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Die Schiffsfibel von Neuburg
Die Thematik der Neuburger Fibel

 

Römische Symbolik

Septimius Severus hatte sich schon früh mit griechischer und lateinischer Literatur beschäftigt. So war ihm sicherlich, wie wohl jedem gebildeten Römer, die Ode von Horaz vertraut, welche während des Bürgerkrieges 35 oder 33 v.Chr. entstanden ist und das Schicksal des Staatsschiffes im Kriegssturm schildert:

Schiff, mein Schiff, in die See jagt dich erneute Flut!
O was treibst du? Mit Macht fahr in den Hafen ein,
Rasch! ...
Nicht ein Segel mehr heil, ist auch kein Gott mehr da,
Den als Retter aus Not du wieder rufen kannst?
... Du, ..., o Schiff, ...:
Flieh vom Meer, wo es hart am Marmorschimmernden Riff sich bricht!

Horaz bezieht sich hier auf einen damals seit 600 Jahren bekannten Vergleich zwischen Staat und Schiff, welcher von Alkaios geprägt wurde:

Den Streit der Winde kann ich verstehen kaum.
Die eine Woge wälzt sich von dort heran,
die andere von hier; wir aber
treiben dahin auf dem düstren Schiffe,
in hartem Kampfe gegen den wilden Sturm. ...

Eine friedvolle und stabile Regierung nach einem Bürgerkrieg führten Augustus und Vespasianus; Septimius Severus, dessen Alleinregierung ebenfalls ein Bürgerkrieg vorausgegangen war, erhoffte sich dieses und beschwor es auf seinen Münzen: Felicitas Saeculi - das Glück des Zeitalters - dies sollte durch ihn und seine Familie gewährt werden. Drei Herrscher, welche in erhabener Ruhe vom Schiff des Staates herab auf den Betrachter blicken, und den Stürmen trotzen. - Ist unsere Fibel ein antiker politischer »Button«?
 

Christliche Symbolik

200 n.Chr. schlug Clemens von Alexandrien das Schiff als geeignetes Emblem auf christlichen Siegelringen vor.
(Lexikon der Theologie: Ein Siegelring aus Oberitalien vom Ende des 4. Jhs befindet sich in der Dresdener Skulpturensammlung.)

Das Schiff erscheint als Sinnbild der Reise, des Übergangs und als Analogie zum Menschenleben:
»Das Leben in dieser Welt ist wie ein stürmisches Meer, durch das hindurch wir unser Schiff bis in den Hafen führen müssen; wenn wir es schaffen, der Versuchung der Sirenen zu widerstehen, wird es uns zum ewigen Leben bringen.« (Augustinus)
(Heinz-Mohr, Gerd: Lexikon der Symbole, 1988, S. 253/254.)

Bei der Thematik »Drei Mann in einem Boot« muß wohl in erster Linie an den Apostel Paulus und seine Reise nach Rom im Jahre 58 n. Chr. gedacht werden.

"Nach zweijähriger Gefangenschaft in Cäsarea wurde er zufolge seiner Appellation an den Kaiser in Begleitung seiner Freunde Lukas und Aristarch nach Rom gesandt. Bei vielfacher Gefahr, in den Meeresfluthen sein Grab zu finden, hat er unerschütterliches Gottvertrauen bewiesen, und seinen zaghaften Begleitern durch bestimmtes Verkünden ihres bevorstehenden Looses Muth eingeflößt, worauf sie glücklich Rom erreichten. (Apg. c. 27 u. 28)."
(Alzog, Johannes: Handbuch der Allgemeinen Kirchengeschichte, 1882, S. 121.)

Einerseits handelt es sich bei dem eher rundlichen Schiff auf unserer Fibel, im Gegensatz zu römischen Kriegsgaleeren, um ein durchaus seetüchtiges und sturmfestes Boot.

Andererseits ist die Fibel ein an auffälliger Stelle zu tragendes Schmuckstück und wurde im 1. oder 2. Jh. n.Chr. hergestellt.
Für diese Zeit der frühen Christenverfolgungen ist ein derart deutliches Zeichen wohl kaum in Erwägung zu ziehen.

Heilige Drei Könige
Auch Jonas, die Heiligen Drei Könige (Abb. 27, aus dem Evangeliar der Speyrer Domes, um 1197) oder die Apostel im Sturm mit dem schlafenden Jesus (Siehe das Evangeliar der Äbtissin Hitda von Meschede, Köln, Anfang 11.Jh., abgebildet in: Temming. Segelschiffe. 1987, S.15.) werden in einem Schiff dargestellt, immer jedoch befinden sich die dargestellten Personen bei irgendeiner Tätigkeit, welche die dargestellte Szene erkennbar werden läßt.

Ebenso werden zahlreiche Heilige (Heinz-Mohr, Gerd: Lexikon der Symbole, 1988, S. 253/254.) mit oder in einem Schiff dargestellt, deren Verehrung beginnt jedoch erst, nachdem unsere Fibel in den Boden gekommen ist.

Nicht vergessen darf man bei diesen Überlegungen dann auch noch die christliche Vorstellung vom Schiff der Kirche, welche sich gerade in Bayern als Schiff Petri in zahlreichen Schiffskanzeln in den Barockkirchen niedergeschlagen hat; für unsere Fibel ist diese Vorstellung wohl ebenfalls zu spät entstanden.


Siehe auch:


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