zu überprüfen.

Sonnenuhren zeigen die Ortszeit. Es ist in Ingolstadt Mittag, wenn die Sonne genau im Süden steht. In Regensburg dagegen war das dann etwa zwei und ein drittel Minuten früher der Fall. Wenn man zwei Tage benötigt, um diese Strecke zu bereisen, so spielt diese Zeitdifferenz keine große Rolle.
Mit Einführung der Eisenbahn jedoch wurde eine internationale Zeitvereinbarung nötig: 1893 wurde in ganz Deutschland die Mitteleuropäische Zeit eingeführt, die der Greenwicher Ortszeit um eine Stunde vorausgeht. [ Maurice, Klaus. Zeit von den Gestirnen. 1978. S. 40.]

Bei den Nachtuhren erhält man zunächst die Sternzeit, die mittels verstellbarer Scheiben in die Ortszeit umgewandelt werden muß. Bei den verschiedenen Versionen des Quadranten wird am Tag die Sonnenhöhe bestimmt. Daraus wird dann je nach Jahreszeit durch Verstellung von Armen oder Fäden mit Perlen oder Scheiben die Ortszeit ermittelt. In jedem Fall muß vorher die geographische Breite berücksichtigt werden.
Für den normalen Menschen war derartiges nicht praktizierbar und wohl auch unnötig. Er konnte sich ja an den Schlägen seiner Kirchturmuhr orientieren.
Für wen waren dann wohl genaue Zeitbestimmungen nötig? Vermutlich in erster Linie für Astronomen, Geographen, Seefahrer und Astrologen.

Kurt Scheuerer, 1995


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