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Tafeltext zur Ausstellung:
Vom Werden einer Stadt - Ingolstadt seit 806
Das Alte Schloss

 
Vom ersten „Herrenhof“ der Wittelsbacher in Ingolstadt, dem Alten Schloss, steht heute noch der Hauptbau oder Palas, der als „Herzogskasten“ bezeichnet wird. Das Alte Schloss wurde nicht an der Stelle des karolingischen Herrenhofes oder eines anderen frühmittelalterlichen Gehöfts erbaut, wie Ausgrabungen zweifelsfrei belegen. Ausschlaggebend für die Platzwahl war die planmäßige Stadtanlage in der Mitte des 13. Jahrhunderts mit der Moritzkirche im Zentrum. Das Alte Schloss liegt an der Kante der Donauhochterrasse unmittelbar am ehemaligen Nordufer eines alten Donauarms. Wann dieser Gewässerarm verlandete, ist unklar.

Beim Alten Schloss begann die östliche Front der ältesten Stadtumwehrung. Die Position des Alten Schlosses in der Stadttopographie wird daher zu Recht als strategisch herausragend beschrieben, das Schloss selbst als typische Stadtrandburg bezeichnet. Generell ist die Lage an einer Trassenkante auf einem wenn auch nur schwach ausgeprägten Geländesporn bei Burgen des 13. Jahrhunderts häufig zu beobachten.

Im Zuge der wittelsbachischen Städtepolitik war Ingolstadt bereits im 13. Jahrhundert als überregionaler Zentralort mit Residenzcharakter bzw. als Residenzstadt prädestiniert. Auch das Alte Schloss soll, wie die Burg Trausnitz über Landshut und der Alte Hof in München, von vornherein in seinen Dimensionen auf zentralörtliche Funktionen hinweisen. Vermutlich schon 1258 konnten es die Herzöge nutzen. Ingolstadt musste die Rolle als Haupt- und Residenzstadt eines Landesteils bereits bald ausfüllen. In den Jahren 1310 bis 1313 war die Stadt Herzog Ludwig dem Bayern als Hauptort für das nördliche Oberbayern zugewiesen worden.

Der erhalten gebliebene Wohnbau der Herzogsburg, der „Herzogskasten“, liegt in typischer, repräsentativer Aussichtslage über dem Donaunordufer. Er ist als Ziegelbau auf Bruchsteinfundamenten errichtet. Seine ursprünglichen Außenwände sind noch erhalten. Das Gebäude hat einen rechteckigen Grundriss mit Außenmaßen von ca. 32 m auf 16,5 m. Wie im 13. Jahrhundert üblich, verfügt der Palas nicht nur an den ”Feindseiten”, sondern auch zum Burghof hin über kräftige Wände. Die zeitliche Einordnung vieler Bauteile des „Herzogskastens“ ist jedoch unklar, so dass er im Modell als Baustelle wiedergegeben wird.

Ab dem späten 12. Jahrhundert dominiert der Bergfried die Burganlage. Da in den Sandtnermodellen kein eigener Burgturm des Alten Schlosses zu erkennen ist, fällt der Blick auf den Rundturm der Stadtmauer, der einige Meter östlich des Palas als ein stattliches Bauwerk erkennbar ist. Sein Durchmesser beträgt ca. 7,5 m bei einer aus den Sandtnermodellen erschlossenen Gesamthöhe von 21,2 m. Er erinnert mit seiner Ecklage an der Donau an den Großen Turm des Neuen Schlosses, der noch Bergfriedfunktion gehabt haben soll. Der Turm blieb als ”Schlossturm” bis ins 19. Jahrhundert bestehen und wurde dann bis auf einen Stumpf abgetragen.

Im Osten diente die Stadtumwehrung als Abschluss des Alten Schlosses. Wie bei vielen mittelalterlichen Gründungsstädten besaß sie Wall und Graben, gemauerte Ecktürme und Tore, ursprünglich jedoch wohl keine steinernen Wehrmauern. Zur Stadt hin zeigen die Sandtnermodelle eine schlichte Mauer als Abgrenzung. Falls das die Ringmauer des Alten Schlosses war, dann wäre dieses wichtige Wehrelement einer Burg wenig eindrucksvoll ausgefallen, zumal nachweislich ein Wehrgraben fehlte. Ansehnlich ausgeführte Umwehrungen waren wichtige Statussymbole. Auch der im Sandtnermodell als einfacher Mauerdurchbruch gestaltete Zugang zum Burghof ist im 12./13. Jahrhundert zwar geläufig.

Man hätte aber auch hier auf eine Möglichkeit zur Repräsentation durch eine Toranlage verzichtet, falls die Modelle den Zustand des späten Mittelalters wiedergeben.

Die Ausgrabungen im Burghof nördlich des „Herzogskastens“

1987/88 zeigten Pfostenspuren eines dreischiffigen Holzbaus mit etwa 10m Breite. Dessen Langseiten verliefen nicht parallel zu denen des „Herzogskastens“. Die Flucht des Holzbaus entsprach der des unmittelbar nördlich gelegenen Gebäudes im Sandtnermodell, das als Kasten interpretiert wird. Laut Fundgut trug der Holzbau am ehesten ein Juradach, das 1258 wohl auch für den benachbarten Niederaltaicher Klosterhof überliefert ist. Aus dem ältesten Herzogsurbar geht hervor, dass ein herzoglicher Kasten schon ca. 1231 in Ingolstadt vorhanden war. Sein Standort ist zwar unbekannt, angesichts des als Kasten interpretierten, mit den selben Baufluchten errichteten ”Nachfolgebaus” des Sandtnermodells sei zumindest auf die Möglichkeit einer entsprechend frühen Entstehung des Holzbaus hingewiesen.

Ohne eindrucksvollen Bering mit Graben, ohne dominierenden Bergfried und möglicherweise ohne Torbau, mit einem zwar respektablen Palas, dem jedoch ein hölzerner Pfostenbau als Wirtschaftsgebäude gegenüberstand, scheint das Alte Schloss des 13. Jahrhunderts baulich hinter seinen gleichzeitigen Pendants in München, Landshut und Burghausen zurückgeblieben zu sein. Als Grund dafür ist eine besonders enge funktionale Verzahnung von „Herrenhof“ und Stadt denkbar.

Textgrundlage: Katalog zur Ausstellung.


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