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Johannes Zaler- der Stammvater aller Ingolstädter Hochschulprofessoren
von Gerd Treffer

Historische Blätter Ingolstadt - Jahrgang 14 - Ausgabe Nr. 133 vom 01.02.2024

Zaler, Johannes, war der (vermutlich) erste gebürtige Ingolstädter, der hier studierte und sogar lehrte.
Er wäre damit wohl auch der erste Ingolstädter, der es zum Hochschullehrer brachte.

Viel Tinte hat man über den „ersten Bürger“ Ingolstadts vergossen, den 1254 in einer Handschrift des Haus-, Hof- und Staatsarchivs Wien erwähnten Heinrich Trost und seine Frau Gertrude – zurecht, schließlich führt man auf Heinrichs Bürger-Titel die Stadtwerdung Ingolstadts zurück. Kaum aber hat jemals ein Ingolstädter auch nur zufällig von Johannes Zaler gehört, der als gebürtiger Ingolstädter an der damals noch ganz jungen Universität studierte. Dokumentarisch belegt: Zaler schrieb sich am 24. September 1487 an der Universität ein und gab als seinen Herkunftsort Ingolstadt an. Er promoviert dort im Juni 1489 zum Bakkalar. Wer bei den dazumal vagen Zulassungsvoraussetzungen 1489 Baccalaureus wurde, muss geschätzt um die 20 Jahre alt gewesen, also vermutbar um 1469 geboren worden sein – mithin relativ kurz vor der Errichtung der Universität.

Im Wintersemester 1490/1491 wechselt Zaler an die Universität Wien. Um sich solches leisten zu können, musste er wohl aus wohlhabendem Hause stammen, worüber aber nichts bekannt ist.

Auffällig aber ist ein gewisser Gleichklang im Lebensablauf mit dem berühmten deutschen Erzhumanisten Konrad Celtis (1459-1509), der am 5. Januar 1492 in Ingolstadt immatrikulierte, herumreiste, um nicht zu sagen vagabundierte, und im Sommer 1495 vor der Pest nach Heidelberg floh. 1496 ist er dann wieder in Ingolstadt und wartet auf seine Berufung als Professor an die Universität Wien, um die sich seine dortigen Freunde seit langem bemühen und die König Maximilian 1497 ausspricht. Zaler nun kehrt 1497 nach Ingolstadt zurück, wie zu vermuten steht, da er im Januar 1498 dort „endlich den Magistergrad“ erwirbt ,wie Christoph Schöner im Biographischen Lexikon der Ludwig-Maximilians-Universität schreibt, wobei sich das „endlich“ wohl weniger auf Zalers reifes Alter von geschätzten 30 Jahren bezieht, als auf seine ausgedehnte Studienzeit von immerhin elf Jahren, die darauf hindeuten mag, dass ihm das studentische Leben behagte und er sich vornahm, es weiterhin als einer der „lesenden Magister“ zu verlängern. (Es ist jedenfalls nichts bekannt, was darauf schließen ließe, dass er sich um ein Studium an einer der höheren Fakultäten bemüht hätte).

Die nächsten 24 Jahre ist Zaler eben an der Artistenfakultät tätig. Er hat (nach dem Gründungs-Vorstand Georg Schwebermair, von dem in den Historischen Blättern aus besonderem Anlass bald zu berichten sein wird) als zweiter Regens die Leitung des Georgianums ab 1507 inne, ist 1508/1509 Rektor der Universität. Schöner schreibt allerdings auch von Zalers „mangelnder Eignung für leitende Aufgaben“, meint damit aber wohl Schwächen in der stringenten Leitung eines Verwaltungsapparates. Auch seine „Führung des Georgianums gab immer wieder zu Beschwerden Anlass“, und „nachdem Ermahnungen seit 1513 wegen seines Wirtschaftsgebarens nichts geholfen hatten, wurde von der Artistenfakultät im Dezember 1515 seine Absetzung als Regens beschlossen“. Das führt auch auch zur (unentschiedenen) Frage, ob Zaler ein örtlich gut vernetzter Mensch unter zugereisten akademischen Überfliegern war, die in einer anderen Vorstellungswelt lebten und seine Lässigkeit, seine baierische Gelassenheit als wenig hilfreich empfanden. Dagegen spricht, dass er in der Hierarchie der Magister, die sich die profitablen Hauptvorlesungen teilten, keinen geringen Rang hatte. Nach seiner Rückstufung 1515 wurde es ruhiger um Zaler, er gehörte aber „einer Deputation der Artistenfakultät an, die mit Leonhard von Eck wegen der Reform des collegium vetus verhandeln sollte, was zeigt, dass er trotz allem immer noch zum innersten Führungskreis der Fakultät gehörte“.

Sein ganzes Leben – wie lange es auch immer gedauert haben mag – hat Zaler ( von dem kurzen Intermezzo in Wien abgesehen) in Ingolstadt verbracht, war dort Student, Lehrer und (gescheiterter) Verwalter gewesen. Sein genaues Todesdatum ist unbekannt. In einem Senatsprotokoll vom 6. Juni 1522 wird aber erwähnt, dass er (kürzlich) verstorben ist. Trotz des unbekannten Geburts- und des unpräzisen Todeszeitpunktes dürfte Johannes Zaler um die 50 Jahre alt geworden sein. Zu enträtseln bleibt, aus welcher Ingolstädter Familie er stammt: Nicht jeder hatte den nötigen Hintergrund, überhaupt studieren zu können. Nicht jeder hatte den erforderlichen Rückhalt, einem Vorwurf als unfähiger Verwalter offenbar unbeschadet trotzen zu können. Es scheint sich ein Charakterbild abzuzeichnen: Zaler gehörte wohl zu jenen grundständig baierisch geprägten Menschen, die leben und leben lassen als Maxime verinnerlicht haben, denen Eiferertum wesensfremd und das Bedürfnis, auch selbst Aus- und Genusszeiten für sich in Anspruch zu nehmen, selbstverständlich ist, die damit zwar nicht zu Erfolg vorstoßen, die sich aber, in sich ruhend, sehr wohl behaupten können. Und deshalb mit sich im Reinen und mit ihrem Leben zufrieden sind. Genug der Spekulationen.