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Bestimmung der Tageszeit

 

Sonnenuhr

Waagrechte Sonnenuhr

In der Antike stand der Gnomon, der schattenwerfende Zeiger, entweder senkrecht auf einer ebenen Fläche, oder seine Spitze befand sich im Zentrum einer Hohlhalbkugel (polos).
Herodot berichtet (2,109): "... den Stundenzeiger, die Sonnenuhr und die Einteilung des Tages in zwölf Stunden haben die Griechen von den Babyloniern."
Die Spitze des Gnomons wandert jeden Tag entlang einer anderen Hyperbellinie über den Boden. Im Winter, wenn die Sonne flacher steht, ist diese Linie weiter vom Gnomon entfernt als im Sommer. An solchen Liniennetzen konnte man in der Antike zunächst die Tage der Sonnenwenden und die der Tag- und Nachtgleichen, sowie an jedem Tag die Mittagszeit ablesen; erst später dann auch die Tagesstunden.

Die Sonnenuhr des Augustus in Rom, das Solarium oder Horologium Augusti, war eine Horizontaluhr. Als Gnomon diente ein etwa 30 m hoher Obelisk mit einer Kugel auf der Spitze. Der Schatten dieser Kugel wies auf im Boden des großen Platzes eingelassene Kupfermarken.
Die außerhalb der Stadtgrenze Roms errichtete Anlage stand in Verbindung mit dem Mausoleum des Augustus und der Ara Pacis und war ein riesiges Monument des Sieges über Ägypten und Marcus Antonius.
"Am Geburtstag des Kaisers ... wandert der Schatten von Morgen bis Abend etwa 150 m weit die schnurgerade Äquinoktienlinie entlang genau zur Mitte der Ara Pacis; es führt so eine direkte Linie von der Geburt dieses Mannes zu Pax, und es wird sichtbar demonstriert, daß er natus ad pacem ist. ... An der Wendelinie des Capricorn, der Empfängnislinie des Kaisers, fängt die Sonne wieder an zu steigen.
Mit Augustus beginnt also ... eine neue Ära, und zwar eine Ära des Friedens mit all seinen Segnungen, mit Fülle, Üppigkeit, Glückseligkeit." [ Buchner, Edmund. Die Sonnenuhr des Augustus. 1982.]
Die Einflüsse der Astrologie sind deutlich erkennbar. Die exakte Bestimmung der Zeit der Geburt scheint bis in die Neuzeit hinein ein wesentlicher Antrieb zur Entwicklung genauer Sonnenuhren gewesen zu sein.

Senkrechte Sonnenuhr

Die Sonnenuhren des Mittelalters und der frühen Neuzeit waren üblicherweise an der Südwand eines Gebäudes angebracht. Der schattenwerfende Stab stand entweder senkrecht von der Wand ab oder er war parallel zur Erdachse befestigt. Von ihm ausgehende Radiallinien bezeichneten die wahre Ortszeit. Auf dem Zeiger war eine Kugel angebracht. Deren Schatten zeigte auf den annähernd waagrechten Hyperbellinien die Jahreszeit, Sommer unten, Winter oben, und damit auch die unterschiedliche Länge von Tag und Nacht.
Zusätzliche Schräglinien gaben dann die Anzahl der seit Sonnenaufgang verstrichenen Stunden (die sogenannten Nürnberger Stunden) an. Im Sommer waren das bis Mittag 8, im Winter 4 Stunden.

Bild 1: Sonnenuhr von 1502 an der Lorenzer Kirche in Nürnberg. Zinner, Bild 4.

Da die Wand, an welcher die Sonnenuhr angebracht war, in den seltensten Fällen exakt nach Süden zeigte, war zum Ausgleich, vor Errichtung der Anlage, eine genaue und komplizierte geometrische Konstruktion erforderlich. Hierfür wurden oftmals Universitätsprofessoren herangezogen.
Johann Stabius, der von 1498 bis ca. 1503 als Mathematiker in Ingolstadt wirkte, konstruierte die Sonnenuhr von 1502 an der St. Lorenzkirche in Nürnberg. Hans Ostermaier, Magister und Astronom in Ingolstadt, erhielt 1507 den Auftrag, eine Sonnenuhr für Regensburg zu entwerfen. [ Zinner, Ernst. Astronomische Instrumente des 11. bis 18. Jhs.] Die Sonnenuhr an der St. Martinskirche in Landshut wird Peter Apian zugeschrieben.
Vorlesungen über Sonnenuhren hielten an der Universität in Ingolstadt Christoph Scheiner 1615, Mauritius Friesenögger 1616, Baptist Cysat 1619-21 und Hildebrand 1626. Scheiners Schüler Georg Schönberger disputierte unter ihm über die Grundlage der Sonnenuhren. [ Zinner, Ernst. Astronomische Instrumente des 11. bis 18. Jhs. S. 69.]

Mechanische Geräte

Armillarsphäre, Astrolab

Q aus Apians Folium Populi
Die in der Antike entwickelte Armillarsphäre enthielt ein System von Kreisringen, entsprechend den Großkreisen des Himmels. Damit konnte die Position von Gestirnen, die Tages- und Nachtzeit und daraus folgend die augenblickliche Lage der Sternbilder der Ekliptik bestimmt werden. Also ein für astrologische Zwecke sehr wichtiges Gerät.


Buchstabe Q aus Apians Folium Populi mit zwei Astronomen,
welche die Himmelsgroßkreise beobachten.


Astrolab aus: Apian, Folium Populi
Auch ein Astrolabium planisphaerium, eine stereographische Projektion auf eine Scheibe, mit Visiereinrichtung zur Bestimmung der Höhe eines Gestirnes, war bekannt und besonders bei den Arabern in Gebrauch.
Im 10. Jh. entwickelte sich daraus der Sonnenquadrant.


Araber mit Astrolab,
aus Apians Folium Populi


Ignaz Kögler, 1680-1746, hatte von 1712 bis 1714 in Ingolstadt den Lehrstuhl für Mathematik, alte Sprachen und Hebräisch inne. "1720 wurde er Direktor des Astronomischen Amtes in Peking und erhielt damit die Leitung der Sternwarte und die Überwachung des chinesischen Kalenders übertragen." [ Hofmann, Siegfried. Die Jesuiten in Ingolstadt. 1991. S. 294.] Er errichtete an der Pekinger Sternwarte ein neues großes Bronzegerät, mit welchem präzisere Messungen möglich waren. Insbesondere kam es den Chinesen auf astrologische Vorhersagen an. Finsternisse und andere astronomische Vorgänge mußten möglichst genau vorausgesagt werden, um gute oder böse Tage und Zeiten festzulegen.

Bauernring

Der Bauernring - ein senkrecht zu haltender Ring mit einem Loch für den Sonnenstrahl und einer verstellbaren Stundenskala - stellte eine einfache Taschensonnenuhr dar. Er dürfte von Peuerbach erfunden und von Regiomontan verbessert worden sein. [ Zinner, S.120]
Auch Johannes Stab soll eine Ringsonnenuhr besessen haben.
"Um 1530 schrieb Joh. Veltmiller eine Arbeit über den Bauernring (Annulus horarius pensilis) mit Tafel für 49° Polhöhe und Figur für Ingolstadt." [ Zinner, S.121. - s.a. Zinner, Handschr. 11389.]

Allgemeines Uhrtäfelchen

Quadrant

Quadrant aus: Apian, Instrumentbuch
Der Sonnenquadrant entstand im 10. Jh. als Vereinfachung des scheibenförmigen Astrolabs. Er beinhaltete nur noch dessen vierten Teil und trug an seiner Oberkante zwei Plättchen mit Loch, durch welche man den Sonnenstrahl fallen ließ. Mittels eines Lotes konnte man dann den Höhenwinkel messen.

Fingeruhr und Quadrant,
aus Apians Instrumentbuch


Quadrant aus: Apian, Instrumentbuch
In seinem Instrument Buch beschreibt Apian im "Erst Tayl" den Aufbau seines Quadranten.
Von der Vorderseite, dem "Angesicht" liefert er vier Varianten nach unterschiedlichen Polhöhen (der "Polushöch"), so daß das Instrument vom Benutzer je nach Bedarf für die geographischen Breiten von 41° bis 52° gebaut werden kann.
Die Rückseite, der "Rugken", besteht aus einer Grundplatte mit aufmontierten beweglichen Scheiben und einem Zeiger.
Im "Ander Tayl dises Buchs Von dem Brauch des Quadranten" erklärt er dann im "Zwelfft Cap. wie man die Stund am Tag bey der Sonnen scheyn finden soll."
Quadrant, Apian, Instrumentbuch

Ebenso beschreibt er im "Virdt Tayl dises Buchs Von dem Horometro/ das ein gemain Instrument/ inn allen Landen der gantzen welt/ Tag und nacht zu erkäntnus der stunden/ zu brauchen ist."
Dort erklärt er im "Drit Capitel/ wie man die stund am Tag auß der Sonnen schein erkennen soll."

Vom Quadranten entstanden zahlreiche Varianten, die sich sowohl hinsichtlich der mehr oder weniger phantasievollen Form als auch in der Auswahl der Ablesemöglichkeiten unterschieden.
Das Venedigerschiff, Navicula de Venetiis, wohl im 14. Jh. erfunden, war eine kleine senkrecht zu haltende Reisesonnenuhr in Schiffsform mit hohem Bug und Heck, an welchen sich die beiden Absehen zur Einstellung in Richtung Sonne befanden. Der Mast war je nach Jahreszeit verstellbar, durch einen an ihm angebrachten Schieber konnte die Polhöhe eingestellt werden. Es diente zur Bestimmung der gleichlangen Stunden.

Die Bezeichnungen des Gerätes wechselten von Navicula de Venetiis im 14. Jh. zu Organum ptolomei... bzw. Quadratum horarium generale bei Regiomontan im 15. Jahrhundert.
Johannes Stab beschrieb 1512 ein Horoscopion omni generaliter congruens climati, Peter Apian 1519 ein Quadratum horarium, 1532 den Quadrans rectilineus, ein Quadrat, 1532 das Horometrum, eine runde Scheibe, sowie 1533 das Horoscopion Apiani generale, eine viereckige Platte. [ Zinner, Ernst. Astronomische Instrumente des 11. bis 18. Jhs. S. 116-117.]
1592 hielt Cornelius Adriansens, Professor der Mathematik, an der Universität Ingolstadt Vorlesungen über den Sonnenquadranten. [ Zinner, Ernst. Astronomische Instrumente des 11. bis 18. Jhs. S. 162, 230.]

Folium Populi

Apian, Folium populi
In vergleichbarer Weise ist auch das Folium populi von Peter Apian aus dem Jahr 1533 aufgebaut.
Es besitzt einen beweglichem Arm, Lot, Perle und zwei Absehen. Es sieht wie ein Pappelblatt mit Stiel aus.
Entnommen werden damit die gleichlangen und die ungleichlangen Stunden, sowie die Stunden seit Aufgang und Untergang der Sonne. [ Zinner, Ernst. Astronomische Instrumente des 11. bis 18. Jhs. S. 116.]

In Apians "Instrument Buch" erscheint es jedoch nicht mehr, es wurde durch einen der handlicheren Quadranten - das Horoscopion - ersetzt. Es besticht durch seinen raffinierten Aufbau und seine eigenartige Form.
Im Gegensatz zum äußerlich nüchternen und zweckmäßigen Quadranten ist es wohl mehr als Kunstwerk geschaffen worden.

Apian, Folium Populi


Apian, Folium populi, Titelblatt (nachbearbeitet)

1526 gründete Peter Apian seine Druckerei in Ingolstadt. Seit 1527 hielt er Vorlesungen an der Universität und nannte sich "PETRVS APIANVs de Leysnick Mathematicus Ingolstadianus".
[1533 im Folium Populi]
1532 erschien das Buch über den Quadranten "Quadrans Apiani", 1533 das "Folium Populi", das, "Horoscopion" und das "Instrument Buch".
Letzteres stellte eine Zusammenfassung und teilweise Ergänzung aller bisher erschienenen Einzelschriften seiner Meßgeräte dar. Es war in deutscher Sprache geschrieben und richtete sich also an die gebildete aber nicht studierte Bevölkerung.

Das Widmungsblatt des kleinen zweisprachigen Heftes "Folium Populi" an den "Nobilisimo Dño IO. GVLIELMO a Loubemberg", dessen Wappen drei Pappelblätter zeigt, wiederholt sich in dem größeren vorläufigen Hauptwerk Apians, dem "Instrument Buch". Es drängt sich daher die Frage auf, ob es nicht ein geschickter Werbeeinfall Apians war, dem Herrn von Laubenberg ein Instrument zu widmen, welches dessen Wappenbild widerspiegelte, um ihn dann auch als Geldgeber für das weit wichtigere "Instrument Buch" zu gewinnen.

Und dem letzten Satz Apians im Folium populi möchte ich mich hier auch anschließen: "Mit diesen worten verhoff ich/ habe ich dir dis Instrument genügsam erclärt/ darumb wil ich das Instrument dir/ und dich dem allmechtigen Gott bevelhen."

Kurt Scheuerer, 1995


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