Logo Kurt Scheuerer Wissensspeicher zur Geschichte von Ingolstadt  
Die Lepanto-Monstranz
in Maria de Victoria

 
Lepanto-Monstranz. Foto: Stadtarchiv Ingolstadt
Ulla Stöver nannte wohl mit Recht die Monstranz eine »imponierende Grenzüberschreitung«.
War schon ein kniender Türke als Monstranzfuß und damit als Träger des Allerheiligsten ungewohnt, so galt dies wohl noch mehr von der Seeschlacht als Einfassung des Allerheiligsten.
In beispiellosem Detailreichtum wird die Schlacht geschildert. Unter dem bekrönenden Kreuz erblickt man in einem Kranz von Wolken die Taube des Heiligen Geistes. Engel greifen ein, schleudern Blitze, schießen Pfeile, blasen Wind in die Segel.
In den drei Mastkörben der christlichen Schiffe erblickt man die Repräsentanten der beteiligten christlichen Mächte: im mittleren Don Juan d'Austria, im linken Herzog Albrecht V. von Bayern, im rechten den Dogen von Venedig.
Goldschimmernd das Siegerschiff der Christen mit dem Bilde des Papstes Pius V. am Heck, von dem Engel, mit den Wappen der Siegermächte in den Händen, Blitze auf das türkische Schiff schleudern, das mit gebrochenen Masten im Sinken begriffen ist, im Rettungsboot Sultan Kara Mustafa, am Heck der Oberbefehlshaber Ali Pascha.
Das wolken- und engelumkränzte Ostensorium ist beseitet von dem Bilde des Erzengels Michael (links), der Maria mit dem Zepter in der Hand und dem Sternenkranz um das Haupt den Lorbeerkranz des Sieges überreicht, formal eine eigentümliche Illusion auf klassische Bilder der Verkündigung Mariens.
1892 erhielt die Monstranz an Stelle des der Sekularisation zum Opfer gefallenen und provisorisch ersetzten Fußes den heutigen. Ihm wurden die Plättchen des Originals eingefügt, sie ziehen das Fazit der Zahlen fest: 30 000 tote Türken, 3486 gerettete (»erlöste«) Christen, 190 eroberte Schiffe.
Begreiflich wird dieses Schlachtenbild als Monstranz durch die Signalwirkung der Schlacht. Papst Pius V. hatte nur mit Mühe eine Liga mit Spanien und Venedig erreicht, zum Dank für den Ausgang der Schlacht hatte er das Rosenkranzfest eingesetzt. ...

Dr. Siegfried Hofmann
in: Maria de Victoria
Ingolstadt 1986. S. 129/130.


Siehe auch:
  • Dr. Clemens Kieser, Die Memorialmonstranzen von Ingolstadt und Klosterneuburg. Studien zur Ikonologie der barocken Goldschmiedekunst. Tübingen 1998 (Zugl. Univ. Diss. Braunschweig) [Rezension von Fritz Grosse: Memorialmonstranzen. In: Weltkunst, 12 (2000)]
  • Dr. Clemens Kieser, Seeschlacht mit Realpräsenz. Ikonologische Studien zur Ingolstädter Lepanto-Monstranz, 1708. In: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums (1996)
  • Dr. Clemens Kieser, „Künstliche Arbeit und schönste Gedankhen“ - Bild, Kult und Rhetorik: Die Lepanto-Monstranz in ihrem zeitgenössischen Kontext. In: Sammelblatt des Historischen Ver­eins Ingolstadt, 104 (1995)


Siehe auch:


Impressum - - - Nachricht an den Gestalter der Seiten: Kurt Scheuerer
Zur Auswahl Stadtgeschichte Ingolstadt - - - Zur Auswahl Materialsammlung Kurt Scheuerer