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Texte im Stadtmuseum Ingolstadt - Raum 10
Reihengräberfelder und Adelsgrabhügel
der Merowinger- und Karolingerzeit

 
Die seit Beginn des 6. Jahrhunderts einsetzende reguläre germanische Neubesiedlung zeigt sich mittelbar in den sog. Reihenfeldergräbern der Merowingerzeit an.

Längs der Oberen Donau und der Unteren bis Mittleren Altmühl nimmt dieser Vorgang während des 6. und 7. Jahrhunderts allerdings zunächst nur fruchtbare Landstriche in Anspruch und folgt mitunter auch den Römerstraßen des ehemaligen Limesgebiets.

Diese Altsiedellandschaften sind im Süden also an Donauzone und Juragürtel, im Norden an Gäuplatten und Mittelmain gebunden, das zwischen Oberer Altmühl und Obermain liegende Keupergebiet lässt sich hingegen an karolingisch-ottonischen Ortsfriedhöfen des 8. - 10. Jahrhunderts als Ausbauland erkennen. Das heutige Siedlungsbild entsteht, denn die zu den Gräberfeldern gehörenden Siedlungen sind meist im Etter der jetzigen Orte zu suchen.

Diese zeitlich wie räumlich gestaffelten Flachgräberhorizonte sind durch reihenartig angelegte und geostete Körperbestattungen mit Tracht- und Beigabeobjekten charakterisiert, ein rechtlich fundierter und hier lang anhaltender Brauch, der auf spätantike bzw. frühfränkische Bestattungssitten der Rhein- und Maasgegenden zurückzuführen ist.

Alte germanische Religionsvorstellungen und neue christliche Glaubenswerte können in bestimmten Beigaben zum Ausdruck kommen, schlichte Kirchen werden jetzt schon in Reihengräberfeldern und Siedlungen erbaut, daneben ist aber auch der Bau monumentaler Adelsgrabhügel von heidnisch-germanischer Tradition möglich.

Bei der Untersuchung eines Reihengräberfelds auf der südlichen Donauterrasse bei Staubing nahe Weltenburg konnten so die Pfostenspuren einer Holzkirche aus dem Anfang des 7. Jahrhunderts festgestellt werden, daneben wurden durch besondere Grabbauten und Beigaben hervorgehobene Bestattungen einer christlichen Adelsfamilie erkennbar.

Dennoch dürfte eines der Staubinger Adelsgräber mit umschließendem kleinen Kreisgaben ein Hügelgrab heidnischer Reminiszenz gewesen sein; ein wesentlich größeres spätmerowingisches Kreisgrabengrab mit beigabenloser Zentralbestattung war im Rahmen des Reihengräberfelds Kelheim nachzuweisen, während sich der karolingische Adelsgrabhügel Löwenbuckel bei Gerolfing als Einzelanlage mit prunkvoller Waffen- und Gefäßausstattung weitab vom älteren Reihengräberfeld im Nordteil des Orts Gerolfing erhob.

Die auf der Übersichtskarte erfassten Reihengräber-Vorkommen des 6. - 10. Jahrhunderts stehen für alamannische, bairische und fränkische Stammesteile: Dabei wird in der Südzone die bairisch-alamannische Grenze längs einer zwischen Regnitz/Rednitz und Lech zu denkenden Linie herausgebildet, während das fränkische Gebiet sich über die nördliche Zone im Mainland und in den Gäulandschaften erstreckt.

Auch die neue Eichstätter Diözese umfasst Gebietsteile der drei Großstämme. Seit dem 9.- 10. Jahrhundert verstehen sich diese Volksstämme zusammen mit den Thüringern, Sachsen und Friesen als Deutsche.

Dr. Rudolf Albert Maier, Tafeltext im Stadtmuseum Ingolstadt


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