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Cornelia Schütz
Der archäologische Lehrpfad auf der Schellenburg
bei Enkering

 
Plan Enkering-Kinding. Graphik: Kurt Scheuerer
Gemeinde Kinding, Landkreis Eichstätt, Oberbayern.

Hoch über den Tälern von Anlauter und Altmühl erhebt sich östlich von Enkering ein nach Norden vorspringender Bergsporn aus Dolomit mit nach drei Seiten steil abfallenden Hängen, die sogenannte Schellenburg.

Auf ihr stand in vorgeschichtlicher Zeit eine Siedlung, die durch mächtige Wehrmauern geschützt war.

Schellenburg. Graphik: F. Winkelmann.
Das Bergplateau, das sich mehr als 100 m über dem Tal befindet, wurde an der am leichtesten zugänglichen Seite durch eine doppelte Abschnittsbefestigung von der südlich anschließenden Albhochfläche abgeriegelt. Der Verlauf der beiden etwa 150 m langen Befestigungswerke ist dem sanft ansteigenden Gelände sehr gut angepaßt; die Mauern wurden unter Ausnutzung von natürlichen Terrassenkanten, von denen eine weitere zwischen den Wällen vorhanden ist, auf einer etwa gleichbleibenden Höhenlinie erbaut. Beiden Mauern war jeweils ein breiter, flacher Graben vorgelagert.
Der Zugang zur Siedlung lag am Plateaurand: Jede der Mauern bog an ihrem Westende fast rechtwinklig zur Innenfläche hin um, und ließ so zwischen Steilhang und Mauer eine schmale Torgasse frei, die von einer hölzernenToranlage abgeschlossen worden sein dürfte.

Die von der doppelten Abschnittsbefestigung eigentlich ausreichend geschützte Siedlung war zusätzlich von einer niedrigeren, umlaufenden Randmauer umgeben, die aufgrund ihrer Lage an den Kanten des Bergplateaus nicht mehr überall erhalten ist.
Die Hauptbefestigung ist, wie die Randmauer auch, zwar in Wällen verstürzt. Diese sind aber als oberirdische Denkmale im Gelände noch gut zu erkennen und stellen auch heute noch eindrucksvolle Zeugnisse menschlicher Anwesenheit dar.

Zu Beginn unseres Jahrhunderts legte Fr. Winkelmann, Gutsbesitzer in Pfünz und Streckenkommissar der Reichs-Limeskommission, einen Probeschnitt durch den äußeren Wall.
Bei dieser Untersuchung konnte die Konstruktion der Mauer leider nicht geklärt werden. Dagegen ließ sich der Zeitpunkt ihrer Erbauung anhand von Keramikscherben und Bronzepfeilspitzen in die späte Urnenfelderzeit (9. Jh. v. Chr.) fixieren. Diese Datierung korrespondiert auch gut mit den keramischen Lesefunden aus dem eigentlichen Siedlungsbereich.
Nach kurzer Zeit (einige Jahrzehnte ?) durch einen Brand zerstört, wurde die Mauer allerdings nicht wieder instandgesetzt. In keltischer Zeit oder im Mittelalter ist sie noch einmal mit einer massiven Steinmauer überbaut worden, weshalb der äußere Wall heute höher und mächtiger ist als der innere.

Als die Deutsche Telekom eine Modernisierung ihrer auf der Schellenburg stehenden Funkumsetzstation plante, ergab sich im Winter 1992/93 die Möglichkeit, einen kleinen wallnahen Ausschnitt aus der umwehrten Siedlungsfläche bauvorgreifend untersuchen zu können. Befunde jeglicher Art waren in der dünnen Erdschicht nicht mehr vorhanden, auch nicht eingetieft in den Felsuntergrund. Im Gegensatz zum bisherigen Kenntnisstand stellte sich aber heraus, daß die Siedlung der späten Urnenfelderzeit nicht die erste auf der Schellenburg war. Funde von verzierten Keramikscherben zeigen an, daß schon in der mittleren Bronzezeit und in der frühen bis mittleren Urnenfelderzeit zumindest kleinere Siedlungen auf dem Berg bestanden haben müssen. Auf eine noch ältere Begehung weisen etliche Silexpfeilspitzen hin, die der schnurkeramischen Kultur zuzuweisen sind.

Die Idee, bei Enkering einen archäologischen Lehrpfad einzurichten, entstand schon zu Beginn der 90er Jahre. Bald kristallisierte sich heraus, daß die Schellenburg mit den Ruinen der vorgeschichtlichen Befestigung ein willkommener Ausgangspunkt dafür sein würde. Die Umsetzung des Projektes in die Tat zog sich dann allerdings noch einige Zeit hin. Im Frühsommer 1994 war es dann soweit, daß die Auftraggeber, das Landratsamt Eichstätt in Verbindung mit dem Naturpark Altmühltal, den archäologischen Lehrpfad offiziell der Öffentlichkeit übergeben konnten.

Die Intention des Lehrpfades ist, interessierte Besucher mit einem kleinen Ausschnitt aus der frühen Geschichte des Menschen speziell auf der südlichen Frankenalb bekannt zu machen.
Dabei erschien es sinnvoll, sich ganz bewußt nur auf die Urnenfelderzeit zu beschränken; jener Zeitepoche, deren letzter Phase die Siedlung und Befestigung auf der Schellenburg angehörte.
Neben einer allgemein gehaltenen, einführenden Informationstafel werden die Besucher auf sieben thematischen Tafeln mit Texten und Illustrationen über verschiedene Aspekte des Lebens in der Urnenfelderzeit - z.B. Befestigungstechniken, Lebensgrundlagen, Bestattungswesen etc. - näher informiert. Berücksichtigt wurden natürlich, soweit vorhanden, Erkenntnisse über die befestigte Siedlung auf der Schellenburg, um immer wieder den lokalen Bezug herzustellen.

Schellenburg, von Enkering aus. Foto: Kurt Scheuerer.
Zum Ausgangspunkt des Lehrpfades gelangt man am besten über die Autobahn A9 (München/Nürnberg), Ausfahrt Altmühltal. Die Wanderung kann wahlweise in Enkering, Kinding oder Ilbling begonnen werden. Als Teil des Wanderweges Nr. 12 des Naturparks Altmühltal angelegt, ist der Weg gut beschildert und für Jedermann zu bewältigen. Eine etwas schwierigere Geländepassage am Schluß des Lehrpfades kann problemlos umgangen werden.
Mit dem Besuch des Lehrpfades ist gleichzeitig eine Wanderung durch eine herrliche Juralandschaft verbunden, die nicht nur an schönen warmen Sommertagen, sondern auch im Frühjahr und im Herbst sehr reizvoll ist. Die reine Gehzeit beträgt etwa 2,5 Stunden.

Cornelia Schütz-Tillmann, 1994


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