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Archäologie in Ingolstadt
Das Paläolithikum im Ingolstädter Raum

 

Paläolithische Kulturstufen

Das Paläolithikum, die Altsteinzeit, umfaßt den Zeitraum vom Beginn der Menschheitsentwicklung bis zum Ende der letzten Eiszeit.
Es wird in drei Stufen unterteilt, Alt-, Mittel- und Jungpaläolithikum, welche sich im Menschentyp und in der Herstellungstechnik der Steingeräte unterscheiden und sich über hunderte von Generationen erstreckten. Die feinere Klassifizierung dieser Kulturstufen geschieht nach den ersten typischen, meist französischen, Fundplätzen.

Eiszeiten. Graphik: Kurt Scheuerer

Alt- und Mittelpaläolithikum

Aus der Zeit vor 150.000 Jahren, als die Urdonau noch durchs Altmühltal floß, sind dort keine Reste menschlicher Besiedlung bekannt.  
Einzelfunde von Steingeräten (Acheuléenfaustkeile) liegen aus den Lößgruben von Attenfeld (Abschläge und ein Protofaustkeil aus Cromer Mindel; wohl der Homo erectus) und der früheren Lehmgrube in Ried bei Neuburg vor.
Dort wurden in einer Eem-Schicht zwei Faustkeile der Acheuléenkultur gefunden, zweiseitig flächig bearbeitete Hornsteinknollen, welchen durch Randretousche eine scharfe Arbeitskante verliehen wurde.
Diese Funde beweisen eine Begehung durch den frühen Menschen in den vorangegangenen Warmzeiten.
Einer der ältesten Besiedlungsnachweise ist eine Feuerstelle mit Speiseresten aus der tiefsten Stelle der Höhle Hohler Stein im Schambachtal vom Ende der Riß Eiszeit vor ca. 100.000 Jahren.  

Moustérien

Im damals häufig begangenen unteren Altmühltal kann der in der beginnenden Würmeiszeit erfolgte Übergang vom Alt- zum Mittelpaläolithikum gut verfolgt werden. Die Micoquienfaustkeile der Klausennische bei Neu Essing wurden immer länger und spitzer und gingen dann in die vielfältigen mittelpaläolithischen Geräte des Moustérien, der typischen Neandertalerkultur über.
Nun wurden nicht nur die Hornsteinkerne zu Geräten verarbeitet, auch einzelne Splitter und Abschläge von Hornsteinplatten wurden verwendet. Es finden sich viele Schaber und Spitzen, welche zur Fellbearbeitung und Herstellung von Kleidung dienten.

Blattspitzenkultur

In unserem zwischen den großen südfranzösischen und ungarischen Kulturen gelegenen Übergangs- und Verbindungsraum - die Donau dürfte bei Wanderungen eine große Bedeutung erhalten haben - zeichnete sich eine eigenständige Entwicklung ab: die mitteleuropäische Blattspitzenkultur. Durch beiderseitig flächige Überarbeitung wurden Hornsteinplatten, welche ebenso wie die Knollen auf den Jurahöhen häufig auftreten, zu schmalen, scharfkantigen, lorbeerblattähnlichen Geräten geformt.
Neben einigen Exemplaren im unteren Altmühltal und im Schuttertal wurden sie in größerer Menge in den Weinberghöhlen bei Mauern im Wellheimer Trockental gefunden.
 

Jungpaläolithikum

Vor ca. 35.000 Jahren (Beginn der zweiten Phase der letzten Eiszeit; Würm-II) wurde in Europa der Neandertaler vom modernen Menschen abgelöst. Die jungpaläolithischen Jäger siedelten vorwiegend in Freilandstationen an den gleichen Plätzen wie die Neandertaler; die Höhlen wurden mit großer Wahrscheinlichkeit damals lediglich von Jagdgruppen zu gelegentlichen Übernachtungen benutzt.
Ihre Jagdbeute waren überwiegend Rentiere und Pferde, welche sie mit Speeren erlegten. Für diese wurden aus Knochen geschnitzte Aufsätze verwendet, anfangs einfach zugespitzt, später harpunenartig gezackt. Der waldfreie hügelige Raum zwischen Donau- und Altmühltal bot sicherlich ideale Weidegründe für diese Tierherden bis zum Ende der Eiszeit vor ca. 10.000 Jahren. Zu berücksichtigen sind dabei auch die Herbst- und Frühjahrswanderungen der Rentiere, welche in den Sommermonaten die sumpfigen Niederungen wegen der Stechmücken scheuten, im Winter jedoch wohl wärmere, windgeschütztere Tallagen bevorzugten.  

Aurignacien

Von der ältesten in Bayern vertretenen jungpaläolithischen Kultur, dem Aurignacien, wies nur die Fischleitenhöhle Spuren eines vorübergehenden Aufenthalts auf; in den meisten Höhlen bildete sich damals eine fundlose Frostschuttschicht aus. Eine Freilandfundstelle befindet sich auf einem kleinen Plateau am nördlichen Donauufer bei Irnsing.
Als Neuerung in der Steinbearbeitungstechnik wurden lange klingenartige Hornsteinabsplitterungen hergestellt.  

Gravettien

Etwas häufiger ist in unserer Gegend die folgende Kultur, das Gravettien, vertreten. Knapp vor dem Würmmaximum finden sich seine Hauptfunde vor den Höhlen von Mauern und unter dem Felsüberhang (Abri) von Neu-Essing im unteren Altmühltal. Als typisch gelten kleine Schmalklingen, welche möglicherweise als Pfeilspitzen Verwendung fanden.
Rote von Mauern. Zeichnung: Kurt Scheuerer. Eine Kalksteinfigur aus Mauern ist dieser Zeit zuzurechnen.
Diese Statuette stellt offenbar - wie die anderen auch - eine Frau dar; hier in sitzender Haltung.
Kopf und Brüste fehlen zwar, dies kommt aber auch bei anderen Statuetten vor.
Man hat sich damals wohl allgemein mit andeutungsweisen Darstellungen begnügt; es wären aber auch zusätzliche Aufsätze, möglicherweise aus mittlerweile vergangenem organischen Material denkbar.
 

Magdalénien

Nach dem Würmmaximum wurde Süddeutschland von Westen her bevölkert.
In einer tundraartigen Vegetation fanden Rentierjäger beste Bedingungen im unteren Altmühltal vor. In den Höhlen wurde eine Vielfalt von Werkzeugen des Magdalénien aus Hornstein, Knochen, Elfenbein und Rengeweih gefunden.
Die bedeutendsten Funde lieferten die Kastlhänghöhle und die mittlere und obere Klause; in der letzteren wurden eine Steinplatte mit Wildpferdgravur, ein Lochstab aus Rengeweih und eine Elfenbeinplatte mit einem eingeritzten Mammut ergraben.
In Frankreich entstanden in dieser Phase die Höhlenmalereien.
 

Nacheiszeit

Vor etwa 10.000 Jahren wurde die Parktundra fast unmerklich von der Birkenkiefernvegetation des Präboreals abgelöst, die Rentiere verschwanden und die Jagd auf Kleintiere gewann an Bedeutung.
Siedlungsspuren des Mesolithikums finden sich vor allem am Rande des Donaumooses und auf dessen damaligen Sanddünen.

Kurt Scheuerer, in FUNDORT 1, 1989


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