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Siegfried Hofmann:
Die Sammlung von Ferdinand Orban
Ein Beitrag zur Ausstellung: Die Jesuiten in Ingolstadt

Ferdinand Orban

Im Jahre 1722 wurde P. Ferdinand Orban, der am 6. Mai 1655 in Kammer bei Landshut geborene langjährige Beichtvater des Kurfürsten Johann Wilhelm in Düsseldorf, von Landshut nach Ingolstadt versetzt.

Der Orden hatte ihm gestattet, seine umfangreiche, im Laufe von Jahrzehnten entstandene Sammlung nach Ingolstadt mitzunehmen. Das Kolleg errichtete für diese noch im Jahre 1725 um 3 500 Gulden einen Museumsbau in Gestalt eines langen, doppelseitig belichteten Saalbaus über einem Arkadengang, der die Gärten des Kollegs teilte.
Der Ingolstädter Stadtmaurermeister Michael Prunthaler, den die Chronik der Bürgerkongregation Maria de Victoria, in anderem Zusammenhang »Statt und Collegii Maurermaister« nannte, dürfte den Museumsbau errichtet haben.

Der Museumsbau

Die Litterae annuae von 1725 geben eine eingehende Beschreibung.
Das Museumsgebäude wie der darunter liegende Arkadengang verlief hierbei westlich des Hauptgebäudes vom »Professorenstock« mit Speisesaal nach Süden zum Südflügel des Convicts Sancti Ignatii. Der flachgedeckte Saal besitzt an beiden Längsseiten eine Reihe von Fenstern, deren jeweiliger Abstand museal nutzbare Wände gewährleistete.

Der Jahresbericht von 1727 ging dann wiederum ausführlich auf das inzwischen errichtete Gebäude ein.
Das Museumsgeschoß war von der Mitte des Gebäudes her erschlossen.
Gerühmt wurde das Tor in den Saal mit Säulen und anderem Schreinerwerk. Das Pflaster war aus heimischem Marmor. Dank der Fenster war der Saal sehr hell.
Die Decke überging die Beschreibung, da der Maler die letzte Hand noch nicht angelegt habe.
Die Stuckierung war mit hoher Wahrscheinlichkeit das Werk des aus Straßwalchen bei Salzburg kommenden, in Ingolstadt aber zunächst nur als Stukkateur zugelassenen Bildhauers Wolfgang Zächenberger, der auch die Fassade des Oratoriums der Akademischen Marianischen Kongregation stuckiert hatte.
Ein gitterartiges Netzwerk überzieht den Plafond, Reliefs zeigen die astronomischen Sternbilder, herausgehoben sind die Allegorien von Sonne und Mond.
Für die vier Ecken waren baßgeigenförmige Ölbilder vorgesehen, die erhalten sind: diejenigen des Astronomen Christoph Clavius und des Universalgelehrten und Museumsgründers Athanasius Kircher in der Universität München und jene der Ingolstädter Astronomen Christoph Scheiner und Johannes Baptist Cysat im Stadtmuseum Ingolstadt.
Drei große Deckenfresken waren vorgesehen, die Entwürfe von ca. 1740 hat B. Rupprecht wiederentdeckt, sie stammen von dem zu Ingolstadt wirkenden Maler Melchior Puechner.

Die Sammlung

Die Abteilungen der Sammlungen sind im erhalten gebliebenen Inventar von 1774 gut zu überblicken:
Sie reichten von Zeugnissen fernöstlicher Sachkultur und der missionarischen Tätigkeit von Jesuiten über Geschenke von Fürsten, Kultbilder und Kultgerät überwiegend aus dem Fernen Osten, Kultgerät der Hl.-Kreuz-Kirche, große Teile einer Türkenbeute von Wien aus dem Jahre 1683, dann Naturgebilde wie Conchylien oder Muscheln, einer naturwissenchaftlichen Abteilung, eine Münzsammlung hin zu einer Gemäldesammlung und ursprünglich auch mathematischen und astronomischen Geräten.

Das »Gesamtkunstwerk« des Museums mit dem Saalbau, Stuckierung, Ölbildern, den geplanten Fresken sowie der Sammlung, auch wenn sie aus Zufälligkeiten und grenzenloser Sammelleidenschaft entstanden war, ergab ein Himmel und Erde umspannendes System, eine Weltsicht, die in den vorgesehenen Deckenbildern die vier Elemente, die Künste und Wissenschaften und die Theologie in ihrer Unterordnung unter die göttliche Weisheit umgriff.

Nachruf

Als P. Ferdinand Orban am 30. Dezember 1732 starb, widmeten ihm die Litterae annuae einen Nachruf, der alle ordensinternen Reibereien mit P. Orban vergessen ließ und in den Satz mündete:
»Reliquit collegio Ingolstadiensi praeter virtutum thesauros Musaeum variis rebus physicis, historicis, mathematicis mechanisque ac aliis visu dignissimis adeo a se instructum, ut non tam Anglipoli Romae Kircherianum quam Roma Anglipoli Orbanicum invidere possit.«


Zu Ferdinand Orban und seiner Sammlung vor allem:
  • U. Krempel: Die Orbansche Sammlung, eine Raritätenkammer des 18. Jahrhunderts, Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst, Dritte Folge XIX (1968), S. 169 - 184.
  • Von 1774 ist ein Inventar enthalten: BayHStA GL 1489.

Hofmann, Siegfried. Das Orban-Museum.
In: Die Jesuiten in Ingolstadt, 1991, S. 300-305.


siehe auch:

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