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Andreas Tillmann:
Ein frühbronzezeitliches Ösenhalsring-Depot

 

Ein Ösenhalsringdepot aus Kösching, Landkreis Eichstätt, Oberbayern

Ösenhalsringdepot aus Kösching
Während der Ausgrabungen des Bayer. Landesamts für Denkmalpflege im Kastellbereich von Kösching 1988 meldete eine Bewohnerin der örtlichen Grabungsleitung den Fund mehrerer Bronzehalsringe.
Leider konnten wir dieser Mitteilung erst im Frühjahr 1989 nachgehen, doch Nachforschungen ergaben, daß es sich bei dem aufgelesenen Fundkomplex um insgesamt fünf Ösenhalsringe der frühen Bronzezeit handelte, die der Pflug an die Oberfläche gerissen hatte.
Eine im Frühjahr 1989 anberaumte Flurbegehung mit einem Metalldetektor ergab keine zugehörigen Fundstücke. Ebenso fanden sich keine Keramikscherben, die den Schluß auf ein Beigefäß zugelassen hätten.
Erkundigungen beim Grundstücksbesitzer rundeten die Befundsituation ab, erbrachten aber ebenfalls keine weiteren Funde. Man wird wohl davon auszugehen haben, daß es sich nicht um ein ausgepflügtes Grab, sondern um einen kleinen frühbronzezeitlichen Hortfund handelt.

Drei der fünf Halsringe zeigen kaum Spuren einer Beschädigung, einen Ring hatte der Pflug in mehrere nicht mehr vollständig zusammensetzbare Teile zerbrochen. Vom fünften, vermutlich alt gebrochenen Ring ist gerade noch eine Hälfte vorhanden Alle Ösenhalsringe hatten der Bodendruck und vor allem die Pflugeinwirkung mehr oder weniger verformt.
Die Gewichte der drei annähernd vollständigen Halsringe liegen zwischen 94 und 87 g. Herstellungstechnische Gründe verursachten bei den gegossenen Ösenhalsringen geringe Abweichungen bis zu zehn Prozent vom Zielgewicht, das in unserem Fall vermutlich 90 g betrug. Der Durchmesser im Mittelteil der Ringe liegt zwischen 5,8 und 7,1 mm, was für eine Standardisierung und Serienherstellung sprechen könnte.

Halsringe der vorliegenden Art sind im Alpenvorland schon recht oft als Depot- oder Hortfunde bekannt geworden. Die einzelnen Fundstellen markieren dabei »Handelswege« vom Hersteller zum Verarbeiter dieser Barrenform. Ihre Deponierung wird allgemein als Hinweis auf unruhige Zeiten interpretiert, in denen die Besitzer ihr Gut schützen wollten und es deshalb vergruben. Aus unterschiedlichen Gründen kam es später dann nicht mehr zu einer Bergung des Horts. Gelegentlich wird auch eine rituelle Deponierung in Erwägung gezogen.

An den Ringen aus Hortfunden sind häufig nur die Gußnähte entfernt worden, oftmals ist noch die rauhe Oberfläche zu beobachten. Im Gegensatz dazu zeigen die Halsringe aus Gräbern eine sorgfältig geglättete und überarbeitete Oberfläche.
Die Ösenhalsringe aus Kösching entsprechen dem Muster der Hortfunde: Bei ihnen hatte man lediglich die Gußnähte abgearbeitet und die ösenartigen Enden ausgeschmiedet, wobei die Oberflächen unbearbeitet blieben. Bei dem Köschinger Fund scheint es sich demnach um einen Rohmaterialhort zu handeln, der infolge unbekannter Umstände in den Boden gelangte und den sein Besitzer nicht wieder bergen konnte.

Eine zeitliche Einordnung dieser Ringvariante ermöglichen andernorts mit Bronzen der Stufen Bz A1b bis Bz A2 vergesellschaftet gefundene Stücke, die gegebenenfalls sogar noch später datieren.
Einen wichtigen Anhaltspunkt für die nähere Region geben die 1988 im Stadtkern Ingolstadts geborgenen drei frühbronzezeitlichen Flachgräber, von denen zwei Bestattungen die Beigabenkombination Horkheimer Nadel/Ösenhalsring aufwiesen. Identische Halsringe sind darüber hinaus seit längerem bekannt aus Großmehring und Manching.
Bezieht man sich auf neuere Untersuchungen zur absoluten Chronologie der frühen Bronzezeit, so ist an einen zeitlichen Rahmen zwischen 2400 bis 2000 v.Chr. zu denken.

Nach dem Depotfund von sechs frühbronzezeitlichen Vollgriffdolchen aus Ingolstadt-Etting und den bereits erwähnten neuen Flachgräbern aus der Altstadt Ingolstadts erweitert der Hortfund aus Kösching in erfreulicher Weise das Verbreitungsbild frühbronzezeitlicher Fundstellen im nördlichen Oberbayern.

Andreas Tillmann
Das Archäologische Jahr in Bayern 1989. Stuttgart 1990. S. 65-66.


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