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Die Steuart-Epitaphe
von Gerd Treffer

Historische Blätter Ingolstadt - Jahrgang 14 - Ausgabe Nr. 138 vom 01.04.2024

Ein Nachtrag zur Darstellung »Peter Steuart: brillant in Wort und Tat« in den Historischen Blättern (Nr. 136 vom 15. März 2024)

Im Beitrag zu Steuarts Leben und Werk aus Anlass seines 400. Todestages wurde sein Epitaph in der Ingolstädter Moritzkirche bereits erwähnt, dessen Gestaltung und Inschrift er selbst entworfen hatte. Nur sein Todestag war offengeblieben und wurde nachträglich eingraviert. Der historischen Bedeutung Peter Steuarts und des kunsthistorischen Gewichtes des Monuments wegen soll letzteres hier beschrieben und auf weitere bekannte Gedenktafeln zu Steuart hingewiesen werden.

Das großes Barock-Monument aus Kalkstein mit Rotmarmorumrahmung befindet sich in der Moritzkirche in Ingolstadt an der Nordwand, westlich des Eingangsportals.

Das Relief zeigt in der Mitte den Stifter in Albe und Superpellicum, der vor dem leidenden Heiland kniet, der mit der rechten Hand das Kreuz umfasst. Vor Steuart und zu Füssen des Kreuzes liegen auf einem Buch das Birett und ein Zehner. Hinter ihm steht Maria. Sie präsentiert den Verstorbenen mit auf seinem Haupt aufgelegter Hand ihrem Sohn. Dahinter abgesetzt sieht man seinen Namenspatron, den Heiligen Petrus und hinter der Muttergottes den Kirchenpatron Mauritius mit einem barocken Wappenschild mit dem Abteiwappen von Niederaltaich (was auf die besondere Beziehung der Stadt und dieser Kirche zu diesem Kloster hinweist: 841 hatte Ludwig der Deutsche die villa Ingoldestat seinem Kanzler Gozbald, Abt von Niederaltaich übertragen, und der Hl. Moritz war Stadtpatron, ab 1291 auch im Siegel der Stadt geführt).

In der darunter angebrachten Inschrift heißt es:
„Wanderer, (auch Du) ein Sterblicher, geh nicht vorüber, ehe Du zum Wohl meiner Seele gebetet hast, wie es Christenpflicht ist. Dazu ermahne ich Dich. Ich, Peter Steuart aus Lüttich, dessen Monument Du betrachtest, das ich mit zu meinen Lebzeiten und bei vollem Bewusstsein errichtet habe, nachdem ich 35 Jahre lang dieser Moritzkirche vorstand und als Doktor an der Universität den Lehrstuhl für Theologie versah und Vizekanzler war. Als Apostolischer Pronotar an der Kirche der Heiligen Apostel in Köln und in Lüttich Kanoniker habe ich die Widrigkeiten des sterblichen Lebens in der Hoffnung auf die Seligkeit des Himmels verlassen in meinem 77. Lebensjahr am 27. April 1624 in meiner Heimatstadt Lüttich.“
(Auf den Fehler in der Berechnung der Lebensjahre bei der nachträglichen Eingravierung der Todesdaten wurde bereits hingewiesen).

Im Archiv des Herzoglichen Georgianums ist eine weitere (untergegangene) Gedenkinschrift für Peter Steuart genannt, eine Holztafel, die ehemals in der Aula der Theologischen Fakultät hing und im Stile einer Ahnengalerie an prominente frühere Professoren erinnern sollte. Der Text dazu wird wie folgt überliefert
„Petrus Steuart aus Lüttich, der hochheiligen Theologie Doktor, Probst der Kirche der Heiligen Apostel in Köln, der Kathedralkirche von Lüttich Kanoniker, Prokanzler der hiesigen Universität und Pfarrer der Kirche St. Moritz. Nachdem er 34 Jahre glückliche hier verbracht hatte, übersiedelte er im Jahre 1618 nach Lüttich; er wurde zum Generalvikar jener Diözese ernannt und auch mit dem Amt des Probstes von St Denis betraut. Er war ein Mann von scharfer Urteilskraft und neigte zu raschen Entschlüssen. Mit bewundernswerter Umgänglichkeit verpflichtete er sich alle Leute. Freigebig den Armen gegenüber und überaus eifrig in heiligen Dingen hat er ein Waisenhaus in Ingolstadt, in Lüttich die Pfarrkirche St. Walburga und das Nonnenkloster von Heiligen Grab errichten lassen, mit Geld ausgestattet und als Erben eingesetzt; auch hat er durch letztwillige Verfügung die Errichtung einer weiteren Pfarrkirche in Lüttich in Auftrag gegeben. Er ist in Lüttich am 27. April im Jahre 1624 gestorben:“

Eine weitere Erinnerung an Steuart ist eine Marmortafel an der Fassade des ehemaligen Ingolstädter Waisenhauses (in der Steuart-Strasse 3). Er hatte das Haus 1616 vom Metzgermeister ( und Mitglied des Inneren Rates) Peter Laberer und Frau erworben. Das Mahnmal ist zweigeteilt in eine Wappentafel oben und eine Schrifttafel darunter.
Auf der Wappentafel sieht man unter einem auf zwei Säulen ruhenden Bogen eine von vier Löwen getragene Säule, die eine von einem Kreuz bekrönte Kugel trägt. Am Säulenschaft sind Tücher festgeknotet, die je ein Wappenmedaillon tragen.
Die untere Tafel trägt in einem rahmenlos rechteckigen Feld eine Inschrift (deren Buchstaben früher schwarz gefasst waren). Die obere Tafel zeigt deutlichere Verwitterungsspuren als die untere und ist in ihrer Gestaltung bei weitem schlichter, stellt Christine Steininger in ihrem monumentalen Werk über die „Inschriften der Stadt Ingolstadt“ fest und vermutet, dass es sich bei dieser unteren Tafel um den Ersatz für eine ältere Inschrift handelt, der abgebildete Text aber sich bereits auf dem „ Ursprungsdenkmal befunden haben dürfte“. Als These mag gelten, dass sich zu einem späteren Zeitpunkt, Personen, die dankbar die Leistung anerkannten, die in der Stiftung des Waisenhauses bestand, den Teil der Tafel restaurierten, der den Passanten auf der Straße mitteilte, wer der Wohltäter war.
Dort heißt es:
„Christlicher Wanderer! Weil bei Gott gute Werke höher im Wert sind als Opfer, sollst Du an diesem Waisenhaus nicht vorübergehe , ohne ihm zuvor mit freigebiger Hand Segen gespendet zu haben. Petrus Steuart aus Lüttich in Belgien, Pfarrer der Gemeinde St. Moritz und Prokanzler sowie Professor der Theologie an der Ingolstädter Akademie hat eben ( dieses Waisenhaus) beginnen lassen , um Dich auf dieser Wanderung an Wohltätigkeit und Freigebigkeit zu erinnern, auf dass Du auf diese Weise dereinst das Reich , das den Vätern der Waisen von der Erschaffung der Welt an bereitet worden ist, in Besitz nehmest. – 1617.“

Da Steuart (erst) 1619 auf seine Ingolstädter Würden und Ämter verzichtete, steht zu vermuten, dass er (wie bei seinem Epitaph in der Moritzkirche) auch diesen Gedenkstein „eigenhändig“ verfasst hat und „fremdhändig“ in den ursprünglichen Stein hat meißeln lassen.

Es ist ein offenbar den meisten Menschen eignendes Anliegen, sich in Erinnerung zu erhalten ( ,was man nicht verwechseln darf mit der Gier, zu Lebzeiten berühmt und anerkannt zu sein), sich ein ehrendes Andenken zu bewahren, was die Einen mit den in Bayern gepflegten Sterbebildchen versuchen, Andere, je nach ihrem finanziellen Vermögen in Stiftungen und Vermächtnissen, erinnernden Tafeln und Gedenksteinen.

Steuarts Andenken hat sich – tröstlicher Weise – in Ingolstadt bewahrt.

Zur Gedenktafel in der Theologischen Aula siehe: Archiv des Herzoglichen Georgianums: AHG III 11 2. Anh. Nr. 3
Zur Tafel am alten Steuart-Waisenhaus und generell: Christine Steininger; Die Inschriften der Stadt Ingolstadt. Gesammelt und bearbeitet von Christine Steininger; Wiesbaden, 2017