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05.11.2023

Geschichte mittels Graffiti

Im „Geschichtstunnel“ durch Ingolstadts bewegte Vergangenheit

Die Fußgängerunterführung in der Rechbergstraße ist jetzt ein „Geschichtstunnel“. Die Stadt Ingolstadt will mit verschiedenen Maßnahmen verstärkt auf ihr reiches historisches Erbe aufmerksam machen und Gästen und Bürgern/-innen Stadt und Geschichte näherbringen. Wer Ingolstadt besucht und mit dem Zug am Nordbahnhof ankommt, soll künftig auf dem Weg in die Innenstadt mit Informationen begleitet werden. Besonders augenfällig ist dabei der kürzlich fertiggestellte „Geschichtstunnel“. Mittels Graffiti wurde die Fußgängerunterführung in der Rechbergstraße künstlerisch gestaltet und in eine Bildergalerie verwandelt.

Als wirtschaftsstarker Industriestandort und eine der dynamischsten Wachstumsregionen in Deutschland ist Ingolstadt weithin bekannt. Dass Ingolstadt über eine lange bewegte Geschichte als wichtiger karolingischer Donaustützpunkt, dann als bedeutende bayerische Herzogsstadt, Universitätsstadt und Festungsstadt aufweisen kann, ist vielen Gästen und Einheimischen weniger geläufig.

„Das Donaubecken um Ingolstadt war bereits in der Steinzeit besiedelt und zählt heute zu den bedeutendsten archäologischen Fundregionen in Deutschland. Als Sitz der ersten und lange Zeit einzigen Bayerischen Landesuniversität hat Ingolstadt für drei Jahrhunderte eine Sonderrolle eingenommen und ist über die Stadtgeschichte hinaus auch in die Landes- und in die europäische Universitäts- und Geistesgeschichte eingegangen“, resümiert Kulturreferent Gabriel Engert.

Als Projektpartner für die künstlerische Umsetzung des „Geschichtstunnels“ konnte der Stadtjugendring Ingolstadt (SJR) aufgrund seiner jahrelangen ausgewiesenen Expertise im Bereich der Graffiti-Kunst gewonnen werden.

„Unser Ziel war es, Schlaglichter der Ingolstädter Geschichte in neuer, unkonventioneller Form mittels Graffiti auf der rund 200 Quadratmeter großen Fläche darzustellen und dadurch einen niederschwelligen Zugang zur Geschichtsvermittlung anzubieten“, erläutert Engert.

Die Festlegung der darzustellenden Epochen und Themenkomplexe erfolgte über das Zentrum Stadtgeschichte in Abstimmung mit der Stadtheimatpflege, dem Historischen Verein und dem Festungsverein. Die Themenbandbreite reicht von der Urnenfelderzeit über das Mittelalter mit der Herzogs- und Residenzstadt, über Universität und Festung bis ins 20. Jahrhundert und in die Gegenwart.

Daniel „Malun“ Lange betreute das Mural-Projekt künstlerisch seitens des Stadtjungendrings. Durch seine Vermittlung konnten renommierte Graffiti-Künstler für den „Geschichtstunnel“ gewonnen werden. Das künstlerische Gesamtkonzept entwarf Falk Lehmann aus Berlin, in der Szene bekannt als „AKUT“. Ein stilisiertes Emblem von Kreuztor, Ingolstädter Panther und einem Teil des Festungsgrundrisses ziert als wiederkehrendes Motiv den Hintergrund der Tunnelwände, die dadurch wie tapeziert wirken. Davon heben sich die gerahmten „Geschichtsschaufenster“ ab, die mit historischen Motiven der Stadtgeschichte bestückt sind. Allein König Gustav Adolf auf dem Schwedenschimmel schert aus dem Schema aus (er hat seinen Rahmen bereits verlassen) und macht sich auf den Weg Richtung Altstadt. Die historischen Motive stammen größtenteils von Jens Müller, alias „Tasso“. Den Hintergrund einschließlich der Bilderrahmen sowie einige Motive fertigten Dima Poletaev, auch bekannt als „Zomb“, und Florian Liu, alias „Frost“, von dem Ingolstädter Graffiti-Kollektiv Moin Design.

Neben jedem „Geschichtsschaufenster“ findet sich eine begleitende Infotafel mit Kurzhinweisen zu Motiv, Geschichtsdaten und ausführendem Künstler. QR-Codes liefern zudem ausführlichere Informationen zu den dargestellten Persönlichkeiten, Ereignissen und Gebäuden.

Die aufwendigen Vorarbeiten mit Beschichtung der ehemals gekachelten Tunnelwände, die Versiegelung der neu gestalteten Flächen mit Graffiti-Schutz und die Montage der Informationstafeln übernahm ein Bautrupp des städtischen Tiefbauamts.

Der „Geschichtstunnel“ wurde über das Städtebauförderungsprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen gefördert. Hierfür bedankt sich die Stadt Ingolstadt sehr herzlich beim Fördergeber.

Die Gemälde:

Bernstein-Collier

Der prächtige Bernsteinschmuck aus der Bronzezeit wurde nördlich von Ingolstadt
auf dem Gelände der AUDI AG entdeckt.

Reinheitsgebot

Mit dem Begriff Reinheitsgebot verbindet man heute die auf dem bayerischen Landtag von 1516 in Ingolstadt beschlossene Regelung zum Bierbrauen, wonach keine anderen Zutaten als Gerste, Hopfen und Wasser verwendet werden dürfen.

Neues Schloss

Ludwig VII. der Bärtige von Bayern-Ingolstadt plante in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts etliche repräsentative Bauten für seine Residenz: das Neue Schloss, die Liebfrauenkirche und das Pfründnerhaus. Der Bau des Neuen Schlosses wurde erst Ende des 15. Jahrhunderts weitgehend vollendet.

Kreuztor

Das 1385 erbaute westliche Stadttor ist heute eines der Wahrzeichen Ingolstadts.

Schwedenschimmel

Der Schwedenschimmel wurde während der Belagerung Ingolstadts durch die Schweden am 30. April 1632 bei einem Erkundungsritt des schwedischen Königs Gustav II. Adolf getötet. Das wohl älteste Tierpräparat Europas steht heute im Stadtmuseum.

Marieluise Fleißer

Sie gilt als eine der bedeutendsten deutschsprachigen Schriftstellerinnen des 20. Jahrhunderts. Viele ihrer Werke handeln von Ingolstadt und seiner Bevölkerung.

Illuminaten

Der Ingolstädter Professor Adam Weishaupt gründete in Ingolstadt am 1. Mai 1776 einen Geheimbund, den er später Orden der Illuminaten nannte. 1785 wurden die Illuminaten durch den bayerischen Kurfürsten Karl Theodor verboten.

Alte Anatomie

Sie wurde 1723 bis 1736 wohl nach Plänen von Gabriel de Gabrieli als Teil der Universität Ingolstadt erbaut. Mary Shelleys berühmte Romanfigur Victor Frankenstein studierte an der Universität Ingolstadt und erschuf in Ingolstadt sein in der Populärkultur zu einer Ikone gewordenes Monster.

Universität Ingolstadt

Die Hohe Schule zu Ingolstadt wurde 1472 als erste bayerische Landesuniversität gegründet. 1800 wurde die Universität nach Landshut und 1826 nach München verlegt. Seit den 1990er Jahren sind die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt und die Technische Hochschule Ingolstadt zentraler Bestandteil des Wissenschaftsstandorts Ingolstadt.

Schutter

Der Nebenfluss der Donau wurde spätestens in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts an Ingolstadt herangeführt. Die Maßnahme war notwendig, damit die Mühlen auch in Ortsnähe arbeiten konnten.

Kavalier Dalwigk

Das Kavalier Dalwigk wurde ab 1834 als Festungsgebäude erbaut und ab 1847 genutzt, bevor 1882 die Geschützgießerei und Geschossfabrik einzogen. Nach dem Ersten Weltkrieg erfolgte eine rein industrielle Nutzung. Heute befindet sich dort das Digitale Gründerzentrum brigk.

Eisenbahn in Ingolstadt

Nach der Eröffnung der ersten Eisenbahnlinie zwischen München und Ingolstadt am 14. November 1867 entwickelte sich Ingolstadt zu einem Eisenbahnknotenpunkt. Unter anderem durch das im Oktober 1917 errichtete Reichsbahnausbesserungswerk (geschlossen 1966) war die Bahn zeitweise einer der Hauptarbeitgeber der Stadt.

Festung Ingolstadt

Ihre jahrhundertelange Funktion als Festungsstadt prägt das Ingolstädter Stadtbild. Von der ersten Befestigung um 1255 bis hin zum Ausbau zur königlich-bayerischen Landesfestung wurde die Anlage mehrfach erweitert und den neuen militärischen Standards angepasst. Noch heute ist vor allem die weitläufige Anlage der Landesfestung in der Stadt zu sehen.