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20.10.2020

Alte Anatomie mit neuer Ausstellung

Vernissage-Woche ersetzt Eröffnungsfest

Am Sonntag, 25. Oktober, ist es soweit: Bürgermeisterin Dr. Dorothea Deneke-Stoll eröffnet die neue Dauerausstellung des Deutschen Medizinhistorischen Museums in der Alten Anatomie. Wegen der steigenden Corona-Fallzahlen geschieht dies allerdings nur mit einer kleineren Gruppe geladener Gäste und unter strenger Einhaltung der Abstandsregeln. Auch auf den sonst üblichen Empfang wird verzichtet.

Als Ersatz für das eigentlich geplante große Eröffnungsfest bietet das Museum anschließend eine „Vernissage-Woche“ für kleinere geladene Gruppen, vor allem die Mitglieder des Fördervereins. Offiziell bleibt das Museum aber bis Montag, 2. November, geschlossen.

Ab Dienstag, 3. November, folgt dann eine Eröffnungs-Woche für alle, mit freiem Eintritt und verlängerter Öffnungszeit bis 21 Uhr. Da die räumliche Situation in der Alten Anatomie stellenweise etwas beengt ist, wird der Einlass über Zeitkarten reguliert. In einer Stunde dürfen immer nur zehn Personen das Gebäude betreten. Diese Freikarten können ab Dienstag, 27. Oktober, über das Online-Reservierungstool der Städtischen Museen gebucht werden (https://www.ingolstadt.de/museen/reservierung). Bei technischen Problemen helfen die Mitarbeiter an der Museumskasse gerne telefonisch weiter. Ab Dienstag, 10. November, kann die neue Dauerausstellung dann von 10 bis 17 Uhr regulär besucht werden. Der Ticketverkauf erfolgt dabei weiterhin über das Online-Reservierungstool. Das Museumscafé „hortus medicus“ wird die Vernissagen und die Eröffnungswoche soweit möglich begleiten.

„Grundsätzlich empfehlen wir, sich immer zuerst auf unserer Homepage tagesaktuell zu informieren“, so Museumsdirektorin Marion Ruisinger. „Wir wissen nicht, wie sich das Infektionsgeschehen entwickelt, und ob wir unsere Angebote nicht noch entsprechend anpassen müssen.“ Es handele sich ja auch nicht um eine Sonderausstellung, sondern um eine langfristige Wiedereröffnung. Deswegen empfehle sie vor allem Museumsfreunden aus den Risikogruppen, mit dem Besuch der Anatomie lieber noch so lange abzuwarten, bis sich die Lage wieder entspannt hat.

Und was erwartet diejenigen, die sich doch schon jetzt auf den Weg in die Alte Anatomie machen wollen? „Eine ganz und gar neue, zeitgemäße und interessante Ausstellung“, so Ruisinger. In Zusammenarbeit mit dem Augsburger Gestaltungsbüro Thöner von Wolffersdorff wurde das inhaltliche Konzept so umgesetzt, dass die einzigartigen Objekte aus der Museumssammlung optimal wirken können. Einige Räume wurden stärker szenographisch inszeniert, so dass über die Raumgestaltung auch Stimmungen und Informationen transportiert werden. Das beste Beispiel dafür sei der Anatomiesaal. „Hier wurden die Vitrinen so angelegt, dass die Besucherinnen und Besucher sich – je nach Position – vor den Rängen des historischen Theatrum anatomicum wiederfinden bzw. die hinter den Rängen verborgenen anatomischen Objekte entdecken können.“ Medienstationen und der kostenlose Audioguide bieten zusätzliche Vertiefungsebenen an.

Doch die größte Veränderung im Vergleich zur früheren Dauerausstellung liegt im Konzept: Das Museumsteam hat sich gegen die bisherige chronologische Darstellung „Von der Antike bis heute“ entschieden und stattdessen das Gebäude und die Sammlungsobjekte ernst genommen: Beim Betreten der Alten Anatomie lernt man zunächst die medizinische Welt der Zeit kennen, in der die Alte Anatomie zur Ausbildung der bayerischen Ärzte diente. Beim Gang durch den „Heilermarkt des 18. Jahrhunderts“ begegnet man einer Medizin, die auf anderen Grundsätzen aufbaut als heute, aber in sich stimmig und für die Menschen hilfreich war. Mit dem Audioguide kann man in historische Behandlungssituationen hinein hören und lernt dabei die Argumente, Hoffnungen. Wünsche und Ängste der Kranken und der Heiler kennen. Der letzte Raum im Obergeschoss weitet den Blick auf ein überzeitliches Phänomen: „Not lehrt beten“ ist er überschrieben. Er erzählt von den Grenzen des medizinisch Möglichen und der Hoffnung auf ein Wunder – letztlich aber von unser aller Sterblichkeit.

Im Erdgeschoss geht es um „Starke Dinge“. Hier sind um 21 Objekte oder Objektgruppen jeweils kleine Ausstellungsinseln komponiert, die mit zusätzlichen Objekten, Medien und Texten immer wieder andere Perspektiven auf medizinische Phänomene werfen, von „Atmen“ bis „Zweifeln“. Das Erzählen von Geschichten, die vom Objekt ausgehen, ist eine besondere Stärke des Museumsteams. „Seit zehn Jahren stellen wir in unseren Mittagsvisiten jede Woche ein Objekt vor“, so Ruisinger. Dadurch habe man das Potential der Sammlung sehr gut ausloten können. „Aber auch durch die Mini-Ausstellungen, die wir während der Arbeiten am Neubau gezeigt haben, ließen wir uns inspirieren.“ So findet sich unter den „Starken Dingen“ auch die Sauerbruch-Armprothese mit der angenagelten Armbanduhr, die viele Gäste des Hauses noch von der kleinen Ausstellung „Die Hand des Hutmachers“ in Erinnerung haben werden. Ganz hinten im Erdgeschoss gibt es noch einen kleinen Raum, den zu entdecken sich lohnt. Er ist dem berühmtesten Studenten der Universität Ingolstadt gewidmet: Victor Frankenstein.