Logo Kurt Scheuerer Wissensspeicher zur Geschichte von Ingolstadt  
Baiuwaren
Siedlungsgeschichtliche Beobachtungen zur Situation der
Region Ingolstadt in der späten Römerzeit

Germanische Präsenz
Die Gebiete südlich der Donau nach 260
Die Gebiete nördlich der Donau im 3. und 4. Jahrhundert
Römische Importware


Germanische Präsenz

Nachdem in den vergangenen Jahren wiederholt Modelle zur Siedlungsdynamik der Spätantike, der Völkerwanderungszeit und des frühen Mittelalters im bayrischen Donauraum vorgestellt wurden, lassen sich jetzt erstmals regionale Tendenzen beobachten. (12) Nach wie vor ist hierbei Vorsicht geboten, sehen wir doch noch nicht mehr als eine erste »Morgenröte« über dieser Siedlungslandschaft zwischen Spätantike und frühem Mittelalter. Ergeben sich aus der archäologischen Befundlage auch bereits einige Aspekte auf die Siedlungsgeschichte in diesem Raum, so können doch Neufunde diese Aspekte zumindest im Detail wieder korrigieren.

Einleitend ist für das Bearbeitungsgebiet festzustellen, daß es hier bislang keine Hinweise auf eine Besiedlung im direkten Anschluß an das - wie auch immer bedingte - Ende der Spät-La-Tène-Zeit um die Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. gibt. Noch in der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. fand die Einbeziehung des südlich der Donau gelegenen Landes in die Interessensphäre Roms statt.
Karte 1. Römische Kastelle Der Schritt über die Donau hatte gegen Ende des 1. Jahrhunderts zunächst noch militärisch-strategische Gründe. (13) Bald jedoch waren es wohl handfeste wirtschaftliche Erwägungen, die eine Einbeziehung der Gebiete mit Böden von höchster Bonität nördlich der Donau erforderten. Für gut ein Jahrhundert bildeten die villae rusticae dann die landwirtschaftliche Grundlage der militärischen Präsenz Roms. Eine Übersicht zur Verdeutlichung der römischen Besiedlung mit dem Bearbeitungsstand von 1990 wird in Karte 1 vorgelegt. Sie wurde auf der Grundlage der Arbeiten Winkelmanns, Reicharts und Ecksteins angelegt und mit den Ergebnissen der Luftbildarchäologie sowie neuer Geländebegehungen und Grabungen ergänzt.

Die Frage nach einer germanischen Präsenz in Form planmäßiger Siedlungen außerhalb des Limes in der mittleren Kaiserzeit kann für das Bearbeitungsgebiet verneint werden. Doch gibt es durchaus mittelkaiserzeitliche römische Keramik außerhalb des Limes, etwa vom Fundplatz »Sandgrube Ilbling« oder aus der Halbhöhle mit der Bezeichnung »Klause« südlich von Kinding, beide Landkreis Eichstätt. Gleichzeitig liegen »germanische« Fundgegenstände aus römischen Fundplätzen diesseits des Limes vor. Dabei sind vor allem die bekannten Trinkhornbeschläge zu nennen, die von einigen Kastellplätzen der Region bekannt wurden (Böhming, Kösching, Pförring), oder etwa ein germanischer Feuerstahl mit offener Ringöse aus der römischen Nekropole von Böhming. So wurde kürzlich etwa auch ein Grabinventar aus Pförring bekannt, dessen erhaltene Keramikbeigaben eine germanische Herstellung erkennen lassen (Tafel 1). Daneben gibt es eine Kategorie von Keramikfunden, die als »rätisches Bauerngeschirr« angesprochen wurde. (14) Aus herstellungstechnischen Überlegungen ist zu vermuten, daß darin ein noch nicht ergründetes »germanisches Element« vorliegen könnte.

Die vernichtenden Einfälle der Alamannen im Jahr 233 lassen sich auf archäologischem Weg indirekt nachweisen. Wohl alle römischen Villen fielen nach bisherigen Beobachtungen Brandkatastrophen zum Opfer. In gleicher Weise erging es nahezu allen Kastellen und den zugehörigen Lagerdörfern. Bemerkenswert, nicht jedoch verwunderlich ist, daß mit Ausnahme einer Fibel aus Böhming (Abb. 2) und einer Pfeilspitze aus Burgheim (Tafel 2) bislang keine alamannischen Funde diesen Ereignissen zugeordnet werden können. Die lange Laufzeit des Böhminger Fibeltyps bietet jedoch auch andere Datierungsmöglichkeiten und führt damit auch zu anderen Interpretationen. (15)

Die eiserne Pfeilspitze von Burgheim hat Parallelen in den allerdings bronzenen Grabfunden von Laisacker und Berching- Pollanten (s. Anm. (4) u. (49). Wenngleich nicht gänzlich auszuschließen, so ist gegenwärtig eine römische Bautätigkeit im direkten Anschluß an die Alamanneneinfälle von 233 nicht nachzuweisen. Über mehr als ein halbes Jahrhundert bleiben nur wenige Münzfunde, die nicht ohne weiteres als Siedlungsbelege angesehen werden können. Eine Ausnahme bildet lediglich der vicus scuttarensis/Nassenfels, wo die Münzreihe über die Mitte des 3. Jahrhunderts hinausreicht (Abb. 3) (16).

Die Gebiete südlich der Donau nach 260

Das Jahr 260 gilt allgemein als der Zeitpunkt, zu dem das rätische Grenzsystem der mittleren Kaiserzeit endgültig zusammenbrach. Es ist davon auszugehen, daß es damals vereinzelt bereits zu einer lockeren Besiedlung in den Gebieten nördlich der Donau gekommen ist, wie unten näher dargestellt werden soll. Für die Gebiete südlich der Donau ist eine Siedlungskontinuität über diesen Zusammenbruch hinweg bislang nicht anzunehmen. Dies gilt sowohl für die Kastellplätze wie auch für die in Steinbautechnik errichteten Gehöfte in den Lößflächen südlich von Burgheim. Alle sicheren Belege für eine Besiedlung fehlen für die zweite Hälfte des 3. Jahrhunderts und selbst noch für den Beginn des 4. Jahrhunderts. Zweifellos wird es jedoch sowohl zum Durchzug alamannisch-germanischer Gruppen und Verbände und wohl auch von römischem Militär und von Zivilisten auf dem Weg von Augsburg nach Regensburg gekommen sein.

Als Beleg hierfür mag der Neufund einer Fibel gelten, die zwischen Straß und Burgheim aufgelesen wurde (Abb. 4). Das fragmentarisch erhaltene Objekt zeigt Stilelemente verschiedener Typen und könnte als Scharnierfibel mit Kopfplatte angesprochen werden. Die Fußverzierung ist mit den Frühformen der Zwiebelknopffibel zu vergleichen (Typ Keller 1). (17) Die vorliegende Form ist als selten zu bezeichnen und hat Ähnlichkeiten mit einem Exemplar aus Lauriacum. (18) Chronologisch dürfte sie bereits in die zweite Hälfte des 3. Jahrhunderts zu stellen sein. Ein Blick über die Grenzen läßt annehmen, daß der hier ins Auge gefaßten Region in diesen Jahrzehnten nach wie vor strategische Bedeutung zukam.

Erst mit der Realisierung des spätrömischen Verteidigungssystems, der Kastellkette auf der Linie Rhein-Bodensee-Iller und Donau, liegen wieder faßbare Befunde vor (Abb. 5). Die Versuche des Probus, der als »Restitutor orbis« gilt, die Grenzen zu stabilisieren, haben wohl erst nach Diocletian im hier betroffenen Grenzabschnitt faßbare Auswirkungen gezeigt. (19) Dies gilt explizit für Neuburg und ist damit wohl beispielhaft für diesen Donauabschnitt.

Der detaillierten Vorlage E. Kellers kann inzwischen neues Datenmaterial hinzugefügt werden. Demnach gab es in Neuburg mehr als nur eine Nekropole, so daß erneut Überlegungen zu deren historischer Interpretation erforderlich werden. Bereits Eckstein hat bei der Durchsicht von Altfunden auf eine Bestattung hingewiesen, die zwischen Neuburg und dem Burgwaldberg im Jahr 1844 aufgedeckt worden war. (20) Im Jahr 1988 wurde in der Herrenstraße A 98 ein weiterer Friedhof angeschnitten, wobei ein knappes Dutzend Bestattungen dokumentiert werden konnten. Die Grenze des Gräberfeldes ist bislang nur an der Nordseite gesichert (Taf. 3). Die Gräber führten kaum Beigaben. Lediglich einer Kinderbestattung (Grab 5) war ein beinerner, mit Bronzenieten zusammengehaltener Armring, vergleichbar Grab 12 des Gräberfeldes vom Seminargarten, beigegeben (Taf. 4, 4). (21) Im Fußbereich der Bestattung eines Mannes (Grab 8) fanden sich, allerdings bereits durch den Einbau eines mittelalterlichen Kellers gestört, verlagerte Teile eines spätrömischen Militärgürtels (Taf. 4, 1-3). Nach Ansicht des Bearbeiters E. Pohl sprechen die wenigen Funde dieses Gräberfeldes für eine Datierung ins 4. Jahrhundert. (22)

Bemerkenswert ist dabei, daß in derselben Grabungsfläche auch ein Brandgrab aufgedeckt wurde, welches wenige Dezimeter höher lag als die Körperbestattungen (Grab 12). Diese vertikale Differenz braucht allerdings nichts auszusagen. Die Bestimmung des Leichenbrandes ergab den Hinweis auf einen frühadulten Mann. (23) Als Urne diente ein kumpfartiges Gefäß, das begleitet war von mindestens zwei weiteren gleichartigen (Taf. 5, eines davon nicht restauriert). Ein chronologischer Anhaltspunkt ist durch die hierfür wenig signifikante Keramik nicht gegeben, wenngleich ein jüngerer Datierungsansatz durchaus denkbar ist. Aus derselben Grabungsfläche stammen darüber hinaus als germanische Komponenten schwarzpolierte Keramikfragmente mit schrägen Kanneluren sowie hartgebrannte, quarzsandgemagerte Scherben mit eingezogenen Rändern, welche die üblichen kumpfartigen Gefäße belegen.

Vergleichbares Material hierzu stammt auch von neueren intensiven Untersuchungen im Bereich der »Münz«, die wegen des Einbaus einer Tiefgarage nötig geworden waren. Zwischen 1983 und 1986 wurde dabei vom Landesamt für Denkmalpflege unter Leitung des Verfassers der gesamte Innenhof ausgegraben und untersucht, wobei große Fundmengen angefallen sind. Bemerkenswert war dabei, daß die obersten intakten Fundhorizonte der postulierten claudischen Militärstation zuzuordnen waren. Dieser Umstand erklärt das Fehlen der spätrömischen sowie jüngerer Siedlungsbefunde, die vor allem bei der Errichtung der hochmittelalterlichen Burganlage abgetragen worden sein dürften.

Lediglich am südlichen Abbruch des Bergsporns konnte eine in den dort befindlichen urnenfelderzeitlichen Wall eingetiefte, rechteckig begrenzte Stelle dokumentiert werden, welche auf wenigen Quadratmetern Auffüllmaterial aus der Zeit des 4. und 5. Jahrhunderts erbrachte. Daraus liegt eine kleine Münzserie vor, die den Einbau datiert. Unter den Kleinfunden ist der Riemendurchzug eines kerbschnittverzierten Militärgürtels für unsere Betrachtung von Interesse, der wohl bereits dem 5. Jahrhundert zuzurechnen ist (Abb. 6). Damit wäre, neben den Keramikfunden vom Typ Friedenhain, ein weiterer Beleg für die von E. Keller postulierte letzte Kastellbesatzung von Neuburg dem Fundbestand hinzuzufügen. (24)

Ein unerwarteter Befund zeigte sich in derselben Grabungsfläche nach dem teilweisen Ausbruch eines starken Gußmauerfundamentes, das in seiner Fortsetzung bereits im nördlichen Vorhof des Pfarrhofes von St. Peter durch W. Sage festgestellt worden war. An der Basis des Mauerwerkes fanden sich Belege einer Substruktion in Form eines Rostes aus vergangenen Eichenpfählen, wie er vergleichbar aus Boiotro bekannt ist. (25) Der mittlere Pfostenabstand beträgt 50 cm (Abb. 7). Th. Fischer hat die Vermutung geäußert, daß hierin wohl die Fundamente des seit langem gesuchten spätrömischen Kastells zu sehen sind. Einzelheiten hierzu müssen jedoch einer zukünftigen Bearbeitung überlassen bleiben.

Blickt man von Neuburg a. d. Donau aus nach Westen, so gibt es aus dem Streckenabschnitt bis zum spätrömischen Truppenstandort von Burgheim nur wenig Neues. Neben dem bekannten Burgus im »Burgholz« östlich von Oberhausen und einem weiteren Wachtturm im »Mühlhart« bei Straß fanden sich bei der Neutrassierung der Bundesstraße 16 zwischen Straß und Burgheim die bereits oben vorgestellte Fibel sowie eine Gürtelversteifung mit Kerbschnittverzierung (Abb. 8). In Burgheim selbst wurde bei Neuuntersuchungen im Bereich des Reihengräberfeldes innerhalb des heutigen Ortskernes lediglich eine Münze Constantins I. gefunden. Aktuellere Gesichtspunkte als die bereits vorgetragenen lassen sich davon nicht ableiten. (26)

Von Neuburg a. d. Donau aus in Richtung Osten kann der spätrömischen Verteidigungslinie neben dem bereits nachgewiesenen Burgus im »Brucker Forst« ein weiterer zwischen Zuchering und Oberstimm hinzugefügt werden. Auch dieser scheint wie die bisher genannten in seiner Mauersubstanz vollständig ausgebrochen. Neben gut einhundert Kleinmünzen des 4. Jahrhunderts wurden eine Reihe von Teilen diverser Zwiebelknopffibeln sowie weitere Kleinfunde bei der Nachsuche mit der Metallsonde aufgelesen (Taf. 6). Keramik und sonstiges Fundmaterial liegen dagegen noch nicht vor. Zu dem Einzelfund einer Zwiebelknopffibel aus Manching hat sich kein ergänzendes Material hinzugesellt. (27) Die Diskussion um den Standort des spätrömischen Kastells Vallatum der Notitia Dignitatum scheint sich zugunsten von Weltenburg zu entscheiden. (28) Auf das Fehlen einer topographisch geeigneten Geländesituation für eine derartige Station im weiteren Manchinger Umfeld wurde bereits hingewiesen. (29) Dagegen könnte Vohburg aus topographischen Erwägungen weiterhin als möglicher Standort eines spätrömischen Militärstützpunktes im engeren Blickfeld verbleiben, wenngleich von dort nach wie vor keine Belege vorliegen.

Für den hier betrachteten Donauabschnitt läßt sich feststellen, daß nach den bisherigen Funden und Befunden die römische Grenzsicherung das Jahr 400 nicht lange überdauert hat. (30) Schon aus geographisch-strategischen Erwägungen heraus stellte dieser Abschnitt eine natürliche Schwachstelle dar, wobei das nördliche Vorland eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben dürfte. Ein Blick in die Fundlandschaft bestätigt diese Vermutung in eindrucksvoller Weise.

Die Gebiete nördlich der Donau im 3. und 4. Jahrhundert

Ab etwa der Zeit um 300 ist es zweckdienlich, für ca. 150 Jahre die Gebiete nördlich und südlich der Donau getrennt zu betrachten. Wie oben bereits angedeutet, ist nördlich der Donau davon auszugehen, daß es nach dem Ende der keltischen Besiedlung eine Siedlungslücke von knapp eineinhalb Jahrhunderten gegeben hat. Für wiederum denselben Zeitraum wurden anschließend zwischen dem rätischen Limes und der Donau die besten Böden intensiv landwirtschaftlich genutzt, wofür die große Zahl römischer Villen ein beredtes Zeugnis abgibt (s. Karte 1).

Nach deren abruptem Ende fehlen zunächst einschlägige Siedlungsnachweise. Schlaglichtartig kündigt das schon außerhalb der Region liegende Gräberfeld von Berching/Pollanten im Sulztal einen neuen Befundhorizont an. Der Fundplatz ist durch seine Lage Teil eines geographisch definierten Kulturraumes mit natürlichen Grenzen, der künftig eine weitergefaßte Betrachtung erforderlich macht. Th. Fischer bindet die Nekropole chronologisch noch ins 3. Jahrhundert ein und spricht die neuen Siedler als Juthungen an. (31) Nur geringfügig jünger ist wohl der Grabfund von Laisacker, nördlich von Neuburg a. d. Donau. Das bereits 1830 entdeckte und wohl unvollständig überlieferte Grabinventar galt lange Zeit als im weiteren Umland einziger sicherer Beleg für die Anwesenheit von Alamannen bzw. Juthungen im nördlichen Vorland des Donaulimes. (32)

Die Befunde von Pollanten und Laisacker stehen nun nicht so isoliert da, wie man zunächst meinen möchte. Immerhin gibt es in der Region bereits ein halbes Dutzend Fundstellen mit germanischen Bronzefibeln, die einen ausgeprägten bzw. angedeuteten rautenförmigen Fuß besitzen, wobei die langen Laufzeiten der einzelnen Typen eine exakte Datierung nicht zulassen.

Außerhalb der Region läßt sich diese Serie noch ergänzen. (33) Die Fibeln verteilen sich überwiegend auf die auch sonst einschlägig bekannten Fundorte wie Hütting/Feldmühle, Böhming, Pförring, Beilngries, Großmehring und Irfersdorf (Taf. 7). Mit Ausnahme von Irfersdorf lieferten die Fundorte darüber hinaus ergänzendes Keramikmaterial, welches jeweils als Beleg für eine wohl dauerhafte Siedlung angesehen werden kann. Lediglich die Fibel aus Irfersdorf darf nicht ohne die für Altfunde nötige Skepsis bezüglich ihrer tatsächlichen Herkunft bewertet werden. Eine Vermischung von Gegenständen verschiedener Fundorte war dem Verfasser des Fundberichtes nämlich in anderen Fällen nachzuweisen. Gleichwohl ist es nicht unwahrscheinlich, daß die Fibel aus dem Umfeld von Beilngries bzw. dem weiteren Umland stammt. Eine Reihe anderer Fibeln germanischer Provenienz bereichert das Spektrum (u. a. Abb. 10 u. Taf. 7, 4).

Über die tatsächliche Zeittiefe dieser Ansiedlungen läßt sich freilich gegenwärtig noch wenig aussagen, da das Formspektrum sowohl der Fibeln wie auch das der Keramikreste noch keine ausreichende chronologische Trennschärfe besitzt. Als Zeitspanne kann die zweite Hälfte des 3. Jahrhunderts bis zur ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts angesehen werden, wobei im Einzelfall durchaus Eingrenzungen möglich sind. Erschwerend für eine Gesamtbetrachtung kommt allerdings hinzu, daß es sich weitgehend um Lesefunde und nicht um Material von regulären, großflächigen Grabungen handelt, die allein hier weiterhelfen könnten.

Römische Importware

Ein Blick auf die im Fundverband geborgene provinzialrömische Importware an den oben genannten und auch an anderen Fundorten zeigt, daß diese Objekte chronologisch das 4. Jahrhundert gut ausfüllen, ja, daß sie sogar darüber hinauslaufen. Neben dem Spruchbecher aus dem Grab von Laisacker gibt es ein Glasgefäß aus Kipfenberg, dessen Herkunft aus spätrömischen Werkstätten gesichert ist. Es stammt aus einem von zwei möglicherweise nicht als solche erkannten Brandgräbern vom Fuße des dortigen Michelsberges, die ins 4. Jahrhundert gestellt wurden. (34) F. Winkelmann hat Anfang der zwanziger Jahre am westlichen Rand des bekannten Reihengräberfeldes zwei sogenannte »Depots« geborgen, welche als weitere römische Importkeramik jeweils einen Henkelkrug und einen scheibengedrehten Topf enthielten. (35)

Vom Plateau des Michelsberges, den J. Werner in die Reihe »germanischer Gauburgen« stellt, stammt das Fragment einer innenglasierten römischen Reibschüssel, wobei vergleichbare Stücke auch aus Pfünz/Stadtfeld (Taf. 12, 1) und vom Steinberg bei Gaimersheim stammen. (36) Rädchenverzierte Sigillata fehlt indes bislang, wenngleich je ein Neufund eines Standringfragmentes von Pfünz und vom Michelsberg der Machart zufolge auf eine Zugehörigkeit zu dieser Gefäßkategorie sprechen könnte.

Nicht vergessen werden dürfen die zahlreichen Funde spätrömischer Kleinmünzen, die P. Reinecke nach dem damaligen Kenntnisstand aufführt. Sie konzentrieren sich scheinbar unmittelbar nördlich von Neuburg und deuten damit eine wie auch immer zu bewertende Wechselbeziehung mit den Römern an. Dem bislang einzigen Fund vom Steinberg bei Gaimersheim kann inzwischen ein weiteres, gleichfalls durchlochtes Exemplar hinzugefügt werden.

Von eben dieser Fundstelle liegt neuerdings der Beschlag eines kerbschnittverzierten spätrömischen Militärgürtels vor (Abb. 11). Ebenfalls von einer Gürtelgarnitur stammt das Fragment eines Astragalröhrchens aus Böhming (Abb. 12). Die Reihe wird ergänzt durch den Neufund eines weiteren kerbschnittverzierten Beschlagteiles eines spätrömischen Militärgürtels vom Oktober 1990 aus dem sogenannten »Kevenhüller Loch« im Ottmaringer Tal nordöstlich von Beilngries (37) (ohne Abb.). Der feinchronologische Ansatz muß bei diesen Funden gegenwärtig noch offen bleiben.


Sammelblatt des Historischen Vereins Ingolstadt, 99. Jahrgang, 1990
Karl Heinz Rieder, Ingolstadt 1991. S. 15-24.

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