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Josef Würdinger:
Professor Oskar Martin Amorbach (1897-1987)

 
O. M. Amorbach

 

 

 

Erinnerung an Professor Oskar Martin Amorbach

(27.03.1897-11.10.1987)

Schöpfer verschiedener Fresken
in Ingolstadt

 

 
Von Josef Würdinger

 

 

Mit jedem Menschen stirbt eine Welt !
An diese Worte Gerhart Hauptmanns wird jeder erinnert, der die Aussegnungshalle des Ingolstädter Westfriedhofs betritt und dabei die wunderschöne monumentalen Freskierung dieser Halle betrachtet.
Doch tot ist erst der, an den niemand mehr denkt. Deshalb soll im folgenden eines Menschen gedacht werden, der durch einige in Ingolstadt geschaffene Kunstwerke in unauslöschlicher Erinnerung bleibt. Gemeint ist der Künstler Professor Oskar Martin-Amorbach.

Wer dächte bei dem Namen Amorbach nicht gleich an die liebenswerte romantische Barockstadt Amorbach, die inmitten der reizvollen Landschaften im Dreiländereck Baden-Württemberg, Bayern und Hessen im Naturpark Bayerischer Odenwald liegt. Der liebe Gott hat offensichtlich alle Bauherren in bester Art und Weise inspiriert, als sie die Altstadt mit ihren märchenhaft aussehenden Fachwerkhäusern, ihren schmucken Gassen und heimeligen Winkeln nacheinander gestalteten. Im Zusammenspiel mit der malerischen Landschaft bietet dieses idyllische Städtchen Amorbach jedem Künstler lohnende Motive.

Und hier in unmittelbarer Nachbarschaft der mächtigen Türme der Abteikirche wurde am 27. März 1897 Oskar Martin geboren. Es war eine Zeit, in der berühmte Maler des Realismus wirkten, wie beispielsweise Wilhelm Leibl (1844-1900), der Zeichner vieler frappierend genauer Bildnisse, und der Tiroler Franz von Defregger (1835-1921), der Schöpfer von volkstümlichen, bäuerlichen Darstellungen. Es war aber auch eine Zeit, in der sich die neue Kunstrichtung des Expresionismus zu Anfang des 20. Jahrhunderts bereits ankündigte.

Als Oskar Martin einmal von einem Journalisten gefragt wurde, wie er denn zur Malerei gekommen sei, antwortete er in seiner heiteren Art: „Wenn man an einem solchen Ort wie ich geboren wurde und hier aufgewachsen ist, muss man einfach malen, da geht das von selbst." (1) Er erzählte auch später oft schmunzelnd, dass die Lehrer und vor allen Dingen die Pfarrer über alle seine schulischen Unzulänglichkeiten hinwegsahen und immer sagten: „Dir muss man alles verzeihen, weil du so schön malst." (2) Überhaupt erzählte er gerne von seiner frühen Kindheit im fürstlichen Park in Amorbach, von seiner Jugend, von seinem Vater, dem Rechnungsrat beim Fürsten zu Leiningen. Er war Zeit seines Lebens in seine Heimat richtig verliebt. Diese Verliebtheit zeigte er allen, indem er seinem Familiennamen den seiner Geburtsstadt - Amorbach - anfügte.

Schon im Alter von fünf Jahren entdeckten bei ihm seine Eltern ein phänomenales Zeichentalent, und in seiner Umgebung galt er sogar als Wunderkind. (3) Seine Eltern förderten diese Begabung und waren auch mit seinem Berufswunsch, Kunstmaler zu werden, einverstanden. Als er älter wurde, war auch ihm klar, dass er nicht aufhören dürfe, seine Kunst zu verfeinern. Diesen Grundsatz aller echten Künstler befolgte der junge Oskar, als er in der Malschule in Bensheim ein Jahr Praktikum absolvierte. Im Alter von 17 Jahren folgte die Aufnahme in die königliche Kunstgewerbeschule in München. Hier eignete er sich in harter, intensiver Arbeit die ersten technischen Grundlagen seiner Kunst an.

Seine „Lehrjahre" wurden durch den 1. Weltkrieg unterbrochen. Von 1916-1919 nahm er als Meldegänger und Divisionszeichner an den großen Flandernschlachten (4) teil, wurde verwundet und erlebte so den Krieg in seiner ganzen Grausamkeit. Diese wohl schlimmsten Eindrücke in seinem Leben wurden im Bild festgehalten. Er malte u.a. berittene Soldaten in vorderstem Fronteinsatz, deren versteinerte Mienen gleichsam dem allgegenwärtigen Tod entgegensahen. Wer derart Grausames erlebt hat, findet als Künstler dafür keinen heroischen Titel. Martin nannte sein Bild der Wirklichkeit entsprechend „Sie fahren in den Tod".

Martin überlebte den Krieg; nach Ausheilung einer Kriegsverwundung setzte er 1920 seine Studien in München fort, in einer Stadt, die nicht nur in der profanen Kunst, sondern auch auf sakralem Gebiet wie der Kirchenmalerei große Leistungen hervorbrachte. (5) Dieser Ruhm kam aber nicht von ungefähr, lehrten doch an der dortigen Akademie u.a. die genialen Maler Professor Becker-Gundal sowie Professor Franz von Stuck. Martin wurde ihr Schüler, studierte bei ihnen Monumentalmalerei und wurde sogar Stucks Meisterschüler. (6)

1923 ließ sich Martin Amorbach in Samerberg im Chiemgau mit seiner Familie nieder. Die dortige Künstlervereinigung „Die Welle" wurde auf ihn aufmerksam und nahm ihn als bisher Jüngsten in ihre Gemeinschaft auf. Nachdem er schon 1923 den sog. Rompreis für sein bisheriges Schaffen erhalten hatte, kam sein ganz großer Durchbruch; denn sein im Münchner Glaspalast (später abgebrannt) geschaffenes Fresko, eine in dunklen Farben gehaltene, 25 qm große Kreuzigungsgruppe, machte ihn weit über Deutschland hinaus bekannt. (7) Aufträge wurden ihm erteilt, so die Gestaltung von 6 Fresken (Leben Christi) in der Stadtpfarrkirche Lohr am Main, die Ausmalung der drei Kuppeln in Waldsassen (Verehrung Gottvaters durch die Stände), der Jesuitenkirche in Pullach und einer weiteren Kirche in Pirmasens, um nur einiges zu nennen.

Amorbach wurde 1939 Professor in München und ab 1943 auch Professor für Historienmalerei an der Akademie der bildenden Künste in Berlin. In den großen deutschen Kunstausstellungen 1937-1944 war er mit insgesamt 10 Bildern vertreten; sie zeigten sowohl bäuerliche als auch militärische Motive. (8) Gerade die Verehrung seiner Kunst durch damals hohe Kreise und die Tatsache, dass er auch Bilder mit militärischen Motiven malte, brachten ihn wohl unberechtigterweise in den Ruf, dem Nationalsozialismus nahe zu stehen. Sein Image als ein im 3. Reich geehrter Künstler begleitete ihn auch noch nach dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Herrschaft. Trotzdem berief ihn der Bischof von Würzburg bereits im Jahre 1950/51 nach Würzburg und beauftragte ihn mit der Überarbeitung und weitgehenden Ergänzung der Fresken in der Neumünster-Kirche, die im Jahre 1945 durch Kriegseinwirkung stark beschädigt wurden. (9)

Siehe auch:
Aufträge in Ingolstadt - Die Aussegnungshalle im Westfriedhof

„Die kirchlichen Künste müssen aus dem Glauben leben und arbeiten", sagte Kardinal Faulhaber in einer Predigt. (18) Dieser Tradition fühlte sich Amorbach von Beginn seines Schaffens an verpflichtet. Die Darstellungen der frühkirchlichen Kunst und das Quattrocento waren Vorbilder, die ihn prägten, wobei er dieses klassischen Stilelemente zu einer eigenen Ausdrucksform gestaltete. (19)

Ihm war es vergönnt, in einem langen Leben „Kunst zu schaffen". Dabei stand sein Lebenswerk, die Kirchenmalerei immer im Vordergrund. Im Jahre 1968 malte er für den goldenen Saal im Augsburger Rathaus 11 Einzelgemälde in Öl, die harmonisch in die kunstvolle Deckenstruktur eingepasst sind. Die Rundbilder versinnbildlichen die Aufgaben von Regenten, die Ovalbilder die Tugenden eines vorbildlichen Bürgers in einem wohlbestellten Gemeinwesen. Das Kernstück, ein großes längsovales Mittelbild, zeigt die „Sapientia", verkörpert durch eine Frauengestalt in reichem Gewand mit Krone und Zepter. (20) Die Originalbilder wurden in der Bombennacht vom 25. auf den 26. Februar 1944 schwer getroffen. Der verheerende Brand zerstörte Dächer und Kuppeln sowie den goldenen Saal. Farbfotos der Originalbilder dienten dem Meister als Vorlage zu seinem Werk in Augsburg.

Und schließlich sei noch auf ein historisches Wandgemälde von 3,70 mal 2 Meter im Sitzungssaal des Rathauses in Volkach hingewiesen. Amorbach malte es im Alter von 82 Jahren. Das Gemälde zeigt, wie der Würzburger Fürstbischof und Herzog in Franken Lorenz von Bibra im Jahre 1504 von der Volkacher Bürgerschaft empfangen wird.

Die Stadt Würzburg ehrte ihren Franken 1981 durch die Verleihung der Albertus-Magnus-Medaille, und seine Geburtsstadt Amorbach verlieh ihm 1982 den sog. Ehrenteller der Stadt Amorbach „für jahrzehntelanges Kunstschaffen von höchstem Rang und Repräsentierung des Namens der Heimatstadt in hervorragender Weise."

Oskar Martin Amorbach, für den „ein Tag ohne Arbeit eine Strafe war", starb am 11. Oktober 1987 in Rossholzen und ist auf dem dortigen Friedhof begraben.

Anmerkungen


Josef Würdinger, Ingolstadt


Siehe auch:


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