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Benedikt Holzinger - Pfarrer für Merkantil und Technologie
von Gerd Treffer

Historische Blätter Ingolstadt - Jahrgang 14 - Ausgabe Nr. 131 vom 15.01.2024

Benedikt Holzinger kam am 25. Juni 1753 in München als Sohn eines Hofmusikers zur Welt und besuchte dort das jesuitisch geführte Gymnasium.

1772 trat er in das Zisterzienserkloster Raitenhaslach ein und erwarb dort den philosophischen und den theologischen Doktorgrad.

Im Oktober 1776 zum Priester geweiht, widmete er sich aber zunächst der Seelsorge und erst ab 1781 der Lehre, als er am Lyzeum in Burghausen Philosophie unterrichtete und dessen Leitung ab 1783 übernahm.

Im September 1791 erhielt er den Ruf nach Ingolstadt. Auf Betreiben des Klosters Raitenhaslach war an der Landesuniversität ein neuer Lehrstuhl für Staats- und Landwirtschaft errichtet worden (der der philosophischen Fakultät angehörte). Holzingers Professur lautete auf „Oeconomie, Mercantil und Technologie“.

Im Studienjahr 1792/1793 übernahm er zusätzlich den Lehrstuhl für Logik, Metaphysik und praktische Philosophie.

Pläne für eine Universitätsreform sahen in jenen Jahren die Errichtung eines Kameralinstituts vor; im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts waren solche an mehreren deutschen Universitäten eingerichtet worden. Einer der Wegbereiter einer solchen Einrichtung in Bayern war Andreas Moshammer, der in Burghausen zur Welt gekommen war. Als sich die Pläne zur Errichtung einer Kameralschule in Burghausen oder Ingolstadt zerschlagen hatten und es ersatzweise (immerhin) zur Einrichtung einer Professur für „Cameral und Oekonomie“ in Ingolstadt kam, war Moshammer 1780 als außerordentlicher, 1783 dann als ordentlicher Professor berufen worden. Neben den kameralwissenschaftlichen Vorlesungen behandelte er auch juristische Themen. Schon 1782 hatte er eine Denkschrift über die Etablierung der Kameralwissenschaft in den universitären Strukturen vorgelegt.

Im Verlaufe dieser wissenschaftsorganisatorischen Debatte, die Staatswissenschaften in einem Kameralinstitut zusammenzuführen waren Holzinger die Bereiche „Enzyklopädie und Methodologie sämtlicher Kameralwissenschaften, Technologie, Handlungswissenschaft und bürgerliche Baukunst zugedacht (so Peter Harnisch im Biographischen Lexikon der Ludwig-Maximilians-Universität).

Der Plan konnte so nicht verwirklicht werden, da durch kurfürstlichen Beschluss vom 26. September 1794 die Benediktiner sämtliche mit Ordensgeistlichen zu besetzende Lehrstühle zu übernehmen hatten.
Holzinger hatte – gegen seine Willen - in sein Kloster heimzukehren. Für die Universität (und für das angedachte Kameralinstitut) kam erschwerend hinzu, dass sein Lehrstuhl nicht neu besetzt werden konnte.

Nach Kurfürst Karl Theodors Tod und der Regierungsübernahme Kurfürst Max IV. Joseph (ab 1806 König Maximilian I.) wurde am 2. November 1799 das Kameralinstitut an der Universität gegründet, für das Holzinger mit Plänen und Vorschlägen nicht sparte und dessen Leitung Franz von Paula Schrank übernahm, ein Ex-Jesuit und Weltpriester.

Kurz zuvor war Holzinger (am 21. Oktober 1799) („in einer Art Wiedergutmachung“, Harnisch) als Professor für das Kameralfach berufen und als Sekretär des Instituts bestellt worden.

Nach dem Umzug der Universität nach Landshut (an dem Franz von Paula Schrank wesentlichen Anteil hatte) 1800 las Holzinger zunächst über Landwirtschaft, Technologie Obstbaumzucht, Handlungswissenschaft, Kameralpraxis, bürgerliche Baukunst und Enzyklopädie der Kameralwissenschaft (1806 wurde, zu Holzingers Erleichterung, dieser umfangreiche Kanon auf bürgerliche Baukunst und Technologie reduziert).

Fügt man diesen Lehrinhalten den Aufmerksamkeitsbereich Schrank hinzu, ergibt sich ein breites Spektrum: 1784 hatte Schrank in Ingolstadt die neugeschaffene Lehrkanzel für Landwirtschaft und „Ökonomische Botanik“ erhalten, las in den Folgejahren „Allgemeine Naturgeschichte“, Zoologie, Forstwissenschaft, Bergbaukunde und Mineralogie. Den botanischen Garten Landshut gestaltete er 1805 neu und 1809 berief ihn die Bayerische Akademie der Wissenschaften (zum Mitglied und) zum Ersten Konservator und Vorstand des neu zu errichtenden botanischen Gartens München.

Fügt man dem die juristische Kompetenz Moshammers und die am Rande des Englischen Gartens in der ehemaligen Jesuitenwasch von Will aufgebaute, 1790 eröffnete Thier-Arzney-Schule, Wills Wissen in Medizin und Veterinärwesen und seinen internationalen Ruf hinzu, steht die bayerischer Universität in Sachen Kameralwissenschaften und praktische Staatswirtschaft glänzend da.

Im Zuge der Universitätsreform von 1804 wurden die bisherigen Fakultäten in „Sektionen“ umbenannt. Die Kameralwissenschaften standen nun gleichberechtigt neben den anderen Sektionen. Schrank wurde „Direktor“ der Sektion für Staatswirtschaft. Holzinger und seine Sektionskollegen – so Harnisch – erfreuten sich eines guten wissenschaftlichen Ansehens. Dennoch kam das Kameralinstitut in der Landshuter Zeit „durch finanzielle Beschneidung und anti-aufklärerische Tendenzen zu keiner wirklichen Blüte“. Winfried Müller spricht auch für die Zeit nach der erneuten Verlegung der Universität nach München von einer „aufgrund der Sparsamkeit König Ludwigs I. eher bescheiden ausgestalteten staatswissenschaftlichen Fakultät“.

Moshammer war übrigens kurz vor der erneuten Verpflanzung der Universität aus dem Hochschuldienst ausgeschieden. Will saß ohnehin in München, Schrank war überall geehrt. Holzinger aber war am 25. März 1822 in Landshut gestorben.