Logo Kurt Scheuerer, Ingolstadt Wissensspeicher zur Geschichte von Ingolstadt  
Tafeltext zur Ausstellung:
Vom Werden einer Stadt - Ingolstadt seit 806
Die frühesten Spuren Ingolstadts

 
Der Anlass für das Stadtjubiläum 2006 ist ein historisches Datum, die Nennung Ingolstadts im Reichsteilungsplan Karls des Großen.

Mangels archäologischer Funde beleuchten in erster Linie die Schriftquellen des 9. Jahrhunderts die Frühzeit des Ortes. Aus diesem Grund werden nach fast vier Jahrhunderten praktisch schriftquellenloser Zeit das älteste bayerische Herzogsurbar von ca. 1231 und das Urbar von ca. 1280, aber auch das Niederaltaicher Zehentbuch von 1372 gemeinsam betrachtet. Hintergrund ist die Frage, inwieweit der dem Kloster zehentpflichtige Komplex und der herzogliche Besitz des Spätmittealters in und um Ingolstadt Rückschlüsse auf das karolingische Kammergut zulassen.

Die karolingische Überlieferung lässt keine Lokalisierung der genannten Kirchen oder Gehöfte zu. So wird bislang nur vermutet, dass die Gotteshäuser Vorgänger der Ingolstädter Moritzkirche und der Feldkirchener Marienkirche sind. Die Herzogsurbare des 13. Jahrhunderts weisen dagegen auf Besitz von Feldkirchen im Osten über die heute verschwundene Siedlung Hard im Norden bis zum Samhof im Westen hin. Das Niederaltaicher Zehentbuch nennt weitere Ortschaften von Mailing über Etting, Gaimersheim und Gerolfing bis hinein in die Donauauen. Damit wird ein stattlicher Umgriff mit über 10 km Durchmesser umschrieben.

In Ingolstadt ist es bislang an keiner Stelle gelungen, auf archäologischem Wege eine Brücke zwischen der Zeit der Schenkung Ludwigs des Deutschen zu den Herzogsurbaren der Wittelsbacher zu schlagen. In der Ingolstädter Altstadt mit ihrer stetig steigenden Zahl von Ausgrabungen und Fundbergungen kann dieser Umstand nicht mehr nur mit einem noch verbesserungsfähigen Forschungsstand begründet werden. Im näheren Umfeld der Altstadt dagegen finden Ausgrabungen kaum statt. Auch in den alten Ortskernen der Vororte wurden noch keine nennenswerten archäologischen Untersuchungen durchgeführt.

Allerdings liegen schon seit längerer Zeit merowingerzeitliche Grabfunde aus Gerolfing im Westen und Etting im Norden vor.

Südlich von Etting fließt der Augraben in südöstlicher Richtung durch das Gelände der AUDI AG. Als Mailinger Bach erreicht er etwa sechs Kilometer östlich der Moritzkirche von Ingolstadt die Donau. Das nähere Umfeld dieses Bachlaufes, dem auch die Römerstraße Gaimersheim-Feldkirchen folgt, hat sich gerade in den letzten Jahren als besonders aussichtsreiche mittelalterliche Fundlandschaft erwiesen. Auf dem ersten Höhenzug nördlich der Stadt, in der Flur Ziegelsaumäcker südlich von Etting, wurden 74 Gräber eines größeren Ortsfriedhofes der 2. Hälfte des 7. Jahrhunderts bzw. der Zeit um 700 ausgegraben. Die Nutzung des dortigen Abschnitts der Römerstraße im hohen und späten Mittelalter belegen Wellenrandhufeisen, die während der großflächigen Ausgrabungen auf dem AUDI Werksgelände ans Licht kamen.

Weiter flussabwärts, nördlich von Feldkirchen und Mailing, zeichnen sich beiderseits des Mailinger Baches frühmittelalterliche Bestattungsplätze im Luftbild ab, in deren Umfeld mittelalterliche Keramik aufgelesen wurde.
Bei der Schmidtmühle, wo für das 13. Jahrhundert herzoglicher Besitz überliefert ist, wurde vor dem Zweiten Weltkrieg ein Kirchlein mit beigabenlosen Bestattungen ausgegraben und 1991 eine Gefäßscherbe der Burgheimer Ware mit Kammstrichdekor und einzelner Wellenriefe aufgelesen.
Weiter östlich, in der Flur „Lohweg“ bei der Römerstraße Feldkirchen-Kösching weisen Luftbilder auf einen weiteren frühmittelalterlichen Bestattungsplatz hin.
Jüngst entdeckten W. Schneider vom Projekt Ingoldesstat-finden hier eine Wandscherbe mit sich überschneidenden Wellenriefen. Die beiden Streuscherben lassen sich recht zuverlässig in die Frühzeit der „villa Ingoldesstat“ datieren.

Denn sie passen sehr gut zur Keramik der Siedlung Etting-Sandfeld, die naturwissenschaftlich datiert ist. Der dritte Luftbildbefund eines Bestattungsplatzes liegt nordwestlich der Mailinger Martinskirche in der Flur „Brünneläcker“. Aus seinem Umfeld stammt ebenfalls mittelalterliche Keramik, allerdings etwas späterer Zeitstellung.

Ausgrabungen im Umfeld der beiden Ortskirchen, der Marienkirche von Feldkirchen und der Mailinger Martinskirche, gibt es nicht. Die spätgotische Feldkirchener Marienkirche liegt ähnlich wie die Ingolstädter Moritzkirche am Rand der Donauniederung.

Unmittelbar nördlich von ihr führt die alte Römerstraße zum Flussübergang. Wegen dieser markante Lage, ihres unbekanntes Alter und des Marienpatroziniums zählt man die Kirche wie die Ingolstädter Moritzkirche zu den 841 genannten Gotteshäusern.

So verdichten sich entlang des Augrabens/Mailinger Baches die Hinweise auf eine Aufsiedlung in der späten Merowingerzeit. Ob die damals dort lebenden und bestatteten Menschen schon zu einem agilolfingischen Fiskalgut Ingoldesstat gehörten, kann vorerst nicht entschieden werden. Zumindest einige ihrer Enkel und Urenkel dürften dagegen zu den Angehörigen der „villa Ingoldesstat“ gehört haben. So hat sich Ingolstadt nicht nur an Donau und Schutter, sondern auch am Mailinger Bach entwickelt, vielleicht dort früher als andernorts.

Textgrundlage: Katalog zur Ausstellung, Gerd Riedel, S. 74-79.


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