Stiftungen in Ingolstadt
Nach den aktuellen Zahlen des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen gibt es in Deutschland insgesamt 21.806 rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen Rechts (Stand: 12/2016). Im einwohnerstärksten Bundesland Nordrhein-Westfalen existieren traditionell mit 4.258 im Bestand und 134 Neugründungen die meisten rechtsfähigen Stiftungen. Bayern bleibt nach wie vor ein gefragter Stiftungsstandort und liegt bei den bestehenden Stiftungen mit 3.938 sowie bei den Neugründungen im Jahr 2016 mit 100 Stiftungen weiterhin auf dem zweiten Platz. Damit kommen auf 100.000 Bürgerinnen und Bürger in Bayern ca. 31 Stiftungen. Hinzu kommt eine Vielzahl weiterer Stiftungsformen, die aufgrund der Schwierigkeiten bei der Erfassung lt. Bundesverband nicht zählbar sind; darunter fallen vor allem die Treuhandstiftungen und die kirchlichen Stiftungen.
Für die Stadt Ingolstadt sind im amtlichen Verzeichnis bayerischer Stiftungen des Landesamtes für Statistik knapp 20 zivil- und öffentlich-rechtliche Stiftungen erfasst. Hinzu kommen noch diverse treuhänderisch verwaltete und kirchliche Stiftungen, so dass sich Ingolstadt mit seiner Stiftungsdichte knapp unterhalb des oben genannten Stiftungsdurchschnitts pro 100.000 Einwohner bewegt.
Betrachtet man die bestehenden Stiftungen, liegt deren häufigster Schwerpunkt in der Förderung sozialer Zwecke. Dieser Förderschwerpunkt macht mit etwas mehr als 30 Prozent fast ein Drittel der gesamten Stiftungslandschaft aus. An zweiter Stelle folgt der Förderschwerpunkt Bildung und Erziehung mit etwas mehr als 15 Prozent, dicht gefolgt vom Bereich Kunst und Kultur mit rund 15 Prozent. Diese Gewichtung spiegelt sich auch in der Stiftungsentwicklung seit den 1950er Jahren wider; seit diesem Zeitpunkt lassen sich die sozialen Zwecke als Hauptförderschwerpunkt verzeichnen. Stiftungen fungieren vielfach als Träger von Einrichtungen. An erster Stelle sind hier Alten- und Pflegeheime zu nennen, an zweiter Stelle Museen, dicht gefolgt von Schulen, Jugend- und sonstigen Bildungseinrichtungen.
Kategorisiert im Sinne dieser kurzen Darstellung bilden auch die Stiftungen, die die Stadt Ingolstadt betreut, ein getreues Abbild dieser Strukturen:
Soziale Zwecke
Heilig-Geist-Spital Stiftung
Aufnahme, Versorgung und Pflege alter und erwerbsunfähiger Menschen, wobei in erster Linie Ingolstädter Bürger zu versorgen sind.
Stiftung van Schoor
Unterstützung hilfsbedürftiger Menschen in Einrichtungen der Heilig-Geist-Spital Stiftung, z.B. durch Sachspenden.
Waisenhausstiftung
Versorgung, Pflege, Betreuung und Beratung von Waisen und hilfsbedürftigen Kindern und Jugendlichen, bevorzugt aus Ingolstadt im stiftungseigenen Peter-Steuart-Haus.
Elisabeth-Hensel-Stiftung
Finanzielle Unterstützung bedürftiger Ingolstädter Bürger ab dem vollendeten 50. Lebensjahr.
Stiftungszweck Kultur und Kunst
Stiftung Dr. Reissmüller
Förderung des kulturellen Austauschs zwischen den Städten Ingolstadt und Carrara.
Stiftung Konkrete Kunst und Design
Förderung von Kunst und Design zum Beispiel durch Aufnahme und Pflege von Kunstwerken, Förderung von Ausstellungen, Erwerb von Kunstgegenständen sowie Zusammenarbeit mit dem Museum für konkrete Kunst.
Stiftungszweck Bildung und Wissenschaft
Exzellenzstiftung Ingolstädter Wissenschaft – IGNAZ KÖGLER (in Gründung)
Förderung von Wissenschaft und Forschung insbesondere durch die Vergabe von Stipendien zur Förderung von Forschungsprojekten aus dem digitalen Bereich.
Kirchliche Zwecke
Stiftung St. Sebastiani Bruderschaft
Erhalt des Baudenkmales St. Sebastianskirche inclusive des Inventars.
Gesellschaftliche Zwecke
Bürgerstiftung Ingolstadt
Förderung der Bildung und Erziehung, Kunst und Kultur, des Natur-, Umwelt-, und Denkmalschutzes, der Jugend- und Altenhilfe, der öffentlichen Gesundheitspflege sowie von Wissenschaft und Forschung in der Stadt Ingolstadt zum Gemeinwohl der in Ingolstadt lebenden Menschen.
Stiftungen sind vor allem in der neueren Geschichte Ausdruck des Verhältnisses der Bürgerschaft zu ihrem Gemeinwesen. Die Übernahme bürgerschaftlicher Verantwortung durch gemeinnützige Initiativen privater Stifterinnen und Stifter sind eine wichtige Ergänzung der kommunalen und staatlichen Angebote. Staat und Kommunen sind oft rechtliche Grenzen gesetzt und sie müssen im Interesse einer stets ausgeglichenen Haushalts- und Finanzpolitik ihre Schwerpunkte auf die öffentlichen Leistungen setzen: Nicht alles stellt eine öffentliche Aufgabe dar, nicht alles ist von der öffentlichen Hand finanzierbar. Stiftungen stellen daher eine Ergänzungsfunktion für die Gesellschaft dar, die von wichtigen Impulsen für notwendige Entwicklungen profitiert.
Stiftungen können aber auch eine Ausgleichs- und Korrekturfunktion für bestimmte Entwicklungen darstellen, die aus Sicht des Stifters als nachteilig angesehen werden. Eine solche Ausnahme in doppeltem Sinne stellt die Exzellenzstiftung Ingolstädter Wissenschaft „Ignaz Kögler“ dar, die sich zur Zeit in Gründung – nicht durch bürgerschaftliches Engagement –, sondern durch die Stadt Ingolstadt selbst befindet: Sie ist Teil der städtischen Digitalisierungsstrategie und hat sich zum Ziel gesetzt, anwendungsorientierte Forschung im Spitzenbereich am Standort Ingolstadt nachhaltig zu unterstützen. D.h. die Stiftung will Spitzenkräften aus der Wissenschaft, Unternehmen und Organisationen einen Organisationsrahmen für anwendungsorientierte Forschung zur Verfügung stellen, wo dieser bisher fehlt!
Die Herausforderungen für Stiftungen sind heutzutage sehr vielfältig: Es braucht die richtigen rechtlichen Rahmenbedingungen, Erleichterungen zur Stiftungsgründung, um das Stifterengagement weiter hoch zu halten, neue Herausforderungen beim Vermögensmanagement, der Mittelbeschaffung und der Verwaltung von Stiftungen. Auch zeigt die oben genannte Wissenschaftsstiftung, dass Stiftungen heute weniger auf den Todesfall hin als vielmehr noch zu Lebzeiten der Stifter errichtet werden, um Anstöße für aktuelle Entwicklungen bereits heute zu liefern.
Insgesamt aber bleiben Stiftungen lt. einer Formulierung des Bay. Innenministers Joachim Herrmann aus dem Herbst des vergangenen Jahres das, was sie schon immer ausgezeichnet hat: Ausdruck einer starken und aktiven Bürgerschaft – unverzichtbar für das Gemeinwesen.