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Region um Ingolstadt
Höhlen im unteren Altmühltal

 

Fahrt in die Eiszeit

Höhlen im unteren Altmühltal - Jagdstationen in der Vorgeschichte

Kalt! - KS/99
Auf der Wanderung des Stadtmuseums Ingolstadt zur Kastlhänghöhle und den Klausenhöhlen wird den Lebensumständen der alt- und mittelsteinzeitlichen Sammlerinnen und Jäger nachgegangen. Regenwetter ist dabei eher willkommen, weil dann sichtbar gemacht werden kann, an welchen Stellen Höhlen wirklichen Schutz bieten.
Taschenlampen und gestrüppfeste Kleidung erforderlich!


Karte - KS/99

Wir fahren von Ingolstadt nach Riedenburg, überqueren dort die Altmühl und fahren nördlich des Kanals in Richtung Kelheim, bis wir Schloss Prunn vor uns sehen. Nun links abbiegen und über die Kanalbrücke Richtung Einthal fahren.
Am Kanal-Südufer geht nun unter der Brücke hindurch ein Schotterweg zur alten Schleuse des Ludwig-Donau-Main-Kanals aus dem 19. Jh. mit dem renovierten Schleusenwärterhaus. Dieses dient der Universität Regensburg als botanische Versuchsstation und wird auch von der Gesellschaft Dolina betreut.
Wir parken am Beginn dieses Weges (Radweg 16) und gehen nun zu Fuß etwa 2 km zur Schleuse und gleich danach auf dem Waldweg (A) weiter.

Nach einigen hundert Metern sehen wir viele große altverstürzte und moosbewachsene Felsbrocken. Am Ende dieses Felsversturzes steht eine Hinweistafel fürs Felsenklettern.
An dieser Tafel geht ein Weg hoch zur Kastlhänghöhle.
Diese hohe und geräumige Höhle diente während der letzten Eiszeit zweimal den Höhlenbären und einmal den Menschen (im Magdalénien, vor etwa 12.000 Jahren) als Lagerstätte.

Beim Weitergehen kommen wir auf den Forstweg, der vom Wolfsee herunter führt. Wir gehen weiter, bis noch ein zweiter Forstweg von einem kleinen Nebental, dem Galgenhang, herunter einmündet. Dann gelangen wir auf den Radweg 16, grüßen die Radfahrer freundlich und beobachten laufend die Felshänge im Wald (Pfarrholz) genau und finden bald die steile Felswand mit dem Abri im Pfaffenholz. Im Schutze dieser breiten Felsnische befanden sich Jagdlager der Nacheiszeit (vor etwa 8- bis 9.000 Jahren), als die Gegend bereits dicht bewaldet war.
"Abri" ist der französische Ausdruck für einen leicht überhängenden Felsen, unter dem wettergeschützte Übernachtungen möglich sind. Besonders nach der Eiszeit, im Mesolithikum, sind diese Plätze von den Jägern und wohl auch Fischern bevorzugt zum Nachtlager aufgesucht worden.

Vor uns sehen wir dann die Burg Randeck auf dem hohen Felsen am gegenüberliegenden Ufer und davor die geschwungene Holzbrücke, die eine europäische Auszeichnung erhalten hat. Genau in Verlängerung der Brücke befindet sich rechts der Maifelsen, auf dem früher der Maibaum von Essing aufgestellt worden war. Gleich hinter der Brücke befindet sich der Aufstieg.
Vor etwa 3.000 Jahren, in der Bronzezeit, war dieser Felsen ein offenbar religös genutzter Ort. Wohl zu bestimmten Zeiten des Jahres sind von der Höhe des Felsens Gefäße geworfen worden. Die zahlreichen Scherben fanden sich am Fuß der senkrechten Felswand.

Essing, Brücke. Foto: Kurt Scheuerer

Wir gehen nun etwa 200 Meter an der Brücke vorbei, bis wir jenseits des Kanals den Torturm von Essing mit der alten Holzbrücke sehen, dann führt ein gewundener Weg die Anhöhe hinauf zu den Klausenhöhlen.
Diese bilden ein ganzes Höhlensystem in mehreren Stockwerken.
Die untere Klause wurde nach 1860 als Bierkeller genutzt. Darüber, bis rauf zur Oberen Klause, befanden sich die Biertische der Keller-Schänke.
Interessant anzusehen in dieser dunkelsten der vier Höhlen sind die Wasserwirbel, die wohl noch von der vor etwa 200.000 Jahren durchs Altmühltal fließenden Donau geschaffen worden sind.


Klausennische. Foto: Kurt Scheuerer
Der Aufstieg bringt uns zunächst zu einem der unscheinbarsten, aber wohl historisch bedeutsamsten Plätze der Altsteinzeit in Bayern:
Micoquien
Die Klausennische ist ein kleiner Felsüberhang, der nur wenig trockenen Platz bietet.
Hier lebten in der allmählich beginnenden ersten Kältephase der Würm-Eiszeit Neandertaler.
Ihre langgestreckten Faustkeile (Micoquien) bilden in Bayern eine Übergangsstufe zur späteren typischen Neandertalerkultur, dem Moustérien, welche in mehreren Höhlen im unteren Altmühltal auftritt, so in der mittleren und oberen Klause, dem Schulerloch und der Obernederhöhle.

Nun steigen wir hoch zur mittleren Klause, einer auch bei langanhaltendem Regenwetter - im Gegensatz zur oberen Klause - trockenen Höhle. Sie ist heute sehr stark verfüllt und daher recht niedrig.
In der Kulturschicht des Magdalénien - nach dem Würm-Maximum - wurden neben den Stein- und Knochengeräten der Menschen auch kleine Kunstobjekte und sogar das Skelett eines vor 18.000 Jahren dort bestatteten Mannes gefunden.


Keller-Schänke. Aus: Archäologische Wanderungen. Band 1. (s.u.) Obere Klause. Foto: Kurt Scheuerer
Ein kleines Loch bietet nun Durchgang zur geräumigen oberen Klause, der ehemaligen Grotten-Schänke. Hier wurde die kleine Elfenbeinplatte aus dem Magdalénien mit der Einritzung eines Mammuts in einer der seitlichen Nischen gefunden.

Die westliche der beiden oberen Klausenhöhlen scheint während der Eiszeit nicht aufgesucht worden zu sein, es liegen nur Belege für vereinzelte jungstein- und bronzezeitliche Begehungen vor.

Damit endet unser Ausflug - nun müssen wir nur noch zusehen, wie wir zu unseren Autos zurück kommen ;-)

Kurt Scheuerer, 1999


Hingewiesen werden soll auf drei kleine Bücher:
  • Ingrid Burger-Segl.
    Archäologische Wanderungen. Band 1: unteres Altmühltal.
    Verlag Walter E. Keller, Treuchtlingen 1992.
    Aus diesem Buch stammt auch das Bildzitat zur Keller-Schänke (s.o.)
  • Erwin Rutte.
    Bayerns Neandertaler. Vom Leben und Sterben der Altmenschen.
    Ehrenwirt Verlag München 1992.
  • Kurt Scheuerer.
    Das Paläolithikum im Ingolstädter Raum. FUNDORT 1.
    Historischer Verein Ingolstadt 1989.
    Erhältlich nur im Stadtmuseum Ingolstadt.
  • Michael Maria Rind.
    80.000 Jahre Müll.
    Archäologische Forschungen im Landkreis Kelheim 1986 bis 1900.


siehe auch:
  • Archäologie um Ingolstadt
  • FUNDORT 1: Das Paläolithikum im Ingolstädter Raum
  • Tropfsteinhöhle Schulerloch

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