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Archäologie Aktuell - Ausgrabungen in Ingolstadt
In•di•vi•du•um

 

In•di•vi•du•um, das [Substantiv, neutrum ] = der einzelne Mensch (im Gegensatz zur Masse)

Das Individuum, der einzelne Mensch als Bewohner und Gestalter der Stadt, begegnet uns bei archäologischen Ausgrabungen nur selten „direkt“. Das Ergebnis seines Schaffens ist dagegen stets Gegenstand archäologischer Dokumentationen. Der Mensch gestaltet das Land, um es nutzbar zu machen. Er errichtet Häuser, zunächst aus Holz, und ersetzt diese später in Stein, verändert sie im Laufe der Zeit, zerstört und erbaut sie wieder neu. Er produziert Waren, deren Verbreitung einen Eindruck davon geben kann, welches Sozialgefüge herrscht, welche Kontakte und Verbindungen gepflegt werden. Der Mensch bewohnt die Stadt, er entsorgt für ihn wert- oder nutzlos gewordene Gebrauchsgegenstände, er verliert wertvolle Einzelstücke oder trennt sich – vielleicht schweren Herzens – von Stücken, deren Anschaffung mit einer persönlichen Geschichte verbunden war.

Doch am unmittelbarsten kann man sich dem Menschen, dem Individuum, durch Funde nähern, die zweifelsfrei den persönlichen Besitz erkennen lassen und nicht zufällig überliefert werden. Der Wallfahrtsanhänger in einer Latrine – er wird einer Person gehört haben - aber warum er in der Latrine landet, darüber kann nur spekuliert werden. Doch legt man den Wallfahrtsanhänger als Teil einer Bestattung frei, dann erlaubt uns das einen Einblick in die Glaubenswelt des Verstorbenen. Tatsächlich? Wurden die Beigaben nicht bewusst ausgewählt, um einen bestimmten Eindruck zu vermitteln? Beigaben, Amulette, Rosenkränze, Medaillons und Anhänger, aber auch individuelle Trachtausstattungen, zeugen von persönlichen und geistig-kulturellen Vorstellungen, von Berufen und – vom Leben des Einzelnen.

Einen unverstellten Blick auf die Wirklichkeit erlauben die Ergebnisse anthropologischer Untersuchungen: Prägte schwere Arbeit das Leben oder erreichte der Verstorbene ohne größere körperliche Einschränkungen den Lebensabend? Gibt es Unterschiede zwischen den Toten, die man im Umfeld des Münsters bestattete, oder denen, die in den Randbezirken der Stadt beigesetzt wurden? Nur wenige Funde sind geeignet, sich dem Menschen zu nähern. Nur wenige personalisierte Funde treten bei Stadtkerngrabungen zu Tage. Erst die Zusammenschau aller verfügbaren Quellen wird ein anschauliches Lebensbild der Bewohner geben können.

Text: Dr. Ruth Sandner


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