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08.03.2021

Ein großer Schritt in die richtige Richtung!

Eine Woche eher: Equal Pay Day am 10. März

Eine gute und eine weniger gute Nachricht gibt es zum Equal Pay Day. Die nicht so gute zuerst: In Deutschland verdienen Frauen immer noch 19 Prozent weniger als Männer. Die gute Nachricht lautet: Der Equal Pay Day ist heuer am 10. März und damit eine Woche früher als im vergangenen Jahr. Das heißt, die Lohnlücke hat sich etwas verringert.
Der Equal Pay Day beschreibt nämlich anhand eines Datums die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen. Während Männer rechnerisch ab dem 1. Januar voll verdienen gehen Frauen im ersten Fünftel des Jahres leer aus und werden erst ab dem 10. März für ihre Arbeit bezahlt. Vergangenes Jahr mussten sie sogar noch eine Woche länger ohne Lohn arbeiten, 2020 war der Equal Pay Day am 17. März.

In Ingolstadt ist die Lage für die Frauen allerdings deutlich ungünstiger, hier beträgt die Lohnlücke über dreißig Prozent. „Sie hat sich in den vergangenen Jahren nur geringfügig verändert“, sagt die Gleichstellungsbeauftragte Anja Assenbaum. „In Ingolstadt dürften wir den Equal Pay Day eigentlich erst um den 11. Mai herum begehen.“
Das liege vor allem daran, dass der Arbeitsmarkt in Ingolstadt von der Automobilindustrie und ihren hochbezahlten Jobs dominiert werde. „Und Ingenieure sind nach wie vor überwiegend männlich.“

Verschiedene Maßnahmen der Bundesregierung haben einen wichtigen Beitrag geleistet, dass die Lohnlücke in Deutschland etwas kleiner geworden ist.
Von der Einführung des Mindestlohns im Jahr 2015 und den regelmäßigen Anpassungen seitdem profitieren vor allem Frauen im gering bezahlten Dienstleistungssektor.
Im Juli 2017 wurde das Entgelttransparenzgesetz einführt. Es verbietet bei gleicher und gleichwertiger Arbeit ausdrücklich die Benachteiligung auf Grund des Geschlechts im Hinblick auf sämtliche Entgeltbestandteile und Entgeltbedingungen.
2019 wurde zudem das Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit im Gesetz verankert. Seitdem sank das Risiko, dass Frauen nach Ende einer Familienphase ihre Stunden nicht mehr erhöhen können und in einer Teilzeit- oder Minijobfalle festhängen. Aktuell arbeiten immer noch 47 Prozent der Frauen in Teilzeitstellen und drei von vier Minijobs werden von Frauen ausgeübt. Dies führt nicht nur zu einem geringeren Einkommen, sondern auch zu weniger Rente im Alter.
Veränderungen im Elternzeitgesetz, die Einführung von ElterngeldPlus, Partnerschaftsboni und das Pflegezeitgesetz führten zur Entlastung von Frauen im Bereich der Care-Zeiten. Außerdem zu höheren Verdiensten von Frauen und besseren Chancen zur Weiterentwicklung im Unternehmen trotz familienbedingter Unterbrechungen der Erwerbsbiographie.
Aktuell verbringen Männer meistens nur die zwei gesetzlich geforderten Partnermonate in Elternzeit und auch Pflegezeiten in der häuslichen Pflege werden immer noch zu über siebzig Prozent von Frauen absolviert. Erziehungs- und Pflegezeiten werden zwar mittlerweile auf die gesetzliche Rente angerechnet, trotzdem entsteht eine Rentenlücke – der sog. Gender Pension Gap – von aktuell 46 Prozent.

Oberbürgermeister Christian Scharpf freut sich, dass die Bemühungen der letzten Jahre Früchte tragen. Dennoch sieht auch er weiteren Handlungsbedarf: „Es gibt nach wie vor einiges zu tun: die Erhöhung von Gehältern im sozialen Bereich, die Abschaffung des Ehegattensplittings und eine gleichmäßigere Verteilung von Elternzeit bzw. generell der unbezahlten Care-Arbeit.“
Dabei geht es nicht darum, dass alle Frauen in technischen Berufen Vollzeit arbeiten und Führungspositionen übernehmen sollen, sondern dass Männer und Frauen gemeinsam Lösungen finden müssen, die für beide Partner eine finanzielle Unabhängigkeit sowohl während des Erwerbslebens als auch im Rentenalter im Blick hat. Die Entscheidung für Familie und/oder Karriere sollte nicht vom Gehalt der schlechter verdienenden Frau bestimmt werden.

Anja Assenbaum wünscht sich selbstbewusste Frauen und Männer, die sich gerecht und gemeinsam um die Betreuung der Kinder kümmern wie um ihre Erwerbstätigkeit, die das Erwirtschaften eines Familieneinkommens genauso als ihre Aufgabe sehen wie das Erledigen der unbezahlten Haus- und Erziehungsarbeit. „Das tradierte Bild, in dem der Mann der Frau im Haushalt hilft und die Frau ein bisschen zum Haushaltseinkommen dazu verdient, muss endlich der Vergangenheit angehören.“

Die Tarifpartner sind aufgefordert, bei Tarifverhandlungen eine Angleichung von Löhnen im sozialen und technischen Bereich anzustreben. Die Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung zum Comparable Worth Index aus dem Jahr 2016 leistet hier einen wichtigen Beitrag.
Außerdem braucht es nicht nur Unternehmen, die ganz selbstverständlich gleiche Löhne für gleiche Arbeit bezahlen, sondern auch Frauen, die selbstbewusst die entsprechenden Gehälter verhandeln.
Wenn Arbeitgeber eine Frau für die gleiche Arbeit immer genauso bezahlen würden wie einen Mann, könnten allein sechs Prozent Lohnlücke geschlossen werden.

Welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auf den Gender Pay Gap habe, sei aktuell noch nicht absehbar, meint Assenbaum. Mit Kurzarbeitergeld und erleichtertem Zugang zu Leistungen der Grundsicherung wurde von Anfang an versucht massiven Einkommenseinbrüchen entgegenzuwirken. „Lassen wir uns einfach überraschen, wann im nächsten Jahr der Equal Pay Day sein wird und zeigen wir trotz aller aktuellen Einschränkungen am 10. März ‚Flagge‘ mit roten Taschen oder in diesem Jahr coronakonform mit einer roten Maske!“